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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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sagte sie, als sie am nächsten Morgen aufwachten, »Salad-Liebling, dass du wirklich gut aussiehst, ehrlich. Eine Haut wie Milch und Honig, und das als Englandheimkehrer. Jetzt wo Gibril getürmt ist, könntest du an der Reihe sein. Das ist mein Ernst, yaar. Sie brauchen ein neues Gesicht. Komm nach Hause, und du könntest der Nächste sein, größer als Bachchan, größer als Farishta. Dein Gesicht ist nicht so komisch wie ihres.«
    Als er jung war, sagte er zu ihr, sei ihm jeder Lebensabschnitt, jedes Ich, das er ausprobierte, beruhigend provisorisch erschienen. Seine Unzulänglichkeiten spielten keine Rolle, weil er mühelos einen Augenblick durch den nächsten ersetzen konnte, einen Saladin durch einen anderen.
    Nun jedoch begannen Veränderungen zu schmerzen; die Arterien des Möglichen verkalkten allmählich. »Es ist nicht einfach, dir das zu sagen, aber ich bin jetzt verheiratet, und das nicht nur mit einer Frau, sondern mit dem Leben. In Wirklichkeit bin ich nur aus einem einzigen Grund nach Bombay gekommen, und zwar nicht wegen des Stücks. Er ist jetzt Ende Siebzig, und mir werden sich nicht mehr viele Gelegenheiten bieten. Er war nicht in der Vorstellung; der Prophet muss zum Berg gehen.«
    Mein Vater Changez Chamchawala, Besitzer einer Wunderlampe. »Changez Chamchawala, ist das dein Ernst, glaub bloß nicht, ich käme nicht mit.« Sie klatschte in die Hände. »Den will ich mir vom Scheitel bis zur Sohle genau ansehen.« Sein Vater, der berühmte Einsiedler. Bombays Kultur bestand aus Imitationen. Seine Architektur imitierte den Wolkenkratzer, sein Kino erfand Die glorreichen Sieben und Love Story unablässig neu, wobei es seinen Helden zur Auflage machte, mindestens ein Dorf vor mordlustigen Banditen zu retten, und all seine Heldinnen verpflichtete, mindestens einmal in ihrer Laufbahn an Leukämie zu sterben, vorzugsweise gleich zu Beginn. Auch seine Millionäre waren dazu übergegangen, ihr Leben zu importieren. Changez’ Unsichtbarkeit war ein indischer Traum des millionenschweren armen Tropfes, der zurückgezogen in seinem Penthouse in Las Vegas lebt; aber ein Traum war schließlich kein Foto, und Zeeny wollte mit eigenen Augen sehen. »Er schneidet den Leuten Grimassen, wenn er schlechter Laune ist«, warnte Saladin sie. »Keiner glaubt es, bis es passiert, aber es ist wahr. Und was für Grimassen! Richtige Fratzen. Außerdem ist er prüde und wird dich eine Schlampe nennen, und überhaupt werde ich höchstwahrscheinlich Streit mit ihm bekommen, das sehe ich voraus.«
    Weswegen Saladin Chamcha nach Indien gekommen war: Vergebung. Deswegen war er in seiner alten Heimatstadt. Aber ob er sie erteilen oder empfangen würde, das konnte er nicht sagen.
     
    Bizarre Aspekte der gegen wärtigen Lebensumstände von Mr. Changez Chamchawala: mit seiner neuen Frau, Nasreen der Zweiten, lebte er fünf Tage in der Woche auf einem von einer hohen Mauer umgebenen Grundstück, scherzhaft das Rote Fort genannt, im Bezirk Pali Hill, der sich bei Filmstars großer Beliebtheit erfreute; aber jedes Wochenende kehrte er ohne seine Frau in sein altes Haus in Scandal Point zurück, um Tage der Ruhe in der verlorenen Welt der Vergangenheit zu verbringen, in Gesellschaft der ersten - und toten - Nasreen.
    Überdies wurde behauptet, dass seine zweite Frau sich weigere, das alte Haus zu betreten. »Oder sie darf nicht«, mutmaßte Zeeny im Fond der Mercedes-Limousine mit dunklen Fenstern, die Changez geschickt hatte, um seinen Sohn zu holen.
    Während Saladin weiter die Hintergründe beleuchtete, pfiff Zeenat Vakil anerkennend. »Wahnsinnig.«
    Das Chamchawala Kunstdünger-Unternehmen, Changez’
    Dünger-Imperium, sollte wegen Steuerbetrugs und Importsteuerhinterziehung von einer Regierungskommission überprüft werden, aber das interessierte Zeeny nicht. »Jetzt«, sagte sie, »werde ich endlich herausfinden, wie du wirklich bist.«
    Scandal Point breitete sich vor ihnen aus. Saladin spürte die Vergangenheit wie eine Flut über sich hereinbrechen, ihn unter sich begraben, seine Lunge mit ihrer alten Salzigkeit füllen.
    Heute bin ich nicht ich selbst, dachte er. Das Herz flattert. Das Leben fügt den Lebenden Schaden zu. Niemand von uns ist er selbst. Niemand von uns ist so.
    Inzwischen versiegelten Stahltore, die mit einer Fernbedienung betätigt wurden, den zerfallenden Triumphbogen. Sie öffneten sich mit einem leisen, surrenden Geräusch und ließen Chamcha ein in diesen Ort der verlorenen Zeit. Als er den Walnussbaum

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