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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Fegan rieb die Knochen aneinander.
    »Wer ist der Bulle?« Toners Schreie übertönten die Frage, deshalb stellte er sie noch einmal, diesmal lauter: »Wer ist der Bulle?«
    »Aufhören! Um Gottes willen, hör auf!«
    Fegan ließ die Finger los und packte stattdessen Toners Handgelenk. Die Hitze aus der Hand des Anwalts schien auf das ganze Wageninnere abzustrahlen, begleitet vom beißenden Geruch nach Schweiß und frischem Urin. Eine Übelkeitswelle rollte über Fegan hinweg, aber er kämpfte sie nieder.
    »Wer ist der Bulle?«, fragte er.
    »O mein Gott… mein Gott… Brian Anderson. Er ist Sergeant. Wir haben ihn schon seit Jahren. Seit den Achtzigern.«
    »Was erledigt er für euch?«
    Toner stieß die Luft aus, sein Gesicht war schmerzverzerrt. »In letzter Zeit nicht mehr viel. Hier und da gibt er uns noch einen Tipp, wenn eine Razzia geplant ist. McGinty zahlt ihm jede Woche ein paar Kröten, um ihn bei Laune zu halten.«
    Fegan ließ seine Hand sinken, so dass Toners Handfläche jetzt darauf ruhte.
    »Du hast gesagt, in letzter Zeit nicht mehr viel. Und davor, was habt ihr da von ihm bekommen?«
    »Informationen«, keuchte Toner. »Über andere Bullen. Über ihre Autos, wo sie wohnten, was sie tranken, wo ihre Kinder zur Schule gingen. Er hat Informationen an McGinty verkauft.«
    Fegan erinnerte sich. Er erinnerte sich an das Gesicht des RUC-Mannes, als er die Waffe in Fegans Hand gesehen hatte.
    »Er wurde verletzt, kaum dass er einen Monat seinen Posten hatte«, fuhr Toner fort, nach jedem Wort hechelnd. »Eine selbstgebastelte Bombe hat ihn auf Patrouille erwischt. Die Hüfte war hinüber. Ein Krüppel, und das mit 23. Seitdem war er nur noch Schreibtischhengst. Verwaltung, Archiv, Telefondienst, solche Sachen. Er ist ein verbitterter armer Schlucker. Hat angefangen, seine eigenen Kameraden zu verkaufen. Ich habe mich immer ums Finanzielle gekümmert. Ihn bezahlt. O Gott, Gerry, McGinty wird mich umbringen.«
    Toner winselte und bettelte weiter, aber Fegan bekam es gar nicht mit. Er hatte aufgehört, zuzuhören, und angefangen, sich zu erinnern.
     
    Es war Fegans erster Mord. Weniger als eine Woche nach seinem zwanzigsten Geburtstag stand er im Schnee und sah zu, wie die Kinder aus der Grundschule kamen. Von dem schwarzen Ford Granada des RUC-Mannes keine Spur. McGinty hatte gesagt, dass er immer fünf Minuten früher da war, wenn er freitags seinen Sohn abholte.
    Fegan blickte über die Straße. Ein Junge stand abseits von den anderen und sah die Straße hinauf und hinab. Neun Jahre alt, hatte McGinty erklärt. Er würde es nicht mitbekommen. Er würde noch nicht aus der Schule sein, wenn sein Vater ankam. So hatte McGinty es ihm gesagt. McGinty hatte sich geirrt. Der RUC-Mann kam zu spät, und der Junge würde alles miterleben.
    Ein schneidender Wind fegte durch die Straße und rrieb Schnee vor sich her. Fegans Nase kitzelte von dem Kokain, das die Jungs ihm gegeben hatten, um ihm Mut zu machen. Das Summen in seinem Kopf vertrieb weder die Kälte noch das dringende Bedürfnis, die Beine in die Hand zu nehmen und abzuhauen. Ein paar von den Eltern musterten ihn, die Gesichter in Falten gelegt. Sie erkannten ihn nicht. So erklärten sie es dann später auch der Polizei. Er war nur irgendein Mann, irgendein Vater, den sie noch nie zuvor gesehen hatten. Vielleicht ein etwas seltsamer Anblick - wie er zum Beispiel seinen Hut aufhatte. Und dann dieses komisch strähnige Haar. Fegan hatte seinen Anblick selbst im Rückspiegel überprüft, und die Perücke hatte einigermaßen echt ausgesehen. Sie hatten ihn an der Kreuzung rausgelassen. Jetzt standen sie eine Ecke weiter und warteten auf die Schüsse.
    Fegan hörte auf zu atmen, als sein Blick sich mit dem des Jungen traf. Der Kleine runzelte die Stirn und starrte ihn an. Fegan konnte den Blick nicht abwenden. Der Junge glotzte mit offenem Mund. Als er ausatmete, sah man seinen dampfenden Atem.
    Er wusste es.
    Das Geräusch eines Wagens lenkte die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich. Ein Ford Granada, der langsam ausrollte. Der Junge rannte auf die Straße, schrie seinem Vater zu und wedelte mit den Armen in Richtung Fegan. Der RUC-Mann stieg hart auf die Bremse, so dass der Wagen über den Schnee rutschte. Verwirrt starrte er seinen Sohn an. Als Fegan sich ihm näherte, die Waffe schon in der Hand, zeigte der Junge auf ihn.
    Der RUC-Mann wandte den Kopf, und vor Überraschung fiel ihm der Unterkiefer herunter. In seinem Gesicht blitzte keinerlei Erkenntnis

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