Die Satansbraut
passiert.« Seine Stimme
wurde versonnen. »Aber Mr. Robinson wollte uns nicht erzählen, was es war.«
»Und wieso bist du sicher, daß
die Höhle zum Keller führt?«
»Sicher bin ich nicht«, sagte
er ruhig. »Ich hab’ Ihnen nur gesagt, das sei Mr. Robinsons Meinung, weil das
Haus nämlich direkt über diesem Felsen steht.«
»Hast du vielleicht eine
Taschenlampe?« fragte ich hoffnungsvoll.
Er lächelte mich etwas
herablassend an. »Am hellen Tag?«
Plötzlich schrillte eine Pfeife
unbehaglich nahe und ließ mich beinahe aus der Haut fahren.
»Das ist Mr. Robinson.« Alfreds
Miene wurde ausgesprochen sauer. »Er muß schneller umgekehrt sein, als ich
dachte, und nun hat er unsere Spur hierher entdeckt.«
»Du meinst, er kann jeden
Moment hier sein?« quiekte ich.
»Schätzungsweise.« Sein Gesicht
erstrahlte plötzlich hell wie ein Weihnachtsbaum. »Eben ist mir was
eingefallen! Da werfen sie mich ganz bestimmt ’raus. Würden Sie mir dabei ein
bißchen helfen, Miss?«
»Wobei denn?« krächzte ich.
»Nun ja...« Er lächelte mich
bittend an. »Wenn Mr. Robinson kommt und wir uns in diesem Augenblick küssen
oder umarmen oder so...«
»Du schreckliches kleines
Biest!« zischte ich ihn an. »Wenn du glaubst, ich...«
»Na, denn nicht.« Sein Gesicht
wurde wieder mürrisch. »In diesem Fall muß ich ihm wohl berichten, was
tatsächlich passiert ist.«
»Was meinst du damit?« Ich
blitzte ihn an.
»Daß ich Sie im Wald getroffen
habe, und Sie haben sich ganz ausgezogen und gesagt, ich sei wirklich ein
hübscher Junge, und ob ich nicht mit Ihnen in die Höhle kommen wolle.«
»Alfred!« sagte ich
entgeistert. »Du... Du bist der gemeinste kleine Erpresser, der mir je...«
Wieder trillerte die Pfeife,
und diesmal schien das aus dem nächsten Gebüsch zu kommen. Ich entschied
blitzschnell, jedes Schicksal sei besser, als hier die Gegenüberstellung mit
Mr. Robinson abzuwarten, während Alfred seine häßlichen Lügen auftischte. Und
so rannte ich in die Höhle und ging erst langsamer, als es völlig dunkel um
mich wurde.
6
Nach einer Weile bekam ich das
Gefühl, Mr. Robinson und Alfreds Lügen seien der Höhle vorzuziehen gewesen. Bis
zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich für ziemlich mutig gehalten, aber in der
verdammten Höhle war es so finster, daß mich der Mut verließ. Je weiter ich
kam, desto langsamer ging ich, und meine Phantasie begann, Amok zu laufen. Dann
schrie ich laut auf, denn mein Schienbein war schmerzhaft an etwas Festes
geprallt. Ich kniete vorsichtig nieder, massierte das schmerzende Bein und
fühlte mit den Fingern nach dem Hindernis.
Es war eine Stufe, entdeckte
ich schließlich. Darüber befand sich noch eine. Ich stieg die beiden Stufen
hinauf, tastete mit dem Fuß nach der dritten und fand sie auch. Auf ihr
stocherte ich mit den Zehen nach der vierten und stieß an etwas Hartes und
Schmerzendes. Zunächst dachte ich, dies sei das Ende des Weges, und ich stehe
an einem Felsen. Aber als ich weitertastete, schien die Fläche dafür zu glatt.
Sie fühlte sich nach Holz an. Entweder war die Höhle innen mit Holz verkleidet,
oder das war eine Tür. Ich fühlte herum, und gerade, als ich aufgeben wollte,
fand ich den Türknopf.
Innerlich frohlockend, drehte
ich den Knopf mit einiger Mühe und riß mit einem heftigen Ruck daran, aber
nichts rührte sich. Ich versuchte es erneut — mit demselben Ergebnis.
Schließlich stemmte ich ein Bein an die Wand und zerrte mit beiden Händen an
der Tür, wie ich noch nie an etwas gezerrt hatte. Noch immer tat sich nichts,
außer daß ich das schlimme Gefühl bekam, ich hätte mir einen Bruch zugezogen.
Da überließ ich mich einer typisch weiblichen Reaktion und fing zu heulen an,
freilich mehr aus Wut denn aus Schwäche. Es war einer von diesen Augenblicken,
in denen eine Dame ihrer Enttäuschung Ausdruck verleihen muß, indem sie mit dem
Fuß aufstampft oder sonst etwas Dummes tut. Nur wußte ich, daß es sehr töricht
gewesen wäre, mit dem Fuß auf die harte Steinstufe zu trampeln, deshalb
trommelte ich statt dessen mit beiden Händen gegen die Tür. Da ging sie nach
innen auf, und ich fiel auf die Nase.
Ich rappelte mich wieder auf
und empfand tiefe Erleichterung, als ich den Lichtschimmer gewahrte. Er war
nicht hell, aber in dieser Situation wäre mir ein Kerzenflämmchen wie ein
Scheinwerfer vorgekommen. Ich muß in einem schmalen Gang mit einer scharfen
Biegung gestanden haben, die sich etwa sieben Meter vor mir
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