Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
Klinge. Und gleichzeitig würde ich die Ehre haben, mit meiner Klinge für ihre Sicherheit zu sorgen.
14
Überall, wo wir hinkamen, erregten wir Aufsehen bei den Menschen. In manchen Dörfern bot man uns Tee und Speisen an, in anderen mussten wir eine Weile ausharren, weil sich die Dorfältesten den Segen des Abtes für ihren Ort wünschten. Außerdem machten wir unterwegs an einem unscheinbaren Schrein halt, der der Sonnengöttin Amaterasu gewidmet war. Dabei fiel mir wieder ein, was der Diener Enmas gesagt hatte: Ich sollte die Thronartefakte finden und den wahren Kaiser bestimmen.
Die Erinnerung daran war bereits in weite Ferne gerückt, und nun erschreckte sie mich. Würde der Abgesandte des Totenkönigs genauso viel Geduld haben wie meine Mutter? Und wann wäre der richtige Zeitpunkt, um mit der Suche anzufangen?
Nachdem wir einige Tage geritten waren, erreichten wir das breite Band des Flusses Fujigawa, der vom mächtigen Berg Fuji herabfloss und im Tal ein breites Bett füllte. Nebel hing über dem Wasser, die Spinnweben im Schilfrohr wirkten durch die Tautropfen wie glitzernde Schmuckstücke.
Hatte ich zunächst den Berg Hiei für imposant gehalten, so wurde ich nun eines Besseren belehrt, denn der ehrwürdige Berg Fuji übertraf ihn noch bei Weitem. Gekrönt von einer weißen Haube aus Schnee ragte er weit bis in die Wolken.
Im Feldlager der Minamoto wurden wir bereits von einem Trupp Soldaten erwartet. An den weißen Kleidern und leichten Rüstungen erkannten wir, dass es sich um Mönche eines befreundeten Klosters handelte. Unsere Leute schienen sie zu kennen, denn kaum waren sie von ihren Pferden abgestiegen und hatten die Erlaubnis dazu erhalten, gingen sie hinüber, um mit ihren Brüdern zu sprechen.
Hiroshi schien dazu wenig Lust zu haben, er blieb bei seinem Pferd und seinem Zelt, und ich als seine Schülerin folgte seinem Beispiel. Er belohnte mich dafür, indem er mir weitere Schriftzeichen und Sutren beibrachte.
»Was meint Ihr, wann wird der Kampf beginnen, Sensei?«, fragte ich, nachdem ich das Zeichen für Drachen in den Boden geschrieben hatte.
»Dann, wenn der Feind da ist.«
Ich blickte zum gegenüberliegenden Flussufer. »Das kann noch eine Weile dauern, nicht wahr?«
»Oder es kann schnell gehen. Möglicherweise sind die Taira bereits da, nur verbergen sie sich vor uns.«
»Aber wären sie dann nicht große Feiglinge?«
»So möchte man meinen, nicht wahr? Aber unterschätze niemals einen Krieger, Tomoe-chan. Die Mutigsten von ihnen verbergen ihr Können unter einem Mantel von Feigheit, die Klügsten ihren Verstand unter dem Mantel der Einfalt. Wenn sich ein Krieger versteckt, heißt das nicht, dass er feige ist, sondern dass er klug ist. Klug genug, den richtigen Moment abzuwarten. Darauf kommt es im Leben meist an.«
»Darauf kommt es wohl bei allen Dingen an.«
»Ja, das kann man sagen.« Hiroshi sah mich auf einmal merkwürdig an. Mir schien, als wollte er meine Gedanken lesen. Was er wohl dazu sagen würde, dass ich einen Auftrag von einem Diener Enmas erhalten hatte?
Da näherte sich uns plötzlich ein Trupp Reiter. Krieger, das sah man bereits an den Rüstungen und den Helmen, die sie trugen. Sie führten kein Banner bei sich, was mich zunächst vermuten ließ, dass es Abgesandte des Fürsten waren, die unerkannt zum Schlachtort reisen und eine Nachricht von ihrem Herrn überbringen wollten.
Es verwunderte mich allerdings, dass sich unsere Männer, wenn sie den Weg der Reiter kreuzten, vor ihnen zu Boden warfen. Und dann erkannte ich an den Rüstungen, dass sie nicht irgendwelche Boten waren, sondern Samurai. Einer von ihnen trug einen Helm mit Korallenzweigen als Zier, ein anderer hatte auf der Stirn einen goldenen Mond. Bei sich hatten sie nicht nur ihre Naginata, sie trugen auch Tachi an ihrer Seite.
Hiroshi zerrte mich zunächst am Ärmel, dann packte er mich an der Schulter. »Das ist Fürst Yoshinaka und sein Gefolge. Er kommt, um seinem Onkel beizustehen. Du musst ihm dieselbe Ehre erbieten wie jeder Krieger hier.«
Nur zwei Atemzüge später lag ich wie alle anderen auf dem staubigen Boden und ließ das Gras meine Nase kitzeln. Im Gegensatz zu den Männern konnte ich allerdings nicht genug Beherrschung aufbringen, um nicht zu dem Fürsten und seinem Gefolge aufzublicken. Ich wagte einen verstohlenen Blick – zum richtigen Zeitpunkt, wie mir schien, denn während Yoshinaka seine Augen über den Kopf seines Pferdes hinweg zur Mitte des Zeltlagers schweifen
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