Die Satansbraut
sie zuckte nicht mal. Ich schüttelte sie aufs
neue, noch heftiger, aber auch das half nichts. Da packte ich sie an den
Schultern und zog sie hoch, bis sie saß, aber auch jetzt schlug sie die Augen
noch nicht auf.
Ich tat’s ja nicht gern, aber
ich hatte keine andere Wahl. Jedenfalls half’s . Als
ich sie links und rechts geohrfeigt hatte, öffneten sich endlich ihre Augen.
Sie starrte mich dumpf an, ohne ein Zeichen, daß sie mich erkannte, und sagte
mit belegter Stimme: »Du hast mir wehgetan.«
»Wir müssen hier ’raus, und
zwar schleunigst«, sagte ich.
»Laß mich in Ruhe!« Ihre Augen
begannen sich wieder zu schließen. »Laß mich schlafen.«
»Meine Beste«, knirschte ich,
»wir kommen hier heraus, und wenn ich dich hinausprügeln muß.«
»Geh weg!« sagte sie und machte
die Augen wieder fest zu.
Ich ohrfeigte sie erneut,
rechts und links, und diesmal klappten die Lider sogleich auf.
»Los, komm!« Ich zog ihr die
Beine vom Altar, bis die Füße den Boden berührten, dann faßte ich sie an den
Schultern und stellte sie auf.
Als sie zu schwanken anfing,
klatschte ich ihr nochmals ins Gesicht, und diesmal unternahm sie einen
schwachen Versuch, zurückzuschlagen. Das war eine Besserung, aber sie hielt
nicht lange vor. Ein paar Sekunden später wollten ihr die Augen schon wieder
zufallen. Und in diesem Moment hatte ich meinen grandiosen Einfall (Johnny Rio
meint zwar, ich habe niemals Einfälle, geschweige denn grandiose, aber
schließlich ist er auch nur ein dummer Mann). Ich brauchte doch nichts weiter
zu tun als ihr einzureden, ich trage eine Bocksmaske und ein langes schwarzes
Gewand!
»Komm, mein Kind«, sprach ich
mit der tiefsten Stimmlage, die ich zuwege brachte. »Du mußt gehen.«
»Ja«, sagte Celestine, ohne die
Augen zu öffnen.
Ich packte sie am Arm und zog
sie hinter mir her. Sie folgte recht willig, und ich blieb stehen, als wir das
Kleiderbündel erreicht hatten.
»Warte hier einen Moment, mein
Kind«, sagte ich.
»Ja.« Sie wartete und schien
dabei im Stehen zu schlafen.
Es dauerte ein Weilchen, bis
ich meine Sandalen angezogen und auch Celestine dazu gebracht hatte, in ihre zu
schlüpfen. Dann hob ich unsere Sachen auf, wickelte sie zusammen und klemmte
sie unter den Arm.
»Geh weiter, mein Kind«,
kommandierte ich, ergriff sie wieder am Arm und dirigierte sie zum Gang.
Schließlich standen wir an der
Tür. Ich schob sie in die Höhle hinaus, folgte und schloß die Tür hinter mir.
»Es ist so finster«, sagte sie.
»Da hast du sehr recht«,
stimmte ich zu.
»Wie bitte?« In ihrer Stimme
schwang Angst.
»Wie du schon sagtest, mein
Kind, es ist dunkel.« Ich senkte die Stimme wieder. »Aber das Kind Astaroths fürchtet die Finsternis nicht.«
»Nein«, sagte Celestine ruhig.
Das Verlassen einer Höhle ist
leichter, als sie zu betreten, erkannte ich wenig später. Auf dem Weg hinein
umgibt einen fast sofort völlige Finsternis, aber auf dem Rückweg sieht man
schon von weitem einen ersten Lichtschimmer. Ich blieb stehen, als wir den
Eingang erreicht hatten, denn ich hatte das ungute Gefühl, Alfred könne noch in
der Nähe stecken und auf den Anblick zweier nackter Damen warten. Schlimmer
noch! Er hatte womöglich diesen reizenden Mr. Robinson bei sich, und ich wollte
nicht dafür verantwortlich sein, was dem armen Mr. Robinson vielleicht aus
unserem Anblick erwuchs!
»Es ist so hell«, sagte
Celestine mit klagender Stimme, als wir uns dem Loch im Felsen näherten. »Hier
gefällt es mir nicht.«
Sie blinzelte fortwährend in
die grelle Sonne, und mir wurde klar, daß ich vor allem anderen jetzt für sie
verantwortlich war.
»Komm schon«, sagte ich und
packte sie wieder am Arm.
Ich hatte Glück. Wir trafen auf
dem Weg zum Strand weder Pfadfinder noch sonstwen .
Ich führte Celestine bis ans Meer, dann hieß ich sie, die Sandalen auszuziehen.
»Und nun schwimm«, sagte ich.
»Ich kann nicht!« Sie verzog
den Mund wie ein ungehorsames Kind. »Ich möchte zum Altar zurück. Warum hast du
mich nicht mit meinem Vater Astaroth alleingelassen?«
»Schwimm!« befahl ich grimmig.
»Ich will nicht!«
Eines stand fest, dachte ich
bedauernd, die gute alte Flagellanten- Mavis hatte
heute ihren großen Tag. »Schwimm!« fuhr ich sie an und versetzte ihr einen
kräftig klatschenden Schlag quer über die Sitzfläche.
Sie stieß einen Angstschrei aus
und hüpfte nach vorn, wo sie nun bis zu den Knien im Wasser stand. Und dann,
als sie mit zornbebenden Lippen herumfuhr, da
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