Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
ihre eisigen Berührungen auf der Haut, doch schon im nächsten Augenblick verflüchtigten sie sich wieder und waren verschwunden.
Skynom war kein furchtsamer Mensch, aber die lastende Stille, der alles verschlingende Nebel und die geisterhaften Gestalten machten ihn unruhig. Nie zuvor war er in den geheimnisvollen Sümpfen gewesen und das Wissen, dass auch er dazu beigetragen hatte, das Volk der Nebelelfen zu vernichten, die hier gelebt hatten, trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn. Seine Schritte wurden schneller und er nahm sich nur noch selten die Zeit, nach den Wagenspuren zu suchen. Zweimal geriet er so auf einen falschen Weg und musste umkehren, um die Fährte wieder zu finden.
»Garnfat kunr artbart ne sinro.«
Skynom erstarrte. Erst vor wenigen Augenblicken war er an einer Weggabelung erneut auf die
Spur der Kutsche gestoßen, als er die Stimmen der Cha-Gurrline hörte. Er konnte nicht sehen, was sich vor ihm befand, doch die Gesprächsfetzen, die gedämpft durch den Nebel drangen, konnten nur bedeuten, dass Asco-Bahrran eine Rast eingelegt hatte. Vielleicht hatte sich die Kutsche aber auch wieder fest gefahren. Oder waren sie schon am Ziel? Skynom fluchte leise. Wenn er doch nur etwas sehen könnte. Aber der Nebel hatte sich zwischen den Bäumen festgesetzt und nichts deutete daraufhin, dass er sich bald auflösen würde.
Leise führte Skynom sein Pferd so weit auf dem Weg zurück, dass die Cha-Gurrline es nicht bemerkten. Nachdem er die Zügel locker um einen knorrigen Baumstamm gebunden hatte, machte er sich allein auf den Weg zu der Stelle, wo er die Cha-Gurrline vermutete. Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihm, dass weder ein Unfall noch eine Rast der Grund für die plötzliche Rast waren. Irgendwo dort hinter den Nebeln musste sich das befinden, wonach Asco-Bahrran suchte.
Kiany fror, während sie durch den Nebel geführt wurde. Sie trug nur einen dünnen Umhang über ihrem Gewand, der sie nicht vor dem nasskalten Wetter der Sümpfe schützte.
Es war lange her, seit man ihr zum letzten Mal den bitteren Trank verabreicht hatte, der ihre Sinne betäubte. Inzwischen war sie klug genug, sich das Nachlassen der Wirkung nicht anmerken zu lassen. In den ersten Sonnenläufen hatte sie noch versucht, sich zu befreien, und um Hilfe geschrien, sobald sie aus den düsteren Nebeln auftauchte, die ihren Geist umwallten. Doch das hatte nur dazu geführt, dass man ihr noch mehr von diesem ekelhaften Gebräu einflößte, das ihren Willen abstumpfte und sie in einem dumpfen Dämmerzustand gefangen hielt. Irgendwann hatte sie dann herausgefunden, dass man sie in Ruhe ließ, solange sie sich schlafend stellte, und jede Gegenwehr aufgegeben.
Zwar zwang man sie trotzdem hin und wieder, etwas von dem bitteren Trank einzunehmen, aber er war nicht mehr so stark und der rauschähnliche Zustand, in den sie verfiel, nicht mehr so tief. Kianys anfängliche Furcht war einer seltsamen Gleichgültigkeit gewichen, seit sie erkannt hatte, dass man sie nicht töten würde, solange man ihre Dienste benötigte. Wenn sie also tat, was man von ihr verlangte, war sie nicht in Gefahr zumindest hatte sie das bisher angenommen.
Während sie die Füße wie eine Schlafwandlerin vorsichtig voreinander setzte, öffnete Kiany die Augen einen Spaltbreit und spähte umher. Viel zu sehen gab es nicht. Alles war in einen dichten grauen Nebel gehüllt, sodass sie unmöglich erkennen konnte, wo sie sich befand. Zwei Längen vor sich sah sie den rot gewandeten Magier durch den Nebel schreiten, dessen Gesicht sie noch nie gesehen hatte und den die Krieger ehrfürchtig mit »Meister« ansprachen. Als sei er den Weg schon viel Male gegangen, folgte er zielsicher einem schmalen Pfad, der sich mitten durch wucherndes Unterholz wand. Knorrige, feuchte Zweige berührten immer wieder Kianys linke Schulter wie die eisigen Finger geisterhafter Wesen, die sich im Zwielicht verbargen. Auf der rechten Seite spürte sie nichts dergleichen. Dort fühlte sie nur den festen Griff einer riesigen Pranke, die sie am Arm gepackt hielt und durch den Nebel führte.
Kiany erschauerte und vermied es, die grobschlächtige, hässliche Gestalt neben sich anzusehen. Sie hasste es, von den schwarzen Kriegern angefasst zu werden. Der freundliche blau gewandete Mann, der sich zuvor um sie gekümmert hatte, war kurz bevor die Kutsche aufbrach, nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Meister verschwunden. Unter dem Einfluss der Droge hatte sie den Streit nur undeutlich
Weitere Kostenlose Bücher