Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
dicke, borstige Haare sprossen daraus hervor. Längst hatte es die Größe eines Feldgraulings überschritten und wuchs weiter. Als es so groß war wie ein Eichhörnchen, hüpfte es auf den Tisch zurück und setzte sich.
Asco-Bahrran drückte dem Wesen einen kleinen Lederbeutel in die Krallen und hob es hoch. Das Wesen fiepte erschrocken, versuchte aber nicht zu fliehen. »Bring mir eine Wolke « , befahl Asco-Bahrran und gab das Wesen frei. Mit einer einzigen kräftigen Bewegung schleuderte er es in die Luft und es verschwand kreischend durch den Rauchabzug des Zeltes.
Der Magier sah ihm nicht nach. Niedere Geschöpfe wie der Bulsak, den er soeben nach vielen hundert Sommern wieder zum Leben erweckt hatte, waren leicht gefügig zu machen. Ihre Furcht machte sie zu ergebenen Dienern. Asco-Bahrran hegte keinen Zweifel daran, dass der Bulsak seine Aufgabe erfüllen würde.
In ein Quadrat am Boden, das von Gras und Steinen befreit worden war, zeichnete er gewissenhaft mit Blut ein spiralförmiges Muster und versah die Ränder mit magischen Schriftzeichen.
Er hatte das Muster soeben beendet, als der Bulsak zurückkehrte. Das borstige Geschöpf landete auf der Tischplatte und schnatterte zufrieden. In den Krallen hielt es den Lederbeutel, der so aufgebläht war, dass er zu platzen drohte. Wasser tropfte heraus und lief in einem kleinen Rinnsal über den Tisch. »Gut gemacht ! « , murmelte Asco-Bahrran. Mit sicheren Strichen setzte er die letzten Schriftzeichen an das Muster und nahm den prall gefüllten Lederbeutel zur Hand. Er musste den Zauber vollenden, noch bevor sich die winzige Wolke in dem Beutel zur Gänze in Wasser auflöste.
Blut und Wasser, Wolken und Wind. Schon einmal hatte er einen mächtigen Elemente-Zauber gewirkt, damals, als er der Auserwählten am Himmelsturm gegenübergetreten war, um den Stab der Göttin an sich zu bringen. Die Gütige Göttin! Asco-Bahrran schnaubte wütend. Für einen Moment bedauerte er, dass er für das magische Muster kein reineres Blut zur Verfügung hatte, doch es hatte keine Jungfrauen unter den Gefangenen gegeben. Das Blut der drei Grasländer musste genügen.
Aber wie auch immer niemand in Thale wusste von seinen Plänen, und wenn man es bemerkte, wäre es längst zu spät. Ein heiseres Krächzen, das einmal ein Lachen gewesen sein mochte, drang aus den Nebeln unter der Kapuze, als Asco-Bahrran den Lederbeutel freigab und in die Mitte des spiralförmigen Musters schweben ließ. Die Schnüre öffneten sich wie von Geisterhand und eine winzige hellgraue Wolke entfloh ihrem Gefängnis. Rastlos schwebte sie einmal hierhin, einmal dorthin, als suche sie nach einem Ausweg. Doch die Magie hielt sie gefangen und erlaubte ihr nicht, den äußeren Ring der Spirale zu überschreiten.
Asco-Bahrran hob die Hände und sprach leise eine Beschwörung, welche die blutigen Linien am Boden zum Glühen brachte. Das rote Leuchten stieg wie eine Säule empor, hüllte die Wolke ein und strömte durch den Rauchabzug zum Himmel hinauf. Rote Blitze zuckten im Innern der Wolke. Ihre Farbe wechselte von Hellgrau zu Tiefschwarz. Sie dehnte und streckte sich, türmte sich brodelnd immer höher auf, bis sie schließlich wie eine gewaltige schwarze Rauchsäule zum Himmel aufstieg.
»Was ist das, Naemy? « Verwundert deutete Kiany auf eine gewaltige Wolkenwand am Horizont, die sich im milden Licht der Morgensonne rasch vergrößerte. Noch in der Nacht hatten die beiden Frauen die Sümpfe von Numark auf Zahirs Rücken verlassen, während sich Tabor mit Leilith, Chantu, Sheehan und den überlebenden Elfen auf den Weg nach Nimrod gemacht hatte.
Lya-Numi war in Caira-Dan zurückgeblieben.
»Vielleicht ein Gewitter?« Die Stimme der Nebelelfe klang betont gelassen. Sie beobachtete das seltsame Wolkengebilde schon eine ganze Weile voller Sorge. Mit ihren Elfensinnen spürte sie die Magie, die die Wolken zum Quellen brachte und ahnte, dass es alles andere als gewöhnliche Gewitterwolken waren. Was dort am Himmel brodelte, war das Werk Asco-Bahrrans, da war sie sich ganz sicher. Aber noch fehlten ihr die Beweise. Die Erkenntnis, dass der Feind schon so nahe war, erschütterte sie zutiefst, doch das behielt sie lieber für sich, um Kiany nicht zu beunruhigen.
»Gewitter türmen sich niemals so mächtig auf«, berichtigte Zahir Naemys Aussage in Gedanken.
»Das weiß ich, aber ich möchte nicht, dass Kiany sich fürchtet«, erwiderte Naemy mittels Gedankensprache.
»Denkst du, sie weiß nicht, wie eine
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