Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
Das sparte Platz und gab uns die Gelegenheit, mehr Proviant mitnehmen zu können.
Schweigend setzte ich mich neben Hiroshi, bei dem ich mich inzwischen entschuldigt hatte, ohne dass dies jedoch seine Laune heben konnte. Wir aßen Reis und Fisch, den uns Satoshi brachte, und redeten über Belanglosigkeiten. Oft wirkte mein Lehrmeister seltsam abwesend, und nach einer Weile erhob er sich und ging fort. Ich fragte nicht, wohin er wollte, sondern schaute schweigend in die Flammen.
Irgendwann später, als die letzten Holzscheite verglommen und die Kälte der Nacht unter mein Gewand kroch, kehrte er zurück.
»Verzeiht meine Neugier, Sensei«, sagte ich. »Gibt es Neuigkeiten?«
»Nein, leider nicht. Ich habe nur mit Takeshi gesprochen.«
»Und die Taira?«
»Sind noch immer auf dem Marsch. In den kommenden Tagen werden sich noch weitere Fürsten den Minamoto anschließen, sodass wir bereit sind, wenn sie kommen.«
Das klang nach einer ziemlich langen Wartezeit. Ich spürte deutlich meine Ungeduld, wenngleich ich mich auch ein wenig vor dem Moment fürchtete, in dem es ernst wurde. Noch nie hatte ich einen Menschen getötet. Und selbst wenn ich mir einredete, dass die Feinde meines Fürsten auch meine Feinde waren, so war ich nicht sicher, ob meine Hand mich nicht im letzten Moment im Stich lassen würde.
Doch dann dachte ich wieder an Yoshinakas Gesicht und spürte, wie mein Herz heftig zu pochen begann. Wenn er in Gefahr war, würde ich keine Gnade mit den Taira kennen, so viel wusste ich.
In der Nacht senkte sich die Stille auf das Lager. Wachposten wurden aufgestellt, die zwischen den Zeltreihen patrouillierten. Hiroshi hatte sich freiwillig gemeldet und so hatte ich das Zelt zumindest für einen Teil der Nacht für mich allein.
Einschlafen konnte ich aber nicht, zu viele Dinge gingen mir durch den Kopf. Wie mochte es sein, in einer Schlacht zu kämpfen? Worin bestand die Feindschaft zwischen den Taira und den Minamoto?
Und da war auch noch Yoshinaka, der stolz an uns vorbeigeritten war …
Mit einem Mal wurden meine Gedanken von einem Geräusch abgelenkt. Zunächst hielt ich es für ein Gewitter, doch dann erkannte ich, was es wirklich war. Nur ein einziges Mal zuvor hatte ich etwas Vergleichbares gehört. Damals hatte mein Vater uns zu einem See mitgenommen, in dem er viele Fische fing, die meine Mutter später in den Rauch hängte.
»Nachtvögel«, raunte ich, als ich das Flattern vernahm. »Sie erheben sich und flattern im Schwarm über den See.«
Doch niemand hörte meine Worte.
Eine Weile lauschte ich dem donnernden Geräusch, das eine Kuppel über uns zu bilden schien. Dann verklang es schließlich. Die Vögel hatten sich entweder zerstreut oder wieder in ihre Nester begeben. Die Stille danach war so tief, dass sie mich hinabzog in das Reich des Schlafes. Ich bekam nicht einmal mit, wie Hiroshi wieder ins Zelt zurückkehrte.
15
Die Taira ließen noch eine ganze Weile auf sich warten, stattdessen erschienen weitere Heere befreundeter Fürsten. Das Lager wuchs zusehends, und schon bald konnte man nicht mehr von einem Ende zum anderen schauen.
Doch dann, eines Morgens, meldete einer unserer Späher die Ankunft des Heeres. Ich hatte damit gerechnet, dass es eine beträchtliche Größe haben würde, doch was ich dann sah, verschlug mir den Atem. Das Heer war riesig! Nicht dass wir ihnen nichts entgegenzusetzen hatten, doch die Anzahl der Krieger machte einen mächtigen Eindruck auf mich.
Sogleich rannte ich zu Hiroshi, der aus irgendeinem Grund nicht gleich aufgesprungen und zur Anhöhe gelaufen war, als der Ruf ertönte.
»Sie werden nicht sofort angreifen«, sagte er seelenruhig, während er die Klinge seiner Naginata putzte. »Zunächst werden sie ebenso wie wir ihr Zeltlager aufschlagen. Und dann den richtigen Zeitpunkt abwarten. Du erinnerst dich doch, was ich dir von den großen Schlachten erzählt habe.«
Ich nickte. Natürlich! Meist waren der Schlacht tagelange Vorbereitungen vorangegangen, jedes Heer hatte das andere belauert und seine Stärke abgeschätzt, bis schließlich eine Seite den Ausfall wagte. Ähnlich würde es auch hier aussehen, nur dass es zwischen den Heeren kein freies Feld gab, sondern einen breiten Fluss, der einen unvorsichtigen Reiter ins Verderben reißen konnte.
Hiroshis Vorhersage sollte sich bewahrheiten. Keine der beiden Seiten wagte den Angriff. Inzwischen war auch Fürst Yorimoto eingetroffen und hatte sich mit dem Heer seines Vetters Yoshinaka
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