Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Kapuze seines Umhangs verbarg.
»Nun, erkennst du mich jetzt?«, fragte er noch einmal, während er die Kapuze mit einer Hand zurückschob und in den Nacken gleiten ließ.
Asco-Bahrran! Anthorks Augen weiteten sich vor Überraschung und Entsetzen. Der verstoßene Magier war der Letzte, den er hier zu sehen erwartet hätte. Nachdem er ins Grasland geflohen und die Suche nach ihm erfolglos geblieben war, hatte man angenommen, er sei dem Ansturm des Heers zum Opfer gefallen. Dass er sich mit den finsteren Mächten verbündet haben könnte, hatte niemand in Erwägung gezogen.
»Ja, jetzt erinnerst du dich. Ihr dachtet wohl, ich wäre längst tot.« Asco-Bahrran lachte böse und selbstgefällig. »Welch seltsame Wege das Schicksal doch manchmal für uns bereithält. Nun wirst DU sterben, und ICH werde über Thale herrschen!« Er beugte sich zu Anthork herab und flüsterte ihm verächtlich ins Ohr: »Ich wünsche dir noch einen angenehmen Abend.« Und während er sich abwandte, um das Podest zu verlassen, befahl er den Cha-Gurrlinen-Kriegern: »Entfernt den Knebel. Das Volk soll schließlich auch etwas hören.«
4
Düster und voller dunkler Vorahnungen hallten die Trommelschläge durch den kleinen Innenhof, in dem sich die Gefangenen drängten. Einst hatte er den Priesterinnen der Gütigen Göttin als Kräutergarten gedient, doch die Pflanzen waren zertreten oder herausgerissen und verdorrt, und die niedrigen Hecken, welche die einzelnen Rabatten gesäumt hatten, waren verwüstet.
Beim Anblick der welkenden Stauden und Sträucher kam Paira unvermittelt der Gedanke, dass dies genau der richtige Ort für die »Auserwählten« sei.
Wie Rosmarin, Lavendel, Bärlauch und all die anderen Kräuter waren auch die Menschen, die man hier zusammengetrieben hatte, entwurzelt und dem unausweichlichen Schicksal so machtlos ausgeliefert wie die Pflanzen, die nun nutzlos im Staub lagen. Es gab keine Hoffnung und kein Entkommen, weder für die sterbenden Pflanzen noch für die Frauen und Kinder, deren grausames Los Maite und sie teilten.
Seltsamerweise hatte der Gedanke nichts Erschreckendes an sich. Er kam und ging, ohne ein Gefühl des Entsetzens oder der Angst bei Paira zu hinterlassen, und war so nüchtern, als hätte sie die Fähigkeit zu leiden längst verloren.
Niemand hatte es ihr gesagt, doch sie wusste, dass sie sterben würde. Sie hatte es in Okowans Augen gesehen.
Zunächst hatte sie sich noch gegen den Gedanken gewehrt, hatte gehofft, dass sie sich täuschte, und darum gebetet, dass es nicht so kommen werde. Doch die unglaubliche Grausamkeit, mit der die Eroberer das Volk von Nimrod knechteten, ließ auch die letzte verzweifelte Hoffnung auf einen düsteren Scherz Okowans schwinden.
Und nun die Trommeln. Seit Sonnenuntergang hallten sie durch die Dunkelheit, und die grauenhaften Schreie, die durch die Nacht gellten, kündeten von einem Ereignis, das auszumalen Paira sich nicht im Stande fühlte.
Was ging dort nur vor sich? Wer waren die Menschen, die ihr Leben auf so entsetzliche Weise verloren? Was tat man ihnen an, dass sie zu solch unmenschlichen Lauten fähig waren? Was hatten die armen Seelen verbrochen, dass man ihnen so entsetzliche Qualen zufügte?
Paira konnte nicht schlafen. Bei jedem Geräusch, das von dem einzigen, schwer bewachten Zugang zum Kräutergarten zu ihr herüberklang, zuckte sie unwillkürlich zusammen und horchte auf Schritte.
Würde man auch sie holen? War es das, was Okowan mit »auserwählt« gemeint hatte? War sie ebenso wie die armen Menschen auf dem Richtplatz dazu auserwählt, das Volk bei einer Massenhinrichtung durch einen grausamen Tod einzuschüchtern?
So viele Fragen, auf die Paira keine Antwort wusste. Fragen, die ihr niemand beantworten würde. Fragen, die sie lieber für sich behielt, um ihre kleine Schwester nicht noch mehr zu ängstigen. Maite! Voller Zärtlichkeit blickte Paira auf das staubige Mädchen in den zerschlissenen Kleidern, das neben ihr auf der harten Erde eingeschlafen war. Maite war erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Bei Einbruch der Dunkelheit war sie zum Klang der Trommelschläge eingeschlafen. Wenn die grässlichen Schreie auf dem Platz vor der Inneren Festung zu laut wurden, legte Paira die Hand auf ihr Ohr, damit sie nicht davon erwachte.
»Paira!« Unmittelbar hinter ihr flüsterte jemand ganz leise ihren Namen.
Fedeon? Pairas Herz tat vor Freude einen Satz, doch als sie die Stimme erneut hörte, wusste sie, dass er es
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