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Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Titel: Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ritter
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anderen zufällig bestimmten Kandidaten verglichen, das ist das Kriterium fürs Weiterkommen. Schönen Tag noch!«
    Das war jetzt aber abrupt.
    »Auf Wiederhö…« Schon aufgelegt. Zwischendurch war sie netter. Aber das lief wirklich, wirklich gut!
    Donnerstag, achtzehn Uhr also. Ich habe ein Ziel. »Donnerstag«, sage ich zu meinem Meerschwein und gehe wieder nach drinnen. Ich habe plötzlich ein starkes Hungergefühl. Wenn ich mir vorstelle, Herr Müller hätte Katja nicht angeschleppt … Ich wäre heute arbeiten gewesen, ich hätte den Anruf nie gekriegt, weil ich bei allen Bewerbungen immer nur meine Festnetznummer angegeben habe. Ich könnte, ich muss Katja dafür knutschen.
    Ich finde sie in der Küche. Sie liest sich selbst laut die Zeitung vor, als wäre sie eine Nachrichtensprecherin. Allerdings klingt der Inhalt eher nach den RTL 2-News, Klatschgeschichten und Vermischtes. Spontan entscheide ich mich doch gegen das Knutschen. Dafür inspiriert mich ihre Lektüre zu einer ganz anderen Idee.
    »Katja!«, sage ich, mit aller mir möglichen Freundlichkeit in der Stimme.
    »Bist du nicht mehr böse auf mich?«, fragt sie fast eingeschüchtert.
    »Nein, Katja. Ich brauche deine Hilfe. Du musst mir alles über Prominente beibringen!«
    Donnerstag, 14.00
    Es wäre schön, wenn man das Leben wie in einem Buch beschleunigen könnte. Einfach mal drei Tage Langweilendes ausblenden und zack, sitzt man wieder da und wartet auf den entscheidenden Anruf. Blöd, dass das nicht geht. Ich hatte drei schreckliche Tage. Zwar bin ich wieder voll bei Kräften, der Anruf hat mich geheilt, aber ich habe kaum geschlafen vor Aufregung, und wenn, dann habe ich davon geträumt, dass ich bei der 500-Euro-Frage rausfliege.
    Herr Müller redet nicht mehr mit mir. Er ist sauer, dass nicht er statt meiner angerufen wurde, obwohl er doch genauso stark darauf gehofft hat. Als ob es ein Duell wäre. Ich weiß ja nicht mal, wie viele Gegner ich gerade habe. Sowieso hat sich das Dreiecksverhältnis auf unserem Bauernhof seltsam verschoben. Katja ist sehr um mich bemüht und verhätschelt mich geradezu. Sie hat mir meinen Wunsch erfüllt und mich umfassend über die Welt der Stars und Sternchen aufgeklärt – im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Die Namen aller Kinder von Madonna und Brangelina wusste sie aus dem Effeff, doch dann wurde es schon dünn. Aber sie hat sich bemüht und mir viel aus Wikipedia und Bunte.de zusammenkopiert und ausgedruckt, fünfzig Seiten Fakten, unterteilt in die Kapitel »Königshäuser«, »Hollywood« und »Deutsche Prominenz«. Ich werde alles intensiv studieren, wenn denn der Anruf endlich kommt, und dann mein Wissen an Frau Rottenbauer testen. Die weiß ja sowieso alles, was jemals gedruckt wurde.
    Ich werde noch verrückt. Seit Dienstagmorgen, als ich wieder arbeiten war, denke ich nur noch: der Anruf, der Anruf, der Anruf. Gestern und heute habe ich mir dann freigenommen, mir ein Pistolenhalfter aus der Faschingskiste an den Gürtel geschnallt und da drin das Telefon den ganzen Tag mit mir herumgetragen. Alle paar Minuten schaue ich drauf, ob nicht ein verpasster Anruf angezeigt wird und ob der Akkubalken noch groß genug ist. Vier Stunden noch. Wie soll ich das überleben?
    Donnerstag, 18.00
    Die Deadline ist um, der Anruf ist nicht gekommen. Ich fühle mich, als wäre jemand gestorben, völlig leer, völlig verbraucht und wertlos. Ich glaube, ich selbst bin zu einem Teil gestorben. Warum nur? Warum ausgerechnet ich? Ich habe alle Fragen richtig beantwortet, alle! Ich habe nichts falsch gemacht, war gewitzt und habe kluge Dinge gesagt. Seit einer Stunde habe ich mich in meinem Zimmer eingeschlossen. Das Telefon liegt auf dem Boden, ich umrunde es und beobachte das Meerschwein beim Herumtollen auf dem Balkon; ich will gar nichts denken und denke viel zu viel. Und ich schwitze, weil mir unglaublich heiß ist, obwohl das Innenthermometer lediglich neunzehn Grad anzeigt. Ich habe versagt! Die ganzen Dumpfbacken, die sich schon auf diesen Stuhl gesetzt haben, wie haben die das gemacht? War ich vielleicht zu gut? Nehmen die keinen, der alles weiß? Nehmen die lieber Hornochsen, die ohne Geld um die Welt trampen, wenn sie nicht gerade in der Sendung sitzen, nur damit sie davon erzählen können? »Diese Sendung kann Ihr Leben verändern, und jeder kann es schaffen« – so wurden die allerersten Sendungen damals beworben. Und jetzt soll es darauf ankommen, dass man eine möglichst lustige Lebensgeschichte, ein Tattoo

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