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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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neben ihr laut räusperte.
    »Wenn ich dir noch einen guten Rat geben darf, bevor wir morgen in Gönningen ankommen …«
    Auf deine Ratschläge kann ich gut verzichten, lag es Hannah auf der Zunge, doch sie war zu müde zum Streiten und gab lediglich ein Brummen von sich.
    »Ich hielte es für das Beste, wenn du Wilhelmine und Gottlieb gegenüber nichts von der Sache in Wien erwähnst.«
    Hannah richtete sich noch einmal auf. »Als ob ich schon jemals zu den beiden gerannt wäre, um mich über Helmut zu beschweren! Seine Eltern geht das nichts an, das mache ich ganz allein mit ihm aus.«
    Sie ahnte Seraphines Schulterzucken mehr, als dass sie es in der Dunkelheit sah.
    »Ich meine ja nur … Aber an deiner Stelle würde ich auch Helmut gegenüber ganz schön still sein.«
    Hannah schnaubte. »Das kommt mir gar nicht in den Sinn, der wird mir Rede und Antwort stehen müssen! Oder glaubst du, dass ich mir so etwas einfach gefallen lasse? Vorausgesetzt, an der Geschichte ist überhaupt was Wahres dran«, schob sie noch hinterher.
    Seraphine seufzte ausgiebig. »Ob du dir das gefallen lassen musst … Tja, die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten.«
    Die Frage war gar nicht ernst gemeint!, wollte Hannah sagen, doch da ergriff Seraphine erneut das Wort.
    »Wer weiß, ob dein Fuß jemals wieder in Ordnung kommt. Womöglich wirst du dein Leben lang durch die Gegend humpeln. Und das als Frau eines Samenhändlers …«
    »Ich …« Sprachlos brach Hannah ab. Wie konnte jemand nur so gemein sein?
    »Auf eines musst du dich gefasst machen: Helmut wird nicht gerade begeistert sein. Erstens wollte er nicht, dass wir diese Reise unternehmen, er wird also sagen, es sei deine Schuld, dass du … na ja. Und dann« – Seraphine zögerte nur kurz –,»du weißt doch, wie gern er sich immer ein wenig über Käthe und ihr Hinkebein lustig macht. Eine Frau mit einem körperlichen Gebrechen hätte er nie geheiratet. So sind die Männer halt: Sie selbst kommen mit erfrorenen oder gar abgefallenen Zehen von ihrer Reise zurück, oder sie legen sich mit einer Lungenentzündung nieder, aber wehe, die Frauen sind nicht kerngesund. Da heißt es gleich, das Weibsbild ist nur eine Last! Um also auf deine Frage zurückzukommen: Ich an deiner Stelle würde das Maul nicht so voll nehmen.«
    Wieder einmal war Hannah längst verstummt.
    »Es scheint mir, als sei vor allem der Knöchel in Mitleidenschaft gezogen. Tut es weh, wenn ich hier drücke?«
    Hannah schrie auf.
    Flora, die gerade eben auf den Schoß ihrer Mutter gekrabbelt war, schaute mit weit aufgerissenen Augen den Arzt an. Seit Hannahs Ankunft am Abend zuvor war sie nicht mehr von ihrer Seite gewichen.
    Der Arzt nickte wissend und drückte noch einmal vorsichtig auf dem noch immer angeschwollenen Fuß herum. »Wahrscheinlich eine Art Trümmerbruch. Es kann aber auch nur eine besonders schwere Quetschung sein. Die Art der Falle, die Sie mir beschrieben haben, spräche für beide Möglichkeiten.«
    »Und was hat das zu bedeuten?«, fragte Hannah mit trockenem Mund. Nur mit Mühe brachte sie für Flora ein Lächeln zustande.
    Der Arzt packte seine Utensilien wieder in die Tasche. »Dass Sie abwarten müssen. Und sich schonen müssen. Natürlich dürfen Sie umhergehen, einige Arbeiten im Haus verrichten, Sie sollen es dabei aber nicht übertreiben. Wenn es eine Quetschung ist, dann bedarf das Bein vor allem der Ruhe.«
    »Können Sie denn gar nichts tun? Gibt es keine Medizin, damit ich wieder ordentlich auftreten kann?«
    Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Einen frischen Bruch hätte ich schienen können. So wäre die Möglichkeit größer gewesen, dass die Knochen wieder gerade zusammenwachsen. Doch nach so langer Zeit ist da nichts mehr zu machen, der Heilungsprozess hat längst begonnen, und wir können nur hoffen, dass sich die Knochen von allein richtig gelegt haben. Wenn nicht …«
    Er ließ seine Tasche mit einem schnappenden Geräusch zuknallen.
    »Was ist dann?« Hannahs Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
    »Dann werden Sie Ihr rechtes Bein wahrscheinlich nie mehr vollständig belasten können.«
    »Nie mehr …« Hannahs Stimme versagte.
    »So, jetzt müssen wir noch schnell die Kartoffeln pellen, damit sie gut ausdampfen können, sonst werden die Knödel nichts, das weiß ich von deiner Mama. Die Oma macht ja lieber Spätzle, aber wir müssen deine Mama ein wenig aufmuntern, damit sie bald wieder ganz gesund wird. Das sagt auch deine Tante Seraphine.«

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