Die Schatten von La Rochelle
für Eure T ante wäre e s bess e r gewesen. Heute kam d e r Bescheid, daß der König es Henri nicht gestattet, zurückzukehren.«
Marie konnte einen kleinen e m pö r ten Laut nicht unterdrücken. Schweigend nah m en sie ihren Spaziergang wie d er auf. Die Entrüstung brannte in ihr. Der Marquis hatte seine Ge m ahlin wegen deren Schwangerschaft nicht auf die strapaziöse Reise nach Avignon m itneh m en können. Marguerite war nicht m ehr jung, und es handelte sich um ihr erstes Kind. Als die e r sten Briefe eintrafen, in denen sie darüber klagte, wie schlecht es i h r ging, hatte Henri Gesuch um Gesuch an den König gesandt, um zu ihr zurückkehren zu dürfen. Ganz gleich, wessen sich Ar m and de Richelieu auch schuldig ge m acht haben m ochte, dachte M arie aufgebracht, das ei n zige, was man Henri de Richelieu vorwerfen konnte, w a r die Loyalität seinem jüngsten Bruder gegenüber. Henri hatte nie m als ein A m t in Concinis Regierung beklei d et, er hatte nicht zu den Günstlingen der Königin gehört, und ihm zu verweigern, seiner Ge m a h lin bei der Geburt seines ersten Kindes beizustehen, war… Bei der gedanklichen Majestätsbeleidigung hielt sie inne.
»Monseigneur«, sa g t e Marie unver m ittelt, » g laubt I h r, der König wird Euch je gestatten, zurückzukehren ? «
Dies m al schaute er s ie n icht an, als er antwortete. Er starrte auf den alten Papstpalast, den die Sonne des Spätnach m ittags bereits leicht rötlich f ärbte.
»Ich habe einen Fehler ge m acht. Einen Fehler, den ich nie wieder m achen we r de.«
Er lachte plötzlich. »Anscheinend bin ich im m er noch nicht zu alt, um noch eine Lektion zu erhalten!«
Da kam es Marie zum ersten M a l in den Sinn, daß ihr Onkel nur fünfzehn Jahre älter als der König und neunzehn Jah r e älter als sie selbst war.
»In jedem Fall«, sagte sie prag m ati s ch, »tut der Aufenthalt im Süden Eurer G esundheit gut.« Es war i h r bereits aufgefallen, daß er bei den Besuchen im Château Richeli e u öfter von Fiebera n fällen geplagt worden war. »Die trockene Luft hier ist besser für Euch.«
»Ja«, entgegnete er, aber dies m al weniger zynisch als b e lusti g t,
»ich habe gelernt, was gut für m i ch ist.«
Die Marq ui se de Richelieu starb bei der Geburt ihres Kindes. Als Henri endlich gestattet wurde, A v ignon zu verlassen, konnte er nur noch an der Beerdigung seines Sohnes teilneh m en, der nur ein paar Monate gelebt hatte. Er kehrte zurück, und der lebhafte, gut gelaunte Kavalier, den Marie seinerzeit ken n engelernt hatte, schien durch einen brütenden Grübler e r set z t word e n zu sein.
Eines Abends, als Margot und sie sich noch etwas kühlen Wein aus dem Keller holen wollt e n, hörten sie wütende Laute durch die schwere Eichenholztür dringen. Marie wan d te sich ab, aber Margot hielt sie fest.
» W arte«, f lüste r te sie. »Viell e icht er f ahren wir jet z t endli c h, wie lange wir hier noch bleiben m üssen.«
Sie konnten nun deutlich eine S t imme in anklagendem Tonfall aus m achen, die dem Marquis gehörte, und je m anden, der beschwichtigend sprach und der Bischof sein m u ßte.
»Lausche allein«, sagte Marie kühl.
Margots sp ö tti s cher S i n gsang f olgte ihr. »O M a rie, d ie Tu g endsa m e, Marie Madeleine, Marie Marie Marie…«
Als Margot später in das Zimmer ka m , das sie m it Nicole teilten, war Marie noch wach. Margot schlüp f te zu ihr. »Schläft sie ? « flüsterte sie und deutete auf Nicole. Marie nickte.
»Also«, m u r m elte Margot, »wie lange bleiben wir noch hier?«
» W arum sollte ich r a ten, wo du es m i r doch gl e i c h sagen wir s t?«
»Pfui über dich, Marie Madeleine, du bist doch neugierig. Ich sollte dir überhaupt nic h ts erzählen. Aber wisse immerhin, daß die Königin m utter tatsächlich eine Ar m ee gegen den König aufgestellt zu haben scheint. Natürlich fragt es sich noch, ob sie tatsächlich kä m pfen wird. Vielleic h t wartet sie nur auf einen Ver m ittler, und wer könnte das wohl sein ? «
»Vielleicht warte ich nur darau f , endlich schla f en zu können«, gab Marie zurück, warf Margot ein Kissen ins Gesicht und drehte ihr den Rücken zu.
5. KAPITEL
In der Tat wurde Armand du Ple s sis de Richelieu, Bischof von Luçon, von Luynes aus seinem Exil in Avignon geholt, um z w ischen der Königi nm utter und dem König zu ver m itteln. Der Erfolg, den er dabei er z ielte, verände rt e das Leben zweier Mit g lied e r sein e r Fa m ilie
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