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Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Titel: Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ritter
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Angestellten und mich einführen, dann ist das alles umsetzbar.
    »So, bitte, Paul, zwanzig achtzig, kleiner hab ich’s leider nicht.«
    »Kein Problem, Frau Oberhaid, vier Cent retour, und einen schönen Tag wünsche ich!«
    »Ach, Paul, eines noch.«
    »Ja, Frau Oberhaid?«
    »Ich hab das Schild gesehen, am Eingang. Nehmen Sie da auch Minderjährige?«
    Um mich mit allen mir möglichen geistigen Ressourcen auf die Sendung vorzubereiten, hatte ich beschlossen, noch ein paar Tage meines reichlich vorhandenen Resturlaubs zu nehmen, um mich zusammen mit Herrn Müller und Katja für alle Wissensgebiete fit zu machen. Den Plan hatte ich ja schon vor der Zusage im Kopf. Ich will Annette nicht noch mehr Tage allein im Laden zumuten, deshalb suchen wir nun dringend eine Aushilfe, die mich kurzfristig vertreten soll. Das Pappschild mit der Stellenanzeige hatte ich erst einige Minuten bevor Frau Oberhaid zum täglichen Einkauf erschienen war an die Ladentür gehängt.
    »Wie minderjährig denn genau?«, frage ich voller Hoffnung, dass sich die Dinge vielleicht einfach und schnell regeln lassen.
    »Etchen ist siebzehn.«
    Warum Frau Oberhaid ihrem Sohn nun ausgerechnet den für sie unaussprechlichen französischen Vornamen Etienne hat geben müssen, ist wohl eine Frage im Millionenbereich.
    »Das wäre absolut kein Problem. Wir dürfen Arbeitskräfte ab sechzehn beschäftigen. Natürlich würde es nicht sehr viel Geld …«
    »Etchen braucht überhaupt kein Geld, aber eine Beschäftigung, die braucht er dringend. Seine Ausbildung fängt erst im Herbst an, und bis dahin hat er anscheinend vor, zu Hause zu sitzen und auf seinem Telefon rumzuwischen.«
    »Wir könnten es auch als eine Art Praktikum …«
    »Hervorragend, Paul. Ich bringe ihn dann morgen mit.«
    »Gerne, fragen Sie ihn, dann können wir morgen ein Vorstellungsgespräch …«
    »Der wird nicht gefragt und braucht auch kein Vorstellungsgespräch«, rumpelt sie los. Wenn Frau Oberhaid ins Rumpeln gerät, ist keine Einrichtung sicher. Nicht dass es mich stören würde, aber ganz nüchtern betrachtet braucht sie, wenn sie ins Kino geht, den Doppelplatz für Pärchen. Ihre physische Präsenz ist so einschüchternd, dass ich mir Sorgen um mein Inventar machen würde, würde sie richtig loslegen. Doch sie hat sich schon wieder gefangen und diktiert fast sachlich die Vorgehensweise: »Sie lernen ihn morgen ein, Paul! Der Junge muss was zu tun kriegen. Ich ertrage das Herumgelungere nicht mehr. Der muss raus!«
    Frau Oberhaids ansonsten berüchtigte Nettigkeit scheint innerhalb ihrer Familie nicht so ausgeprägt zu sein wie bei ihren Einkäufen oder ihren Rundgängen im Dorf auf der Suche nach neuen Informationen aller Art. Da es nicht schaden kann, mal etwas frischen, jugendlichen Wind im Laden zu haben, widerspreche ich ihr nicht, begleite sie sogar zum Eingang/Ausgang und nehme das Schild mit dem Stellenangebot direkt wieder aus der Tür. Wir besiegeln Etiennes ungeschriebenen Arbeitsvertrag mit einem gegenseitigen Zunicken und sagen zeitgleich »Auf Wiedersehen«. So macht man Business im Dorf.
    Donnerstag, 08.02
    Etienne Oberhaid scheint wirklich nicht sonderlich motiviert, sich etwas anderes als das Display seines Smartphones vor Augen zu führen.
    »Etchen! Jetzt schalt das Ding aus! Sonst nimmt es der Paul dir weg!«, herrscht Frau Oberhaid ihre letzte Hoffnung auf den Fortbestand des Familiennamens an. Ich befürchte, meine natürliche Autorität reicht nicht aus, um ihre Drohungen wahr machen zu können. Ich arbeite nicht mit Verboten, sondern mit Lob und Motivation, außerdem ist Etienne Oberhaid zehn Zentimeter größer als ich und erscheint mir für sein Alter sehr muskulös. Auf natürliche Art muskulös, wie Jugendliche das eben sind, er trainiert sicher nicht viel, wenn er nur untätig herumliegt, wie seine Mutter sagt. Und er sieht, das muss man so ganz objektiv einfach sagen, aus wie ein junger Gott; als wäre er aus einem Hollywoodfilm herausgehüpft und hier gelandet. Dass Frau Oberhaid und ihr pflaumengesichtiger Mann das zustande bringen konnten, widerspricht jeder genetischen Lehre. Mir ist es völlig egal, wie viel Arbeitszeit er mit seinen Apps verschwenden wird. Wenn es sich herumspricht, dass man in meinem Laden täglich zehn Stunden diesen Adonis bestaunen kann – die weibliche Dorfjugend wird uns einen enormen Umsatzzuwachs bescheren. Ich kann schon die Eurozeichen vor mir aufblitzen sehen. Mir kommt sofort die Idee, einen lebensgroßen

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