Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Freundschaft mit Okowan verband.
Gemeinsam hatten sie grausame magische Streiche erdacht, die andere Kinder wie ein plötzliches Unheil heimsuchten, oder sie hatten die ehrenwerten Bürger Nimrods beobachtet, die sich im Schutz der Dunkelheit heimlich in den »Sumpf« schlichen, um sich dort zu vergnügen. Dieses Beobachten hatte sich für die beiden bald zu einem einträglichen Geschäft entwickelt, das sie im Verlauf der folgenden Sommer noch enger miteinander verbunden hatte.
Daraus hatte sich eine rege Geschäftsbeziehung der besonderen Art entwickelt, die darin gipfelte, dass Okowan seinen Freund heimlich mit geeigneten Opfern für dessen verbotene Rituale versorgt hatte. Dies hatte ein jähes Ende gefunden, als Asco-Bahrrans verbotenes Treiben durch einen unglücklichen Zufall entdeckt worden war. Der junge Magier war umgehend eingekerkert
worden und harrte seit nunmehr vierzehn Sonnenläufen des Urteils, das unmittelbar nach den Erntefeierlichkeiten verkündet werden sollte. Der Schuldspruch schien allerdings schon festzustehen, denn obwohl sich die Druiden darüber in Schweigen hüllten, war es in Nimrod ein offenes Geheimnis, dass Asco-Bahrran die Verbannung in die Finstermark drohte. Das kam einem Todesurteil gleich, denn niemand, der dorthin geschickt worden war, war je wieder lebend gesehen worden. Okowan war indessen fest entschlossen zu verhindern, dass seinen Freund ein solches Schicksal ereilte. Dafür hatte er all seine Beziehungen - die seines Vaters eingeschlossen - spielen lassen und zahlreiche Pläne verfolgt, Asco-Bahrran zu befreien.
Die Umsetzung der Pläne gestaltete sich jedoch schwierig, denn in Nimrod hatte er zunächst weder mit der Bitte um Gnade für den Magier noch mit der Suche nach Helfern Erfolg gehabt. Verbotene Magie auszuüben war das schlimmste Vergehen, dessen sich ein Magier schuldig machen konnte, und zudem eine Schande für die ganze Zunft. Niemand zeigte für Okowans Gnadengesuch Verständnis, und obwohl die Altmeister zutiefst bedauerten, einen so talentierten Magier zu verlieren, ließen sie sich nicht in ihrer Entscheidung beirren. Asco-Bahrran war schuldig und musste verurteilt werden.
Schließlich hatte Okowan es aufgegeben, die rechtschaffenen Bürger von der Unschuld seines Freundes zu überzeugen, und unter den zwielichtigen Geschöpfen des »Sumpfes« die Nachricht verbreiten lassen, dass er nach zwei fähigen Männern suche, die bereit seien, für einen ansehnlichen Lohn eine gefahrvolle Aufgabe zu übernehmen. Die Aussicht auf Gold hatte viele Halunken angelockt, doch es waren keine unter ihnen gewesen, die Okowan geeignet erschienen. Hingegen entsprachen die beiden unehrenhaft entlassenen Krieger der Daraner Stadtwache, die er am Vorabend in der Barriere angetroffen hatte, genau seinen Vorstellungen. Wie zufällig war er mit ihnen ins Gespräch gekommen, und als der Morgen gegraut hatte, war der Plan zur Befreiung Asco-Bahrrans mit Handschlag besiegelt worden.
Dass der alte Bran im Kerker Wache hatte, war ein glücklicher Zufall, der Okowan die Sache sehr erleichterte. Insgeheim hatte er befürchtet, hier auf größere Schwierigkeiten zu stoßen, doch mit Bran, der schon seit Jahren ein ausschweifendes Doppelleben führte, hatte er leichtes Spiel.
»Schließ auf«, befahl er dem Wärter, als dieser vor der dicken eichenen Zellentür Halt machte, hinter der Asco-Bahrran auf den Prozess wartete.
»Das . . . das kann ich nicht, Herr«, erwiderte Bran und hob ein dickes Bündel in die Höhe, an dem zwei Dutzend Schlüssel klirrend aneinander schlugen. »Um die Tür zu öffnen, braucht es zwei Schlüssel«, erklärte er. »Ich habe einen davon, den anderen hat. . . «
» ... der stumpfsinnige Tollpatsch, den du fortgeschickt hast?«, ergänzte Okowan und knurrte verärgert. »Bei den Toren, warum hast du das nicht gleich gesagt? Wie soll ich mit Asco-Bahrran reden, wenn ich nicht hinein kann?«
»Wartet!« Mit zitternden Fingern zog Bran einen Schlüssel hervor und schob ihn in ein Vorhängeschloss, das auf Augenhöhe an der Tür befestigt war. Der Riegel öffnete sich mit einem schnappenden Geräusch, worauf der Wärter eine Holzplatte beiseite schob. Dahinter kam ein kleines vergittertes Fenster zum Vorschein, durch das ein Übelkeit erregender Gestank nach modrigem Stroh, vergorenem Essen und faulenden Exkrementen in den Gang strömte. Okowan hustete und presste angewidert die Hand vor den Mund. »Ah, verdammt. Das ist eines Magiers wahrhaft unwürdig«,
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