Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
mit kaltem Lächeln hinzu: »Wir sind ja keine Unmenschen!«
Tassea hielt dem spöttischen Blick des Kriegers stand und unterdrückte den Impuls, ihm ins Gesicht zu spucken. Auch die giftigen Worte, die ihr auf der Zunge lagen, schluckte sie hinunter und schwieg. Sie konnte nur hoffen, dass die beiden Mädchen ebenso vernünftig waren.
Plötzlich riss einer der Krieger sein Pferd herum und jagte auf Xara zu. Das Mädchen begriff sofort, dass der Angriff ihm galt. Augenblicklich ließ sie Brox los und stürzte in den Wald. Der tapfere Hütehund warf sich dem herangaloppierenden Pferd entgegen und schnappte nach dessen Beinen. Doch das hervorragend ausgebildete Tier beachtete den Hund überhaupt nicht, sondern verpasste ihm mit seinem Hinterlauf einen heftigen Tritt. Die Wucht des Schlages ließ Brox einige Längen durch die Luft fliegen. Dicht neben einem Baum prallte er auf den Boden, wo er regungslos liegen blieb, während Pferd und Reiter im dichten Unterholz verschwanden.
»Nein, nein… Das dürft ihr nicht«, schrie Tassea verzweifelt. Sie ließ Ilahja los und hämmerte mit ihren Fäusten in blinder Wut auf das Bein des Hauptmanns ein.
Dieser schaute in gespielter Verwunderung zu der Heilerin hinunter und brachte sie mit einem kurzen Faustschlag zum Schweigen. »Du solltest froh sein, dass du zu alt bist, Frau«, sagte er warnend. »Sonst hätte er sich vielleicht dich ausgesucht. Oder…« Er verstummte. Auch Tassea schwieg entsetzt, denn aus dem Wald erklangen plötzlich laute, schrille Schreie. Das reiterlose Pferd des Kriegers trabte aus dem Unterholz heraus und begann am Wegrand zu grasen, während die spitzen Schreie in ein qualvolles Wimmern übergingen und schließlich ganz verstummten.
Von ihrem Versteck in den dichten Ästen eines Baumes hatte Naemy alles mit angesehen.
Nur mühsam war es ihr gelungen, das übermächtige Verlangen, hinunterzuspringen und den wehrlosen Frauen auf dem Weg zu helfen, zu unterdrücken. Es wäre nicht ihr erster Kampf mit den Kriegern An-Rukhbars gewesen, denn in den vielen Sommern seit der Schlacht um Nimrod war sie schon Dutzenden von ihnen begegnet. Kein Krieger hatte ein solches Aufeinandertreffen bisher überlebt. Doch diesmal waren es zu viele. Mit einem oder zwei wäre die Nebelelfe mühelos fertig geworden, doch neun gut ausgebildete und berittene Krieger waren auch für eine solch kampferfahrene Elfenamazone wie Naemy unmöglich zu besiegen.
Unzufrieden mit sich selbst blieb sie daher auf dem Ast sitzen, in der Hoffnung, den bedrängten Frauen doch noch irgendwie helfen zu können.
»Bei so vielen Frauen ist es eigentlich schade, dass nur Spark seinen Spaß haben soll. Findet ihr nicht auch, Männer?« Ein grausames Lächeln umspielte die Lippen des Hauptmanns. Zustimmendes Gemurmel erhob sich und die Krieger lenkten ihre Pferde mit klirrenden Rüstungen noch enger zusammen, um seine Befehle besser verstehen zu können. »Ihr«, der Hauptmann deutete auf drei der Reiter, »sucht nach Spark.« Lachend gab er einem der Pferde einen kräftigen Klaps auf das Hinterteil: »Na, macht schon. Worauf wartet ihr noch? Sonst lässt er euch von dem hübschen Kind nichts mehr übrig.«
Das ließen sich die Krieger nicht zweimal sagen. Eilig wendeten sie ihre Pferde und ritten den Weg zurück. Dort, wo das Pferd ihres Kameraden graste, stiegen sie ab und verschwanden im Unterholz.
Währenddessen betrachtete ihr Hauptmann Ilahja mit einem abschätzenden Blick. »Du bist zwar nicht so schlank wie die andere«, stellte er bedauernd fest. »Aber was soll’s. Du scheinst mir unter deinem schäbigen Mantel ein hübsches Ding zu sein.«
Ilahja biss sich auf die Unterlippe und schwieg. Die Art, wie die Krieger sie betrachteten, flößte ihr schreckliche Angst ein. Doch der Hauptmann machte bereits eine einladende Handbewegung, stieg aus dem Sattel und sagte: »Steigt ab, Männer. Wir werden unser Nachtlager hier aufschlagen.«
Schützend legte Tassea ihre Arme um Ilahja. Doch zwei der Krieger kamen schon auf sie zu. Sie packten die Heilerin mit eisernem Griff am Arm und zerrten sie von Ilahja fort, ohne auf Tasseas heftige Gegenwehr zu achten. »Bindet die Alte dort drüben an«, befahl der Hauptmann und deutete auf den Baum, neben dem der regungslose Körper des Hundes noch immer im hohen Gras lag. Die Krieger gehorchten sofort.
»Das dürft ihr nicht, ihr Bastarde«, schrie Tassea die Krieger hasserfüllt an und versuchte verzweifelt sich zu befreien.
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