Die Satojerin (German Edition)
vergessen? “, beendete sie ihren Satz. Da hat
es doch geklopft. Ich schwöre, dass es geklopft hat. Ich stand genau davor! Sie streckte ihren Kopf heraus, schaute den Gang entlang nach rechts und nach
links, aber weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Erneut schüttelte
sie den Kopf, schloss die Türe und sprach mit sich selbst. „Also langsam fange
ich an zu spinnen! Jetzt h ö re ich schon Geister! “ „Nein, das tust du nicht! “, zischte ihr eine widerliche, in den Ohren schmerzende Stimme
entgegen. Einen Klang wie diesen hatte Ally noch nie vernommen und sofort
machte sich das Bild einer Schlange vor ihrem inneren Augen breit. Ihr Kopf
schnellte in die Richtung, aus der die Stimme kam – aber auch hier war niemand
zu sehen. „ W … Wer, … was
bist du? “, stotterte Ally, noch immer nicht
glaubend, dass sie niemanden sehen konnte. Sicherlich spielten ihre Augen ihr
einen Streich. Das konnte nicht sein! „ Ich bin dein Tod! “, zischte es zur ü ck. „ Mein was ?! “ Diesmal kam die Stimme aus einer anderen Ecke
und Ally drehte sich reflexartig der Stimme nach, obwohl ihr bereits jetzt
schon klar war, dass niemand erscheinen w ü rde. Kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass es sich um
einen b ö sen Streich handelte, doch das verwarf sie
sofort wieder, weil sie merkte, dass die Situation zu ernst und der Hass, der
in der fremdartigen Stimme lag, zu groß war. Sie konzentrierte sich und zwang
sich langsam zu atmen, sich keine Angst anmerken zu lassen. „ Was willst du von mir?“ Ein fieses, ebenso
zischendes, Lachen hallte ihr entgegen und schien ihren K ö rper zu durchdringen. Das Lachen brachte sie
zum Fr ö steln. „ Was ich will?“ Es zischte erneut – noch gemeiner und h ö her, dass sich Allys Nackenhaare begannen aufzustellen, und sie
mit sich selbst kämpfen musste, sich nicht ihre Ohren zu zuhalten. „ Du dummes Weibsstück, hatte ich das nicht
gesagt?! Hör mir gefälligst besser zu! Ich will deinen Tod! Verabschiede dich
von deinem jämmerlichen Leben, K ö nigin! “ Das letzte
Wort betonte es so sp ö ttisch,
dass Ally das Gefühl hatte, ihr Magen drehte sich um. Kaum hatte es die Worte
zu Ende gesprochen, sank Ally vor Schmerzen auf die Knie. Irgendetwas hatte sie
im Gesicht getroffen. Ihre rechte Gesichtshälfte schmerzte wie Feuer und sie
spürte, wie heißes Blut langsam über ihre voll Schmerz pochende Wange hinunter
lief und schließlich auf ihr Kleid tropfte. Es fühlte sich so an, als hätte man
ihr mit einer Faust direkt ins Gesicht geschlagen. Ally zuckte zusammen und
wollte instinktiv ausweichen, doch sie sah noch immer ihren Angreifer nicht.
Sie blinzelte mit den Augen, um sich zu orientieren, doch schon zischte es
erneut. „ Das wird dir alles nicht bringen, du kannst
mich nicht sehen! Egal, wie sehr du dich anstrengst! “ Langsam, aber stetig kroch die Verzweiflung in
ihr hoch und Ally merkte, wie sie ihren Körper übernehmen wollte. Nein! Das
kannst du nicht zulassen, Ally! Kämpfe! Angst und Verzweiflung lähmen! Wenn du
das zulässt, kannst du dich dem Etwas gleich ergeben. Sie versuchte, einen
klaren Gedanken zu fassen. Es musste doch eine Lösung geben! Die
Trainingseinheit mit Thyria! Aber natürlich! schoss es ihr durch den Kopf. Als
wir geübt hatten, wie ich mich verhalte, wenn ich im Dunklen angegriffen werde. Ally schloss ihre Augen und atmete tief durch. Konzentriere dich
und beruhige dich! Sie wartete auf die nächste Bewegung ihres Attentäters,
die schneller kam, als sie sich erhofft hatte. Als sie spürte, wie sie ein
Luftzug streifte, reagierte sie blitzschnell. Ihr linkes Bein schnellte hoch
und sie nahm sofort wahr, dass sie etwas mit ihrem Fuß getroffen hatte. Sie
hörte, wie ihr Peiniger nach hinten taumelte und im nächsten Atemzug brach ihr
Stuhl mit einem lauten Krachen zusammen. S eltsam, es fühlt sich genauso an wie,
wenn ich sonst einen Menschen trete. Ally musste zugeben, dass sie damit
nicht gerechnet hatte. Ein hastiger Gedanke ergriff Besitz von ihr. Ein
Messer, ich brauche ein Messer! Ihre Lippen verzogen sich zu einem
bösartigen Lächeln.Ally rannte in ihr Schlafzimmer, wo sie eines ihrer
Messer unter der Matratze gegen mögliche Überfälle in der Nacht lagerte. Sie
hoffte inständig, dass sie ihren Angreifer so lange außer Gefecht gesetzt
hatte, dass sie sich zumindest bewaffnen konnte. Diesen Gefallen tat er ihr
allerdings nicht. Als sie sich über ihr Bett beugte und nach ihrem Messer
griff, spürte sie
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