Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
schütteln.
Der Regen verwandelte die steilen Bergpfade in Rutschbahnen, auf denen die Pferde nur schwer vorankamen. Als Hiroshi haltmachte und sich nach mir umsah, war ich bereits weit abgeschlagen. Akihiko lief äußerst vorsichtig über den unsicheren Boden, offenbar übertrug sich meine Angst vor einem Sturz auf das Tier.
»Wo bleibst du denn?«, fragte er ungehalten. »Kannst du nicht etwas schneller reiten?«
»Nicht bei diesem Wetter!«, entgegnete ich.
»Was hat denn der Regen mit den Beinen deines Pferdes zu tun? Treib es etwas mehr an.«
»Wenn es wegrutscht, stürzen wir den Hang hinunter!«
»Das ist nur deine Angst!«, rief Hiroshi ärgerlich. »Also beherrsch dich! Wenn du in die Schlacht reitest, wirst du fallen, sobald du Angst hast, weil dein Pferd dann scheuen wird!«
In diesem Augenblick waren mir die Schlachten egal. Meine Haut fühlte sich an wie das Eis des Fujiyama, ich hatte das Gefühl, dass selbst meine Knochen gefroren waren. Dennoch versuchte ich, Hiroshis Rat zu befolgen. Doch es fiel mir schwer angesichts des Wassers, das nun den Weg entlang floss.
»Vertraue auf dein Pferd!«, rief Hiroshi mir von Weitem zu. »Schließ einfach die Augen und lass es seinen Weg suchen!«
Sollte das wirklich helfen? Zögerlich kam ich seinem Befehl nach und schloss die Augen. Das Pferd unter mir bewegte sich nicht wesentlich sicherer, wie es mir im ersten Moment vorkam. Doch dann spürte ich, dass der Atem des Tiers ruhig wurde. Obwohl ich erwartete, dass wir jeden Augenblick ins Rutschen gerieten, setzte das Pferd brav einen Huf vor den anderen.
Plötzlich ging ein Ruck durch das Tier. Ich riss die Augen auf und schrie auf – bis ich erkannte, dass wir den felsigen Abhang hinter uns gelassen hatten. Akihiko trottete weiter und ich sah Hiroshi am Wegrand.
»Das war doch nicht schwer, oder? Zwar hast du mit deinem Schrei sämtliche Vögel aus dem Baum gescheucht, aber offenbar weißt du nun, wie du deine Angst bezwingen kannst.«
Ich blickte nach oben. Tatsächlich flogen dort ein paar Vögel. Ich hatte in meiner Panik nicht einmal mitbekommen, dass sie aufgeflattert waren.
»Und jetzt komm weiter, die Zeit bleibt nicht stehen für uns. Du willst doch ein trockenes Nachtlager, oder?«
Das trockene Nachtlager befand sich an einer Stelle des Waldes, an dem die Baumkronen so dicht beieinanderstanden, dass trotz des prasselnden Regens kaum ein Wassertropfen den Boden berührte. Es war, als würden wir unter einem Dach stehen.
Ich blickte auf und erkannte, dass die Äste dreier großer Bäume miteinander verflochten waren, ein Blatt überlagerte das andere, als wollten sie sich gegenseitig schützen.
»Das sind die drei Wächter«, erklärte Hiroshi, der meinen Blick bemerkt hatte.
»Woher haben sie diesen Namen?«
»Wenn Samurai kämpfen, stehen sie Rücken an Rücken und beschützen sich somit gegenseitig. Diese Bäume wirken, als ob sie einander beschützen würden, nicht wahr?«
»Ja, das tun sie«, antwortete ich und sah wieder vor mir, wie die Mönche in der Schlacht gekämpft hatten. »Ihr kämpft auch so. Zumindest die echten Mönche.«
Hiroshi lachte trocken. »Ja, die wirklichen Mönche kämpfen so. Ich ahme einen Mönch ja nur nach.«
Wir stellten unser Zelt auf und entrollten die Schlafmatten. Ich konnte an nichts anderes als ein wärmendes Feuer denken, doch dieses zu entfachen war bei all dem Wasser unmöglich.
Also versuchte ich, mich abzulenken, indem ich Hiroshi alle möglichen Fragen stellte. Die belanglosesten davon beantwortete er gelassen, auf alle anderen bekam ich entweder keine Antwort oder den Hinweis, dass ich mich besser hinlegen und mich ausruhen sollte.
Er selbst schien wirklich keine Ruhe zu brauchen. Nachdem ich seiner wiederholten Aufforderung, mich schlafen zu legen, nachgekommen war, verließ er das Zelt, um draußen im Regen Wache zu halten.
Ich lauschte dem Trommeln der Regentropfen auf der Zeltplane und wäre um ein Haar eingeschlafen.
»Nun, Tomoe, wie geht die Suche voran?«
Die helle Stimme schreckte mich aus meinem Dämmerzustand. Ich riss die Augen auf und wich zurück, denn direkt neben meinem Kopf saß ein kleiner Fuchs, der die Lefzen hochgezogen hatte, als würde er mich anlächeln.
»Kitsune?«, fragte ich, worauf der Fuchs nickte.
»Weshalb zeigst du dich nicht in deiner richtigen Gestalt?«
»Das ist meine richtige Gestalt. Und sie ist es auch wieder nicht. Wer kann das schon sagen?« Der Fuchs kicherte mit heller Mädchenstimme in
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