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Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer

Titel: Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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unmöglich machte, Sunnivah am Himmelsturm zu Hilfe zu eilen. »Die Göttin beschütze dich, Rojana«, sagte sie leise, als sie ihr Pferd wendete. Rojana nickte stumm. Sie glaubte der Nebelelfe, aber auch sie sah keine Möglichkeit, Kjelt umzustimmen.
     
     
    Als Sunnivah den halben Weg zum Gipfel hinter sich gelassen hatte, änderte sich das Wetter plötzlich auf unheilvolle Weise. Sie war so sehr damit beschäftigt, auf dem vereisten Gestein einen sicheren Halt zu finden, dass sie zunächst nicht bemerkte, wie sich der Himmel verdunkelte. Es wurde immer kälter und der Wind nahm zu, doch auch das spürte Sunnivah nicht.
    Verbissen hangelte sie sich mit klammen Fingern und tauben Füßen auf einem schmalen Grat entlang, der an einer steil aufragenden Felswand hinaufführte. Trotz der dicken Handschuhe schmerzten ihre Finger bei jedem Griff, doch das war ihr gleichgültig, solange sie nur einen der unzähligen scharfkantigen Felsvorsprünge zu fassen bekam, um sich wieder einen Schritt voranzuziehen.
    In der Schlucht unter ihr wallten Nebel und machten es unmöglich, zu erkennen, wie tief der Abgrund wirklich war. Insgeheim war Sunnivah sogar froh darüber. Der Nebel vermittelte ihr das trügerische Gefühl, sich dicht über dem Boden zu bewegen, und ersparte ihr einen Blick in die tödliche Tiefe. Wieder fanden Sunnivahs tastende Finger einen Felsvorsprung und sie zog sich vorsichtig einen weiteren Schritt voran. Dann gönnte sie sich eine kurze Pause, um Atem zu schöpfen, und warf einen prüfenden Blick den Grat entlang.
    Es war nicht mehr weit. Etwa dreißig Schritte von ihr entfernt endete der Grat an einem ebenen, sanft ansteigenden Felsplateau, auf dem sie ihren Weg gefahrlos fortsetzen konnte. Sunnivah schloss die Augen und sandte ein Gedankenbild ihrer Lage an Naemy, die so ihren Aufstieg vom Rebellenlager aus verfolgte. Dann löste sie ihre Hand und tastete an der steilen Wand nach einem nächsten Halt.
    Plötzlich begann es zu schneien. Funkelnde weiße Sterne setzten sich in Sunnivahs Haar und schmolzen mit eisigen Küssen in ihrem Gesicht. Zunächst waren es nur wenige, doch ihre Zahl nahm rasch zu und bald war die ganze Luft erfüllt von dicken weißen Flocken, die der Wind wie einen riesigen Schwarm von Insekten vor sich hertrieb. Wind und Schnee lösten den Nebel auf und gaben den Blick in einen bodenlosen schwarzen Abgrund frei, der die Flocken wie ein gewaltiges Maul zu verschlucken schien.
    Sunnivah musste innehalten. Ihr schwindelte und sie hatte große Mühe, auf dem schmalen Grat das Gleichgewicht zu halten. Mit einer hastigen Bewegung zog sie ihre Hand zurück und griff erneut nach dem Felsvorsprung. Als sie den harten Fels unter ihrem Handschuh spürte, schloss sie erleichtert die Augen. Doch die Gewissheit des gähnenden Abgrundes zu ihren Füßen ließ sich damit nicht aussperren.
    Hinter dem wütenden Heulen des Windes hörte sie eine sanfte, warme Stimme, die aus der Dunkelheit der Tiefe nach ihr rief. Sie war nicht mehr als ein Hauch, der durch ihre Gedanken strich, und Sunnivah lockte, sich einfach fallen zu lassen und ihren gemarterten Muskeln jede weitere Qual zu ersparen. Es war so leicht. Sie brauchte nur ihre Hände von den Felsen zu lösen und in die tröstliche Dunkelheit einzutauchen. Ein Teil von Sunnivahs Bewusstsein fühlte sich von der Verlockung magisch angezogen, doch sie erkannte die Gefahr und kämpfte mit aller Kraft dagegen an. Endlich gelang es ihr, die Augen zu öffnen und nach oben zu schauen, um ihre Gedanken wieder auf ihr eigentliches Ziel zu richten.
    Der heftige Wind wehte ihr die Schneeflocken jetzt direkt ins Gesicht. Wie spitze Nadeln trafen die kleinen Eiskristalle auf ihre Haut und trieben ihr die Tränen in die Augen. Sunnivah blinzelte die Tränen fort, doch es war unmöglich, etwas zu erkennen. Die ganze Welt war hinter einer weißen Wand aus dicken, wirbelnden Flocken verschwunden und der schmale Grat, auf dem sie ihren Weg suchte, fast völlig von Schnee bedeckt. Sunnivah fühlte ihre Hände und Füße nicht mehr. Ihr Gesicht war taub und die Muskeln in ihren Armen zum Zerreißen gespannt. Mit jedem Atemzug schnitt die Kälte schmerzhaft in ihre Lungen und traf sie wie ein Schwerthieb.
    Du bist müde, Sunnivah, so müde. Komm zu mir. Ruh dich aus, säuselte es aus dem Abgrund zu ihr hinauf. Ja, sie war müde. Entsetzlich müde. Und sie hatte Schmerzen. Die melodische Stimme klang so verlockend. Warum sollte sie sich hier noch weiter quälen? Wieder

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