Die Schatten von La Rochelle
Glückwunsch.«
Dann rief sie Marie u n d François zu sich. »Dies ist euer Onkel Henri«, sagte sie, und der Kavalier in Reitstiefeln m it dem m ä chtigen Schnauzbart zwinkerte Marie zu. S ie knic k ste. »Und dies ist e u er Onkel Ar m a nd, Bischof von Luçon. Er kom m t gerade aus P aris, wo er den Klerus unserer P rovinz b e i den Generalständen vertreten und viel Ansehen und Ehre erworben hat.«
Sie konnte den Stolz in ihrer Stim m e nicht v e rhehlen, und Henri lachte. »Du kannst es immer noch n i cht lassen, uns zu bemuttern, Françoise«, neckte er seine Sch w ester. »Man könnte m einen, du hättest uns zur Welt gebracht.«
Marie k n ic k ste wieder. Ihr war rec h tzeitig ein g efallen, d aß es sich einem Bischof gegenüber schickte, seinen Ring zu küssen, und sie wartete darauf, daß er ihr die Hand reichte. Statt dessen s t reckte er beide Hände aus und hob das Mädchen hoch. »Marie Madeleine«, sagte er, »willkom m en.«
Er war nicht so groß und stattlich wie sein Bruder, aber sie mochte seine Sti mm e, und d a ß er ihren N a m en kannte. Er hatte rotbraune Haare wie ihre Mutter u nd ein sehr angeneh m es Lächeln, das schnell verbla ß t e, d enn Françoise fragt e : » W ird Alphonse auch kommen ? «
Da hörte Marie zum ersten Mal Bitterkeit und noch etwas anderes, das sie viel später als Rachsucht i n terpr e ti e rte, a us dem Ton f all ihr e s Onkels Ar m and: »Du weißt doch, wie ernst er seine Gelübde nim m t.«
Sie war inzwischen alt genug, um i n der großen Halle zu bleiben, nachdem d i e Tafel aufgehoben worden war, und konnte beobachten, daß auch ihre Tante Nicole, Grand m ère Suzannes unverheiratete Tochter, wie ein aufgeregter Falter um ihre Br ü der h e ru m schwirrt e . Margot und ihre Gesch w ister waren noch nicht eingetroffen, und so konnte sie sich ganz auf das Ges p räch der Erwachsenen konzentrieren.
»Die m eisten Fürsten w erden jet z t b ereit s e in, Frieden m it d er Königin m utter und Concini zu schließen«, sagte Ar m and, »aber nicht Condé. Er bewegt sich m it seiner Ar m ee auf das Poitou zu, und ich fürchte, er w i rd auch durch Eure Ländereien kom m en, Mutter.«
Suzannes Lippen waren zu einem d ü nnen Strich zusam m engepreßt.
»Ich habe jetzt neunundvierzig Jahre in diesem Haus gelebt und viele A r m een vorbeiziehen sehen.«
»Aber noch nicht die von Cond é «, kom m en t i erte Henri. Seine sonst so vergnügte Miene war ernst geworden. »Der Mann ist so arrogant wie Luzifer. W i ßt Ihr, was er sagte, als der alte König er m ordet wurde? Die Zeit der Könige ist j e tzt vorbei, und die Zeit der Fürsten ist gekommen. Das war vor fünf Jahren, und er hat seine Meinung nicht geändert.«
»Er wird sie ändern m ü s sen«,sagte A r m and, nicht zornig wie seine Mutter, sondern so, als stelle er eine si m ple Tatsache fest, und Marie be m erkte, daß sie ihm glaub t e, obwohl selbst sie von dem Ruf des Fürsten Condé gehört hatte. I h re Amme k a m aus einem Dorf, d a s seine Ar m e en verwüstet hatten, und sie erzählte immer noch, während sie sich m ehrfach bekreuzigte, davon, daß jeder einzelnen Frau in der gesamten Ge m einde Gewalt angetan worden sei.
» W ie d e m auch sein m ag«, sagte S uzanne, »ich werde ihm nicht gestatten, hier Quartier aufzuschlagen.«
Die neue Marquise de Richelieu, Henris Gemahlin, entpuppte sich als, wie Margot es formulierte, » i n jeder Hinsicht wohlaus g est a tt e te W itwe«.
»An deiner Stelle wäre ich vorsichtig m it solchen Äußerungen«, sagte Marie. »Deine Mutter und meine Mutter sind ebenfalls W itwen, die wieder geheiratet haben, und Mada m e la Marquise heißt genauso wie du. No m en est o m en!«
Margot akzeptierte die H erausforderung. »Margueriten sind königliche Blu m e n«, entgegnete sie. » I m m er noch besser, nach so etwas genannt zu werden, als zu einem Leben als Büßerin vorbestimmt zu sein. Marie Madeleine! Maria Mag d alena oder ist es Maria wie Unsere Liebe F ra u ?«
Ihr zweites Jahr in Richelieu wurde überschattet von den im m e r häufiger au f t retenden K r ankheiten ihrer Mutter, die sich schließlich zu einer ständigen Bettlägr i gkeit auswuchsen. Im Sommer 161 6 , als die Truppen des Fürsten Condé nur noch wenige Meilen entfernt waren, wurde o ff ensichtlich, daß Françoise sich nicht m ehr erhol e n würde. Ihr jüngster Br u der, der sich m ittlerweile in der un m ittelbaren U m gebung der Königinmutter bewegte, besuchte sie noch
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