Die Satojerin (German Edition)
Seine
Stimme wurde von ein solch einem kessen Unterton und einem noch unsittlicheren
Blick begleitet, dass Ally ein Schauer durchfuhr. Sie gab ihm einen Kuss und
verschwand auf die gleiche Weise, wie sie gekommen war.
Sie war vielleicht eine Minute wieder in ihrem
Schlafzimmer, als es an der Türe klopfte. Ihr Herz pochte schon wieder, weil
ihr bewusst war, dass wenn sie nur etwas später zurückgegangen wäre, ihr gerade
entdeckter Geheimweg nicht lange geheim geblieben wäre. Es war Gely. Sie
stürmte mit äußerst guter Laune hinein und flötete, „ Ally,
meine Ally, heute ist Ihr gro ß er Tag. Ally? Wo sind Sie? Was
machen Sie denn im Schlafzimmer? “ „ Eigentlich
nichts! “, fl ö tete
sie in gespielter, aber gleicher Tonlage wie ihre Amme zur ü ck. „ Naja,
wie dem auch sei! “ Gely hatte offensichtlich
nicht vor, auf sie einzugehen. „ Fangen wir an. Ich habe das
Kleid dabei, es wird Sie ü berraschen! “ Ally
schaute sich das Gewand an, das Gely in ihrem Wohnzimmer auf das Sofa gelegt
hatte, und konnte es kaum glauben. Es war wahrhaftig so viel anders, als sie
gedacht hatte. Es war nicht aufgebauscht, es war alles andere als pompös und
erdrückend – es war wunderschön. Ein Traum aus golden gefärbter Seide, trägerlos
und fließend. Der Brustbereich war mit ganz kleinen, schimmernden Diamanten
bestickt, die sich unter der Mitte ihrer Brust zu einem handbreiten Band
verschmälerten, das dann ihren Rock senkrecht bis zum Boden entlang lief. Der
Rest des Kleides war schlicht. Ally fehlten die Worte – was zugegebenermaßen
sehr selten war. „ Es, es ist perfekt! “ Das
war das Einzige, was sie herausbrachte. Gely l ä chelte. „ Ich
wei ß , es
passt perfekt zu Ihnen. Schlicht und edel, elegant, aber ohne Schnickschnack! “ Während ihre Amme eine fuchtelnde Handbewegung machte, glitt Allys Blick wieder
zu dem Kleid. „Richte der Schneiderin bitte meinen gr öß ten
Dank aus. Es ist unfassbar, dass diese Frau, obwohl sie mich nur ein einziges
Mal gesehen hatte, ein das perfekte Kleid f ü r mich
anfertigen konnte! “
Nachdem Ally Gelys übliche Prozedur über sich ergehen hatte
lassen, betrachtete sie sich im Spiegel. Ihre Augen glänzten und sie fühlte
sich fürwahr wie eine Königin. „Ich bin wundersch ö n! “ „ Na
endlich bemerkt sie es auch einmal! “ Allys
Kopf schnellte herum. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass auf einmal Thiu, Juna
und Carr im Raum standen. Die Stimme, die das gesagt hatte, kannte sie nur zu
gut: sie geh ö rte Thiu. Ihr Bruder umarmte sie. „ Ich w ü nsche
dir alles Gute für heute. Ich liebe dich! Nein, wir lieben dich!“ Ally
k ä mpfte
mit den Tr ä nen, zwang sich aber, nicht zu weinen, da sie
Gelys Kunstwerk nicht ruinieren wollte.
Als sie an der Kathedrale angekommen und eingetreten waren,
fiel Ally auf, dass das Gebäude viel größer war, als es von außen aussah. Sie
war noch immer in Carrs Arm eingehängt und dieses Mal war sie für den Halt so
dankbar wie noch nie. „ Keine Angst, ich bin immer
neben dir “ , fl ü sterte
Carr ihr ins Ohr. „ W ä hrend
der ganzen Kr ö nung. Wenn du mich brauchst, gib mir ein Zeichen! “ Als
er sah, dass Ally langsam nickte, sprach er weiter. „ Und du
bist wirklich wundersch ö n, Ally. Der ganze Hof wird
sich in die verlieben! “ Ally sch ü ttelte
augenrollend den Kopf und stieß Carr ihren Ellbogen in die Rippen.
Als sie eintrat und die Anwesenden bemerkten,
dass ihre Königin in Spe nun angekommen war, standen alle auf und verneigten
sich. Ally erklomm ein Gefühl, das sie nicht deuten konnte, aber angenehm war
es ganz sicher nicht. Carr brachte sie nach vorne. Ally, die noch immer an seinem
Arm war, musste unwillkürlich an eine Braut mit ihrem Brautvater denken. Sofort
schickte sie den Gedanken wieder fort und konzentriere sich ganz auf das
bevorstehende Ereignis. Sie hörte von allen Seiten die Leute tuscheln, aber sie
nahm es ihnen nicht übel, denn wenn sie an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte sie
sich sicherlich nicht anders verhalten. Als sie vorne am Altar ankamen, wurde
sie vom obersten Rat ihres Königreiches begrüßt. Der oberste Rat setzte sich
aus ihren obersten Richtern, Thola und Thiudarec, als ihre engsten Berater,
ihrem Außenminister und dem ersten Geistlichen des Königreiches zusammen. Der
erste Geistliche war ein symbolisches Überbleibsel aus alten Tagen, denn in
Asuda waren der Glaube und die Regierung des Königreiches längst getrennt
worden. Dies hatte bereits Allys
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