Die Schatten schlafen nur
gewesen, der beste, den man sich wünschen konnte.
»Was machst du eigentlich hier? Ich denke, du hast Urlaub.«
»Hatte! Die Betonung liegt auf ›hatte‹! Die Elektrik is’ unter Dach un’ Fach, un’ wat jetz’ kommt, Tapeten un’ Anstreichen un’ so wat, dat is’ mehr so die Spezialität von meine Frauen. Die Nadine hat grad Semesterferien, un’ die beiden Kleinen hat die Mutti auch drangekriegt. Ich kann dir sagen, die sind vielleicht am Brasseln. Denen kommt man besser nich’ unter de Füße.«
»Verstehe ich gut, Ackermann, aber ich bin ziemlich in Eile. Ich wollte mich schon vor zwanzig Minuten mit Ulli in unserem neuen Haus treffen. Wir müssen Tapeten abreißen.«
»Un’ wie macht er dat?«, fragte Ackermann herausfordernd. »Dat Tapetenabreißen?«
Jetzt wurde van Appeldorn doch langsam ungeduldig. »Himmel! Wie wohl? Mit Tapetenablöser und Spachtel.«
»Da hasset! Genau so hab ich mir dat vorgestellt. Tapetenablöser un’ Spachtel! Bisse ausse Steinzeit, oder wat? Wollteste da noch nächs’ Jahr mit zugange sein? Da nimmt man die Giftspritze für, dat weiß doch jedes Blaach.«
»Klar doch, Ackermann, Giftspritze.« Van Appeldorn zeigte ihm den Vogel.
»Die, wo de auch Unkrautex mit versprühs’, dat Rückending. Warm Wasser rein, ordentlich Spüli dabei, drauf spritzen, zehn Minütkes warten, un’ schon ziehste jede Bahn ganz von selbs’ ab. Ich seh schon, ich muss gleich ma’ ebkes bei euch vorbeikommen mit meine Spritze. Kann man sich ja nich’ mit angucken so Anfänger im Tapezierwesen!«
»Hast du nicht gerade noch erzählt, dass du keine Ahnung davon hast?« Van Appeldorn wehrte sich noch.
»Dat hab ich nich’ gesacht! Wenn einer davon Ahnung hat, Jung … Ach wat! Hat wat mit de Kräfteverteilung inne Familie zu tun, aber dat verstehs’ du wahrscheinlich sowieso nich’. Wie isset jetz’? Könnt er Hilfe brauchen?«
Ulli mochte Ackermann, hatte ihn von Anfang an gemocht. Sie amüsierte sich über seine Sprüche und Geschichten. Sie fragte und fragte und ließ ihn erzählen, und Ackermann drehte voll auf. Irgendwann ertappte sich van Appeldorn dabei, dass auch er genüsslich Ackermanns Selbstgedrehte rauchte, während sie die Einwirkzeit der Lauge abwarteten – die Methode funktionierte tatsächlich –, und Spaß hatten. Dann klingelte sein Mobiltelefon.
Es war seine Frau. »Ich muss dich sprechen. Komm bitte sofort her!«
»Ist was passiert?«
»Passiert? Der Brief von deinem Anwalt, der ist passiert! Und ich sage dir schon mal gleich, ich bestehe auf dem vollen Trennungsjahr. Auf irgendwelchen anderen Mist lasse ich mich nicht ein. Und was den Unterhalt betrifft, da werden dir noch die Augen übergehen, verstanden?«
»Gut, verstanden.«
»Das ist alles? Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
»Nein.«
»Ach, jetzt kapier ich! Du hast wohl gerade dein Betthäschen auf dem Schoß.«
»Marion.«
»Und außerdem geht es Nora ganz schlecht.«
»Was hat sie denn?«
»Fieber, sie hat hohes Fieber.«
»Wie hoch?«
»Hoch genug. Ich habe furchtbare Angst!«
»Ruf den Arzt an.«
»Das ist doch nicht zu fassen! Hörst du dich eigentlich manchmal selbst? Dein Kind geht hier vor lauter Kummer vor die Hunde und du sagst, ich soll den Arzt anrufen.«
»Ich war gestern viereinhalb Stunden mit Nora zusammen. Sie war kerngesund und wir hatten eine Menge Freude. Außerdem weiß sie, dass ich sie am Samstag wieder abhole und dass sie bei uns übernachtet.«
»Bei uns? Dein Flittchen ist also immer mit von der Partie? Genau so hab ich mir das vorgestellt. Aber das habe ich heute schon mit meinem Anwalt besprochen, ob das moralisch zu vertreten ist. Ob man das dem Kind zumuten kann, werden wir vor Gericht klären. Bald, mein Lieber, sehr bald.«
»In Ordnung. Auf Wiedersehen, Marion.« Ulli hockte sich neben ihn auf den Boden und nahm ihn in die Arme. Ackermann zog leise die letzten beiden Tapetenbahnen ab und drehte sich dann mit kleistrigen Fingern eine| neue Zigarette. »Scheißspiel … Aber wat anderes: Ich hab mich ma’ so umgetan von wegen Nierswalde. Interessiert dat wen?«
»Im Moment, glaube ich, nicht so, Jupp«, antwortete Ulli leise.
»Is’ schon klar.« Ackermann begann, seine Utensilien zusammenzupacken. »War ’n Versuch wert«, murmelte er vor sich hin. »Un’ ich hätt’ auch noch ’ne Frage gehabt.«
Van Appeldorn drehte sich um und grinste auf einmal. »Hast du noch eine von deinen lockeren Javaanse Jongens?«
»Klaro!« Ackermann warf ihm
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