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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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würde in Ohnmacht fallen.
    Und dann?
    Und wenn schon!
    Ohne ein weiteres Wort zerrte sie Seraphine vom Boden hoch, schleifte sie durch die Hütte und setzte sie vor die Tür.
    Von draußen kratzte Seraphine am Holz wie eine Katze, die Einlass forderte, ihr lautes Zetern zwängte sich durch jede Ritze. Drinnen sank Hannah erschöpft mit dem Rücken zur Tür auf den Boden. Sie hatte das Gefühl, als sauge Seraphines Raserei ihr das Mark aus den Knochen, und schloss die Ohren, um die wüsten Beschimpfungen nicht mehr hören zu müssen.
    Die Zeit kroch dahin wie eine Schnecke. Irgendwann wurde es still. Draußen und drinnen.
    Helmut ließ sich neben Hannah nieder.
    »Hannah. Das … es … es war alles ganz anders, als du vielleicht denkst! Der Regen … wir waren patschnass. Deshalb –«
    Seine krächzende Stimme verstummte, und sein Leib zitterte. Seine Hände suchten die ihren, Finger verhakten sich.
    »Ich wollte nichts von Seraphine, das musst du mir glauben. Und ich bin so froh, dass du gekommen bist. Nur das ist jetzt wichtig. Du hast so lange nichts von mir wissen wollen! Ach Hannah, alles, was ich gesagt habe, was ich getan habe – es war dir gleich! Ich habe dich so vermisst. Und dann war da Seraphine … Ich … Wenn du nicht … Ich glaube, ich –«
    »Psst, nicht sprechen.« Sie legte ihm einen Zeigefinger auf den Mund, küsste im nächsten Moment dieselbe Stelle, die trocken war und rau. Hannahs Lider flatterten, krampfhaft hielt sie die Augen geschlossen. Sie wollte Helmuts Gesicht nicht sehen, nicht sein schlechtes Gewissen, nicht seine Scham, seine Unsicherheit. Sie wollte auch nichts hören – Ausflüchte, Erklärungen, wo es keine gab, Beteuerungen, die den Platz für viel wichtigere Dinge wegnahmen.
    Noch war ihre wiedergewonnene Sicherheit so dünn wie eine Eisdecke nach der ersten Frostnacht, zu groß war die Gefahr einzubrechen.
    »Nicht reden«, wiederholte sie murmelnd. Ihr Körper schmiegte sich an seinen, bald lag ihr Kopf an seiner Brust, seine Arme umfingen sie, fest, weich und zärtlich. Es war so gut, ihn zu spüren!
    Vorsichtig, als müssten sie sich des anderen erst wieder versichern, tasteten zarte Finger über Wangen, über den Hals, die Schultern. Spielerische Küsse landeten auf Lidern, Ohrläppchen, verfingen sich im Haar.
    »Du hast mich ja doch noch lieb …« Helmuts heißer Atem ließ Hannah erbeben.
    »Für immer und ewig«, wisperte sie.
    Und ihre Körper fanden einander in einer Sprache, die keiner Worte bedurfte.
    »Diese Hannah ist nichts als eine Plage …« Die Augen gesenkt, einen Fuß vor den andern setzend, wankte Seraphine nach Hause. Sie war nicht wütend, weil Helmut sie weggeschickt hatte. Sie verspürte auch keine Angst oder Sorge. Alles in ihr war so leer wie ein weißes Blatt Papier.
    »Nur eine Plage …« Helmut würde sich von Hannah nicht blenden lassen. Er hatte erkannt, wer ihn wirklich liebte.
    Alles würde in Ordnung kommen. Hannahs Einmischung war ein letzter Versuch, ein letztes Aufbäumen, bevor sie endgültig aufgab. Pathetisch, fast konnte sie einem Leid tun. Und Helmut, der gutmütige Mensch, hatte Mitleid mit ihr.
    Warum hatte er kein Mitleid mit ihr, Seraphine? Wie viele Prüfungen würde er ihr noch auferlegen? Ihre Kraft war begrenzt, wusste er das nicht? Seraphine blinzelte durch einen Tränenschleier.
    »Nur eine Plage …« Gebetsmühlenartig sagte sie sich diese Worte vor, Schritt für Schritt eine Plage. Ihr Gesicht war angespannt vor Konzentration, all ihr Fühlen war auf diese drei Worte gerichtet, so dass sie niemanden sah oder hörte: nicht Almuth, die ihr durch die offene Tür zuwinkte, nicht Käthe, die kurz angebunden grüßte, nicht die dicke Marianne, die ihr mit offenem Mund nachstarrte. So sehr war sie in sich versunken, dass sie sogar an ihrem Haus vorbeilief.
    »Seraphine, wo willst du hin?« Valentin näherte sich eilig von hinten.
    Sie starrte ihn an.
    Mit gerunzelter Stirn zupfte er an ihrem Ärmel. »Du hast ja noch immer dein nasses Zeug an, Hannah wollte euch doch etwas Trockenes zum Anziehen bringen!« Vorwurfsvoll schaute er in die Richtung, aus der Seraphine gekommen war. Seineinnere Unruhe war für sie fast greifbar, sie hörte die tausend Fragen, die er nicht zu stellen wagte, sie spürte seine Angst, die er unter seinem Geplapper zu verstecken suchte. Angewidert wandte sie sich von ihm ab.
    »Jetzt komm erst einmal ins Haus, es ist heißer Tee da, und dann –«
    Jäh schlug Seraphine den Arm

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