Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
zusammengeschlossen.
Yorimoto war eine sehr imposante Erscheinung mit seiner rot-schwarzen Rüstung, der schweren Bewaffnung und dem Kriegsfächer, den er an der Seite trug und auf dem das Zeichen der Sonne, das Zeichen Amaterasus, aufgemalt war. Allerdings hatte sein Gesicht nicht die Schönheit Yoshinakas, es wirkte gröber, zerfurchter, beinahe wie das Gesicht eines Bauern, aber das wagte ich nicht laut auszusprechen. Außerdem hatte er etwas an sich, das ich zwar nicht benennen konnte, aber das mir nicht gefiel. Seine Augen blickten kalt in die Runde, und selbst wenn er mit seinen nächsten Vertrauten sprach, änderte sich das nicht. Die Soldaten schienen ihn eher zu fürchten als zu mögen.
Bei Fürst Yoshinaka war das anders, das hatte ich mittlerweile beobachten können.
»Warum erwartest du von Yorimoto eine freundliche Miene?«, fragte mich Hiroshi verwundert, als ich ihm meinen Eindruck schilderte. »Kennst du nicht die Geschichte vom Mönch Mongaku?«
Nein, die kannte ich nicht, nicht einmal Satoshi hatte sie mir erzählt.
»Es heißt, dass eines Tages der Mönch Mongaku am Hof von Fürst Yorimoto erschien und ihm den Kopf seines Vaters brachte. Yoshimoto hatte eine Rebellion gegen Kaiser Go Shirakawa angezettelt und diesen gefangen genommen. Taira Kiyomori gelang es, den Kaiser zu befreien, und er schickte einen Mörder, um Yoshimoto zu töten. Yorimoto schwor sich daraufhin, die Taira und den von ihnen eingesetzten Kaiser zu beseitigen.«
Diesmal hütete ich mich zu behaupten, dass Yorimoto ein ähnliches Motiv hatte wie ich selbst, aber wieder einmal sah ich, dass jeder, ob Fürstensohn oder Bauerntochter, das Bedürfnis hatte, den Ahnen durch gerechte Rache Frieden zu verschaffen.
Um weitere Geschichten zu erfahren, trieb ich mich oft bei den Soldaten herum, wobei ich jedoch sehr darauf achtete, dass niemand mein wahres Geschlecht bemerkte. Das gelang mir ganz gut. Die Soldaten wunderten sich bestenfalls über die zarten Gesichtszüge des Burschen, aber weder wurden sie zudringlich, noch versuchten sie herauszufinden, ob ich wirklich ein Mann war oder nicht.
Einmal kam mir eine Geschichte zu Ohren, die von einem Dorf handelte, in der Taira-Krieger über die Bäuerinnen hergefallen waren und dafür gesorgt hatten, dass ein Großteil von ihnen schwanger wurde. Diese Frauen hatten sich aus Scham und Schande in die Klingen ihrer Schwertlanzen gestürzt, damit sie nicht die Bastarde ihrer Feinde zur Welt bringen mussten.
Ich war fasziniert von den Geschichten, gleichzeitig machten sie mich aber traurig, denn so viel Leben ging während der Kämpfe verloren, so viel Blut wurde vergossen. Würde das auch hier der Fall sein?
Auch einige Tage nach ihrer Ankunft lauerten die Taira tatenlos auf der anderen Seite des Flusses, und wenn man Hiroshi glauben konnte, wirkten sie ziemlich unentschlossen. Wir waren ihnen zahlenmäßig unterlegen, doch etwas an uns schien sie derart zu beunruhigen, dass sie keinen Ausfall wagten.
Nachdem zwei weitere Tage nichts passiert war, berieten sich die Heerführer stundenlang untereinander, und als diese Beratungen beendet waren, sprach unser Abt mit seinen Brüdern.
Bei einer dieser Gespräche war ich zufällig dabei, denn Hiroshi hatte mir aufgetragen, einen Köcher mit neuen Pfeilen zum Abt zu bringen. Es hatten sich bereits einige Mönche versammelt, und als ich mich wieder zurückziehen wollte, bat mich der Meister, zu bleiben und zuzuhören.
Es ging um die Strategie, mit der Fürst Yorimoto die Taira angreifen wollte. Als einer der wenigen war Takeshi nicht damit einverstanden, dass wir als Erste angriffen, denn wir waren ja nicht diejenigen, die unseren Fuß auf fremdes Land setzen wollten.
»Es wäre das Beste, wenn der Kampf vermieden würde, noch bevor er beginnt«, sagte der Abt und ballte wütend die Faust. »Wenn es wirklich zum Kampf mit diesem riesigen Heer kommt, werden viele unserer Männer fallen. Ein ehrenvoller Tod zwar, aber er schwächt unser Kloster.«
Niemand wagte, sein Ansinnen feige zu nennen, auch wenn das Vermeiden eines Kampfes bei vielen Kriegsherren nicht als ehrenvoll angesehen wurde.
»Vielleicht gibt es einen Weg, die Taira zu verunsichern«, bemerkte Hiroshi und verneigte sich vor dem Abt. »Wenn Ihr es mir erlaubt, Meister, könnte ich ein wenig Unruhe in ihrem Lager stiften. Entweder greifen sie dann an, oder sie fliehen. In dem Fall wäre eines so gut wie das andere.«
»Und was schlägst du vor, Hiroshi-san?«, meldete sich
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