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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Gefühl, durch diese Anstrengung ihre schmale Taille zu bewahren, denn keinesfalls wollte sie so breit werden wie Viola oder auch ihre Maman. Doch nun hätte sie alles dafür gegeben, wenn unter dem enganliegenden Stoff die Frucht der Liebe in ihr wachsen würde. Wie sehnsüchtig Georg geklungen hatte, als er von einem Stammhalter gesprochen hatte! Entmutigt ließ sie die Hände seitlich fallen. Wenn es doch nur für alles im Leben Turnübungen gäbe!

9
    Georg war gerade dabei, die Unterlagen für das nächste Gespräch mit Dorothea zusammenzusuchen, als sein Blick zum wiederholten Male an diesem Mittag auf den Brief seines Freundes fiel. Er ließ die Zahlenliste sinken und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Martin Richtvogel auf dem Weg nach Rehbach!
    Seit ein Depeschenreiter die frohe Botschaft am Vormittag gebracht hatte, war die Last auf Georgs Brust ein wenig leichter geworden. Er konnte es kaum erwarten, den Studienkameraden wiederzusehen.
    In Martins Gegenwart schien das Leben irgendwie leichter zu sein. Aufregender! Kein Wunder allerdings, wenn man bedachte, mit welch interessanten Menschen Martin tagtäglich in Berührung kam - seine Briefe handelten von den Begegnungen mit Adligen, Künstlern, hohen Beamten -, wichtigen Leuten eben. Und alle suchten sie Martins Rat, hörten auf das, was er ihnen zu sagen hatte. Dass es dem Freund in derart kurzer Zeit gelungen war, so viele seiner ehrgeizigen Pläne umzusetzen, führte Georg die eigene Unzulänglichkeit nur um so mehr vor Augen. Er seufzte. Aber dann fiel ihm der letzte Passus von Richtvogels Brief wieder ein: Er habe Georg einen sehr interessanten Vorschlag zu unterbreiten, hieß es da. »Vielleicht wird sich dein Leben für immer verändern«, hatte Martin angefügt. Leichte Übertreibungen waren schon immer Richtvogels Art gewesen, also versuchte Georg, die in ihm aufkeimende Aufregung kleinzuhalten. Er konnte sich partout nicht vorstellen, was sein Freund von ihm wollte.
    Wie auf ein geheimes Stichwort hin erschien Dorothea im Türrahmen. Sie sah erhitzt aus. »Du lieber Himmel! Ich kann es nicht glauben, dass du wieder nichts zu Rauber gesagt hast! Es kann doch nicht angehen, dass unter seiner Aufsicht mehr Holz verfeuert wird als bei allen andern Aufsehern!« Keine Begrüßung kam über ihre Lippen, als sie sich einen Stuhl gegenüber von Georg herbeizog. »Wahrscheinlich bildet er sich ein, irgendwelche Sonderrechte innezuhaben, nur weil seine Vorfahren einmal ein paar Siederechte besaßen!« Sie presste die Worte zwischen ihren Lippen hervor, so dass sich ihre Rede anhörte wie das Zischeln eines aufgebrachten Schwans.
    Über den Schreibtisch schoss sie ihm einen bösen Blick zu. »Hättest du mir das überlassen, wäre die Sache längst erledigt. Aber nein - du willst ja die Leute besser kennenlernen«, sagte sie ironisch. »Dann tu’s doch auch!«
    Georg biss sich von innen auf die Lippen. Er suchte nach einer Antwort, die seiner Schwester gefallen könnte. »Ich habe einfach noch nicht die Zeit gefunden, mit Götz Rauber zu sprechen«, sagte er schließlich lahm. Genauso lahm erschien ihm die Geste, mit der er auf die Unterlagen auf seinem Schreibtisch deutete.
    Dorothea schnaubte. Mit gespitzter Feder in der Hand begann sie, weitere Zahlenreihen auf einen Bogen Papier zu kratzen. »Da haben wir das genaue Ergebnis: Die Holzkosten im ersten Sudhaus lagen um ganze vierzig Heller höher als in den andern.« Triumphierend schaute sie Georg an, als hätte er selbst mit dem Holz gezündelt. »Habe ich dir das nicht schon letzte Woche gesagt? Und? Was gedenkst du nun zu unternehmen?«
    Georg rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Die Luft im Raum war alt und verbraucht. Draußen begann es gerade erst zu dämmern, und er dachte schon sehnsüchtig an den Zeitpunkt, wenn er sich auf seinem Bett ausstrecken konnte. Er kam sich vor, als säße er einem seiner Hauslehrer aus früheren Zeiten gegenüber, verdammt zu einer Strafarbeit. »Sudhaus eins erzielt dafür auch die besten Salzerträge! Das scheinst du bei deiner Rechnung zu vergessen!« entgegnete er in ungewohnt barschem Ton. Wenn es nach Dorothea ginge, würde er sich täglich mit einem der Leute anlegen müssen!
    »Die sollen gute Erträge erzielen und sparsam mit Holz wirtschaften!« brachte Dorothea zwischen schmalen Lippen hervor. »Wenn du sie gewähren lässt, wie es ihnen gefällt, dann kannst du das Holz bald nicht mehr so schnell herbeischaffen, wie es durch den Kamin wegfliegt! Aber

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