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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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erwarten wird, im Gegenteil, sie wird dort alles haben, was sie möchte, und wenn es i h r d o rt nicht g ef ä llt, kann sie im Frühling nach l’Ile Bouchard umsiedeln…«
    Der Brief w ar zwec k los gewesen; Brézé kon n te oder wollte Nicole nicht a u s i h rer an g st e r f üllten Sta r re herau s reiß e n, er wollte nur so viel Abstand wie m öglich zwischen sich und die Pest bringen. Als der Kardinal und Marie in Milly e i ntrafen, war es bereits m ehrere W ochen her, daß Nicole sich zul e tzt vom Fleck gerührt h att e ; ihre Augen waren rot u m rändert, ihre Kleider, an denen sie nervös fingerte, hingen in Fetzen, und der Gesta n k verriet, daß sie sich sehr lan g e nicht m ehr gewaschen haben m ußte.
    »Nicole«, hatte Richelieu sehr sanft, san f ter, als ihn Marie je hatte sprechen h ö ren, zu sei n er Schwester gesagt, »N icole, m eine Liebe, komm her zu m ir.«
    Und er hatte ihr die Ar m e entgegengestreckt. Die Tränen, die auf ihrem Gesicht herunterliefen, hinterließen helle Spuren in der Kruste aus Sch m u t z und Schweiß, als sie erwiderte: »A r m and, ich kann nicht. Siehst du denn nicht? Ich bin ganz aus Glas!«
    Nicole war vor fünf Jahren gestorben, und das Kind, das ihre schüchterne Natur geerbt hatte und jet z t verz w ei f elt v e rsu c hte, Haltung zu be w ahren, hatte von ihrer Mu tter ver m utlich n u r das Bild des Wahnsinns in Erinnerung. Leise, e h e sie i h re H and wieder zurückzog, sagte Marie: »Es wird nicht geschehen.«
    »Nein«, gab ihr Onkel zurück, wie er es in den Jahren ihres ge m eins a m en Lebens immer wieder get a n hatte, »es wird nicht geschehen.«
    »Ach«, seufzte der Fürst Condé übertrieben andächtig und schaute auf die Braut seines Sohnes, »wie hübsch sie ist.«
    Vereinzeltes Lachen klang auf, denn es war k lar, dachte Marie, die jäh alle Erinnerungen v e rdrängte, zornig, daß der Fürst einen Scherz ge m acht hatte. Sie hoffte nur, das Mädchen hatte nichts gehört.
    In diesem Mo m ent stolperte Claire Cle m ence, und dies m al brach die gesa m te Gesellschaft in Geläc h ter aus. Das des jungen Enghien schallte am all e rla u te s t e n. Ma ri e beherrschte sich m it Mühe. W enn sie jetzt aussprach, was ihr auf d e r Zunge lag, würde sie nur noch m ehr Aufmerksa m keit auf den Vorfall ziehen und den Abend für Claire Cle m ence endgültig zur H ö lle m achen. Sie ging zu dem Kind und sagte laut: »Ihre Majestät war so freundlich, den W unsch nach Eurer Gesellschaft zu äußern, Cousine.«
    Da m it löste sie Claire Cle m ence aus dem Kreis der Tanzenden, der sich rasch wieder hinter ihr schloß.
    »Ich wollte nicht fallen, Marie«, wisperte das Mädchen, das m i t den Tränen kä m p f te, »es war kei n e Absicht, ich wollte e s ni c ht.«
    »Ich weiß.«
    Die Königin befand sich a m ander e n Ende des Saales. Sie hatte das Mißgeschick selbstverständlich be m erkt, und sie fand einige freundliche W orte für die junge Braut, die das Mädchen ablenken sollten. Danach brachte Marie i h re Cousine in das Zimmer, das für sie vorbereitet worden war, ließ das Mädchen zu Bett gehen und schloß, als sie Claire Cle m ence verließ, nach d r ü cklich d ie T ür hinter sich ab. Sie fand Charlotte in ihren eigenen Räu m en und b e fahl ihr, m it ein e m der Leibgardisten des Kardinals vor der Tür der Braut W ache zu h alten.
    »Falls sich ein Mitglied der heu t igen Gesell s chaft einen schlechten Scherz erlauben sollte«, sagte sie so gelassen, wie sie konnte.
    »Jawohl, Mada m e«, entgegnete Charlotte. »Ich verstehe.«
    »Das dachte ich m i r.«
    Als Marie in den Festsaal zurüc k kehrte, hörte sie Margot schneidend zu Enghien und Condé sagen: » W ahrhaftig, ich wundere m i ch über Eure Großzügigkeit, Fürst, und über die Eure, Herzog. Nicht jedes Mit g lied der kö n iglichen Familie wäre b e reit, ein m itgi f tloses Kind zur Ge m ahlin zu neh m en.«
    »Mitgiftlo s ? Ihr scherzt, Mada m e«, entgegnete Condé, der unwillkürlich erblaßt war.
    »Nun«, sagte Margot schnurrend w i e eine Katze, »ich bin zwar sicher, daß de r Erste Mi ni ster Euch eine Kleinigkeit für Eure Schulden versprochen hat; aber wenn Ihr da m it rechnet, d aß er die ar m e Claire Cle m ence zu seiner Er b i n m acht, dann gebt Ihr Euch einer Ill u sion hin. Ich bin nicht gerade eine seiner größten B ewunderinnen, aber eines m uß m an ihm lassen es war ein Meisterstreich. Das Haus Condé und die Verwandtschaft m it der königlichen Fa m ilie

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