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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Älteren. Wer heute in Gönningen arm war, hatte sein Unglück meist selbst verschuldet, indem er seine Gewinne aus dem Samenhandel nicht erneut ins Geschäft investiert, sondern verschleudert hatte. Und natürlich waren auch Krankheit und Todesfälle oder andere Schicksalsschläge am schlimmen Los des einen oder anderen schuld.
    Aber zu diesen armen Schluckern zählten sie nicht, weiß Gott nicht! Sie gehörten zu den erfolgreichsten, den wohlhabendsten Händlern im ganzen Dorf. Wenn es sich einer leisten konnte, eine Familie zu gründen und zu ernähren, dann waren sie es.
    Helmuts Bemerkungen waren daher nichts als Ausflüchte.
    Er wusste gar nicht, wie glücklich er sich mit Seraphine schätzen konnte!
    Aber das sah ja nun ganz anders aus. Bei diesem Gedanken geriet Valentins Herz ein wenig ins Stolpern. Wenn Helmut wirklich diese Hannah … Dann würde das ja bedeuten, Seraphine wäre wieder frei!
    »Ist eigentlich Seraphines Vater schon zurück?«, fragte er unvermittelt.
    Helmut schüttelte den Kopf. »Heute Nachmittag war er es jedenfalls nicht, vielleicht ist er danach noch angekommen. Wenn ich daran denke, dass ich …« Er stöhnte. »Mensch, Valentin, was soll ich nur machen?«

7
    Es war der Heilige Abend. Hannah saß auf dem Bett und zählte ihr Geld, das zu einem kläglichen Sümmchen zusammengeschmolzen war. Wenn sich nicht bald etwas tat, würde sie ihrer Mutter schreiben und um Geld bitten müssen.
    Vier Nächte hatte sie nun schon bei Emma Steiner verbracht, und Kost und Logis waren in der »Sonne« nicht gerade billig. Vielleicht hätte sie sich nach der ersten Nacht doch ein anderes Domizil suchen sollen, statt einfach bei Emma zu bleiben. Aber die Wirtin war freundlich und fragte nicht viel. Allein schon aus dem letzten Grund fühlte sich Hannah bestens bei ihr aufgehoben. Neugierige Fragen, spitze Bemerkungen, den Grund ihres Besuches betreffend, womöglich Feindseligkeiten – das hätte ihr gerade noch gefehlt.
    Ihr Blick fiel aus dem Fenster. Schon seit Tagen hüllte Bodennebel das Dorf wie eine Daunendecke ein. Nur der Kirchturm und die Dächer der höchsten Häuser ragten gespenstischhervor. Auf den umliegenden Bergen lag Schnee, im Dorf war der letzte Matsch jedoch weggeschmolzen und floss in schlammigen Moränen durch die Seitengassen. Hannah zog das Tuch, das sie um die Schultern gelegt hatte, enger um sich.
    Wie lange noch?
    Wie lange noch würde sie hier sitzen und warten müssen?
    Seit die Ulmer Gärtner abgereist waren, war sie der einzige Übernachtungsgast in der »Sonne«. Hannah hatte das Gefühl, der einzige Gast in ganz Gönningen zu sein. Emma Steiner gab ihr zwar das Gefühl, willkommen zu sein, aber Hannah vermutete, dass die Wirtin lieber mit ihrer Tochter allein gewesen wäre. Nicht, dass Hannah ihnen besondere Umstände bereitete! Das Frühstück nahm sie mit den beiden Frauen in der Küche ein, danach ging sie Emma ungefragt bei allen anfallenden Arbeiten zur Hand. Das Nichtstun zermürbte sie nämlich mehr als Wäsche waschen, Treppen und Böden wienern oder Tischtücher flicken. Anfangs wehrte die Wirtin sich dagegen, sagte, so etwas schicke sich für einen Gast nicht, und wehe, wenn sich das herumspräche! Doch dann ließ sie Hannah gewähren und bestand nur darauf, dass dafür die Kost frei sei. Hannah war das nur recht – wieder ein paar Heller gespart. Mittags gab es eine Kanne Tee und Butterbrot und am späteren Nachmittag ein Abendessen, bevor der Wirtshausbetrieb losging.
    Es war höchstens ein Dutzend Männer, das allabendlich in die »Sonne« kam: der Bürgermeister, der Dorfschullehrer, hin und wieder der Herr Pfarrer, ein paar Geschäftsleute – es waren die so genannten »besseren« Leute, hatte Emma ihr erklärt. Wer nur trinken wollte, ging in eines der anderen Wirtshäuser. Auch Helmuts Vater war natürlich ein häufiger Gast in der »Sonne«. Hier wurden Geschäfte abgewickelt und das Wohl von Gönningen besprochen.
    Gönningen.
    Hannah ließ ihren Geldbeutel auf die Bettdecke sinken, stand auf und ging ans Fenster. Gedankenverloren zupfte sie eine tote Fliege aus dem Spitzenvorhang.
    In was für ein wundersames Dorf war sie da nur geraten …
    Seit mehr als hundert Jahren verdiente der Großteil der Gönninger Bürger seinen Lebensunterhalt mit dem Handel mit Blumen- und Gemüsesamen. Das hatte Käthe Hannah an ihrem ersten, denkwürdigen Abend in der »Sonne« erklärt. »Wir alle sind Samenhändler!« – damit hatte Käthe nicht

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