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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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starken Hals.
    Der Gestreifte machte das Maul auf und zu und versuchte, einen besseren Angriffspunkt zu finden, aber O’Kane drückte noch fester und packte mit seinen dicken Fingern die Zunge. Er nahm den Arm vom Hals des Hundes, verdrehte das glitschige, rosarote Fleisch und zog so lange, bis die Pfoten des Hundes im Dreck scharrten. Er hustete, würgte und jaulte, die Augen traten ihm aus dem Kopf.
    O’Kane trat den an seiner Hand hängenden Hund noch einmal fest in die Rippen, dann ließ er den Arm sinken und verdrehte dabei weiter den Kopf des Hundes.
    Er wandte sich zu dessen Besitzer um. »Wenn du dein Tier nicht im Griff hast, dann bring es gefälligst nicht zum Kämpfen her, verdammt.«
    »Ja, Mr. O’Kane.« Der Besitzer senkte den Blick. »Es tut mir leid, Mr. O’Kane.«
    »Schaff dieses Vieh hier raus.« O’Kane ließ die Zunge des winselnden Hundes los, und der Besitzer legte ihm eine Kette um den Hals.
    O’Kane sah Sean an, den Buchmacher. Grinsend wischte er sich an seinem Mantel die Hand ab. Sean zwinkerte zurück und rückte seine Schirmmütze gerade. Die meisten aus der Menge hatten auf den Roten gesetzt. Bis jetzt war der Abend gut gelaufen.
    Vom offenen Scheunentor her meldete sich eine Stimme. »Da!«
    O’Kane drehte sich um und sah seinen Sohn Pädraig, ebenso groß wie der Vater und zweimal so dick. »Was ist?«
    »Dein Mann ist hier.«
    O’Kane nickte, kletterte die Stufen hoch und verließ die Arena. An seinem Sohn vorbei, der sich umdrehte und ihm folgte, trat er hinaus auf den Hof. Die in den ehemaligen Ställen eingesperrten Hunde bellten und knurrten, als sie vorbeikamen. Er fuhr sie an, Ruhe zu geben. In Frachtkäfigen auf der gegenüberliegenden Seite waren die mitgebrachten Tiere untergebracht. Neben dem heruntergekommenen Haus ratterte ein Dieselgenerator, der den Hof mit Strom versorgte. Auf dem Gelände roch man immer noch den beißenden Chemiegestank von der Dieselaufbereitungsanlage, die hier gestanden hatte, bevor der Zoll eine Razzia durchgeführt hatte. Die Hunde brachten nicht so viel Geld ein, machten ihm aber mehr Spaß. Und er als alter Mann musste jedes Vergnügen mitnehmen, das er noch kriegen konnte. Außerdem hatte er entlang der Grenze noch eine Menge anderer Bauernhöfe, die gereinigtes Diesel lieferten.
    Träge liefen Regentropfen die Fensterscheiben des Bauernhauses hinunter. Drinnen brannte schummriges Licht. O’Kane drückte eine Tür auf, die in die ehemalige Küche führte.
    »Warte hier draußen«, befahl er seinem Sohn, bückte sich mit dem Kopf unter dem Türrahmen hindurch und trat ein.
    Im Raum befanden sich noch drei andere Männer. An der einen Wand lehnte Tommy Downey aus Crossmagien, schlank und drahtig und mit zurückgegeltem Haar. An der anderen Kevin Malloy aus Monaghan, stämmig wie O’Kane, aber gut zwanzig Zentimeter kleiner. Downey deutete auf den Dritten, der in der Mitte des Raumes saß. »Hier ist er, Boss.«
    »In der Tat.«
    O’Kane trat auf den Mann zu. Der Kissenbezug über seinem Kopf bauschte sich bei jedem Atemzug aus und erschlaffte wieder. Auf seinem gut geschnittenen Anzug waren rote Flecken.
    »Ja, was ist das denn? Ist er etwa nicht freiwillig mitgekommen?«
    »Kann man nicht so sagen«, gab Malloy zurück. O’Kane schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Der soll sich was schämen.«
    Er streckte die Hand aus und zog dem Mann den Kissenbezug vom Kopf. Der junge Bursche starrte zu ihm hoch. Um Mund und Nase klebte getrocknetes Blut.
    »Meine Güte, Martin, du schwitzt ja wie ein Schwein.«
    Martin blinzelte.
    »Jammerschade, dass du nicht auf mich hören wolltest, Martin. Schau, wie weit es gekommen ist, dabei wäre das gar nicht nötig gewesen.«
    Martins Augen quollen über. »Was wollen Sie?«
    »Ich will dir Geld geben. Aber du willst es nicht annehmen. Das ist doch verrückt, oder? Ich will dir 200.000 geben, und du schlägst meine Hand weg.«
    »Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen mit meinem Anwalt reden.«
    O’Kane machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach Gott, Anwälte. Allesamt nur Betrüger. Warum so einem Mistkerl Geld in den Rachen schieben, wenn wir auch direkt ins Geschäft kommen können.«
    Martins Stimme zitterte vor törichtem Trotz. »Dieses Land ist eine halbe Million wert, das wissen Sie ganz genau.«
    O’Kane bückte sich und stützte die Hände auf den Knien ab. »Ach, tatsächlich?«
    »Das hat mir der Immobilienmakler selbst gesagt.«
    O’Kane grunzte und richtete sich wieder auf.

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