Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
Großbuchstaben.«
»Oh,
das
hat aber gesessen, Karl«, sagte Jesus mit einem verhaltenen Lächeln. »
Glaub
an mich. Ich
kann
dir helfen. Lass mich dich zum Glauben zurückführen. Vielleicht sollte ich dich Judas vorstellen?
Das
wäre ein Optimist nach deinem Geschmack. Er ist für alle hoffnungslosen Fälle zuständig.«
»Ich
brauche
keine Hilfe. Ich finde alles selbst heraus. Immer.«
»Es muss schrecklich sein, wenn man so perfekt ist. Als Nächstes versuchst du noch, auf dem Wasser zu wandeln, wenn du wieder zu viel Hennessy intus hast.«
»Lassen Sie mich in Ruhe! Ich brauche niemanden! Daran habe ich
keine Zweifel
!« Karl drückte sich die Hände fest auf die Ohren, hörte die Stimme aber immer noch.
Plötzlich lief an der gegenüberliegenden Wand geisterhaft ein knisternder Schwarz-Weiß-Film an.
»Was … was machen Sie?«
»Ich dachte mir, du siehst dir vielleicht gern einen frühen Stummfilm mit mir an, der alten Zeiten wegen.«
Unheimliche Klaviertöne fügten sich zur Melodie von
Stormy Weather
zusammen. Karl spürte ein Kribbeln im Nacken.
Plötzlich erwachte die Leinwand zum Leben; nacheinander zuckten Blitze über die dunkle Decke und erhellten eine Art von großer, rustikaler Küche. Ein Mann saß an einem Tisch. Karl sah nur seinen Rücken, bekam aber dennoch eine Gänsehaut. Der Mann blickte das lange, dunkle Paradies eines Gewehrlaufes entlang, der ihm fest an den Kopf gedrückt wurde. Ein untersetzter Mann mit einer Haut wie Dörrfleisch und einem Grinsen, das sein Gesicht bis zum Zerreißen spannte, hielt die Waffe.
Blitze zuckten hinter den Fenstern. Alles war in Schwarz-Weiß gehalten, abgesehen von einer Lache Blut, das aus dem Körper eines Mädchens am Boden lief. So rotes Blut hatte Karl noch nie gesehen. Es erinnerte ihn an Supermans Umhang. Ein weiterer Schütze stand über dem Leichnam und warf schallend lachend den Kopf in den Nacken, wie eine Hyäne auf zwei Beinen.
»Was soll …?« Karl versuchte, einen Gang hochzuschalten, aber alles spielte sich in Zeitlupe ab.
Die Hyäne war jetzt halb nackt; mit steifem, haarigem Penis bestieg sie den Leichnam. Spucke sammelte sich auf den Lippen der Hyäne.
Der Schütze am Tisch sagte etwas, aber es waren keine Worte zu hören. Er drückte dem Mann das Gewehr noch fester an den Kopf und spannte den Hahn. Er grinste.
Komischerweise flogen Bruchstücke des Tisches davon, sodass ein augenförmiges Loch in der Mitte der Tischplatte entstand. Plötzlich wurde der Kopf des Schützen brutal nach hinten geschleudert; sein Kinn zeigte eine winzige Höhlung, Kirk Douglas’ berühmtem Grübchen nicht unähnlich. Ein dünnes Rinnsal Blut floss aus der Öffnung und bildete einen roten Fleck auf der Brust. Er bewegte sich nicht. Er gab keinen Laut von sich. Seine Augen sahen aus wie Glas.
Träger Rauch kräuselte sich aus dem Loch in der Tischplatte.
Der Mann am Tisch stand auf, richtete die Waffe auf die Hyäne am Boden, schoss zwei Mal und tötete sie.
»Schalten Sie das verdammte Ding ab!«, kreischte Karl. »Schalten Sie es ab!«
Die Leinwand löste sich plötzlich auf.
»Du hast keine Skrupel gehabt, Bulldog zu töten. Oder Detective Cairns«, sagte Jesus.
»Sie … sie hatten es verdient. Bulldog und Cairns haben … viele Menschen ermordet … Jenny Lewis ermordet … ihre Mutter. In meinem Fall war es … war es nur … Notwehr.«
»Ja, das weiß ich. Aber es hat richtig gutgetan, als du sie erschossen hast, nicht?«
»Sie waren Schurken … Schläger … haben … haben immer auf den Schwachen herumgehackt.« Karl hielt sich wieder die Ohren zu. Er wollte, dass diese vorwurfsvolle Stimme endlich verstummte und ihn nicht mehr quälte. »Die haben … jeden ermordet, der sich ihnen in den Weg gestellt hat.«
»Das stimmt alles«, gab Jesus zu. »Aber du hast dich auf ihr Niveau herabgelassen, Karl, oder nicht? Du wirfst gern einen Blick in den Abgrund, nicht? Die Erleichterung danach ist enorm. Stimmt’s?«
»Lassen Sie mich in Ruhe!« Er drückte die Hände noch fester an den Kopf. Ihm war, als würde sein Kopf gleich explodieren. »Sie sind nicht real!«
»Wenn du nicht an mich glaubst, kann ich dir nicht helfen.« Jesus streckte die blutenden Hände aus. »Bitte, und so wirst du empfangen, Karl. Ich kann dir helfen.«
»Fassen Sie mich nicht mit diesen Händen an! Ich brauche Sie nicht!« In Karls Kopf drehte sich alles. »Brauche Sie nicht. Brauche … Sie … nicht … nicht …«
»Okay. Wenn das
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