Die Schatten von La Rochelle
ständig schwelenden Streit inn e r h alb der Kurie. Unter Cl e m ens VIII. war sein Neffe, Kardinal Aldobrandini, der Fürsprecher der französischen Partei gewesen, Kardinal Farnese das Oberhaupt der spanischen. Als Cle m ens starb, war es Aldobrandini zusam m e n m it du Perron und den übrigen französischen Kardinälen gelungen, einen Medici, einen Verwandten der Königin von Frankreich, zum P a pst zu m achen, und die französische Pa r t e i hatte ju b ili e rt. Aber Leo XI. hatte seine W ahl nur sechsundzwanzig Tage überlebt. Sein N achfolger, P aul V, nun seit zwei Jahren im A m t, war ein Borghese u n d gehörte eigentlich keiner Fraktion an, doch m an hatte ihn sagen hö r en, Frankreich m ochte die älteste Tocht e r d er Kirche s e in, aber auf dem Thron säße ein berüchtigter ehe m aliger Ketzer, wä h r end Spani e n die Sache des wahren Glaubens seit Jahrhunderten m it uneingesch r änkter Hingabe verfocht. Außerdem war er als strenger Anhänger des Tridentinu m s bekannt. Seine ersten W orte an Ar m and, nachdem es diesem doch gelungen war, zu ihm vorgelassen zu werden, klangen nicht besonders hoffnungsverheißend.
»Junger Mann, wir neh m en an, es ist Euch bekannt, daß wir es uns zur Aufgabe g e m acht haben, die Beschlüsse des Tridentischen Konzils durchzusetzen, und es für eine Todsünde erklärt haben, von seinem Bistum entfernt zu leben und die Einkünfte desselben zu genießen.«
»Euer Heiligkeit«, entgegnete Arm a nd, »es ist nicht m eine Absicht, von m ein e m Bistum entfernt zu leb e n. Auch ich halte es für die vorneh m ste Aufgabe eines Bischofs, den Mißständen innerhalb der Kirche m it den Maßstäben zu begegnen, die uns das Tridentinum gesetzt hat, und deswegen plane ich…«
Er fing an, eine Reihe von Refo r m en aufzuzählen, die für das Bistum von Luçon notwendig waren. Als er bei den Dorfpfarrern angelangt war, die oft noch nicht ein m al das Lateinische, das sie für die Messe benötigten, verstanden und i h ren Pflichten so nachlässig nachgingen, daß es in den Dörfern im m er noch Menschen gab, die Jesus Christus für einen weiteren d e r alten Götter hielten, sah Paul V. beeindruckt aus. Er sagte nicht, ob er Ar m and den nötigen Dispens erteilen würde, aber er bat ihn, am nächsten Tag wiederzukommen.
»Mein Sohn«, sagte Kardinal du Perron nach einer W oche, in der A r m and beinahe täglich im Vatikan e m pfang e n worden war, »Ihr seid zwar n och sehr ju n g, aber ganz o ff ensichtlich hat Gott Euch tatsächlich berufen.«
»Die venezianische Angelegenheit « , die den P apst beschäftigte, war eigentlich inzwisc h en eine Angelegenheit der Jesuiten. Gleich nach sei n em A m tsantritt hatte sich d er Papst in e ine Mac h tp r obe m it der Republik Venedig verwickelt, in deren Verlauf er sie m it d e m Interdikt belegt und die dort ans ä ssigen Orden angewiesen hatte, entweder d a s Interdi k t z u be f ol g en oder Venedig zu verlassen. Das Inter d ikt be f olgen hieß, m it kein e m der exkommunizierten Einwohner zu sprechen, nie m anden zu tau f en, zu verheiraten, zu beerdigen oder auf ir g endeine so n stige W eise geistlic h e Hil f e zu lei s t e n, wozu auch d e r U n ter r ic h t in d en Schulen zählte. Die J esuiten, die ein v i ertes, besonderes Gehorsa m sgelübde an den Papst band, hatten nach Ablauf des päpstlichen Ulti m atu m s ihren Gene r al noch ei n m al rückfragen lassen, aber keine andere Antwort bekommen als die, daß sie sich an das Ulti m atum zu halten h ätten. Also hatten sie geh o rcht und Venedig verlassen, was die hu m anere Alternative zu sein schien. Die anderen Orden hatten sich weniger gehorsam gezeigt. D as jetzige Problem lag darin, daß die Republik Venedig, nachdem d e r Zwist m it dem Papst ber e ini g t war, sich weigerte, die Jesuiten, nachd e m m an sie feierlich a ll e r Bürgerr e chte le d ig und für verba n nt er k l är t hatte, wieder aufzunehmen. Die Do m in i kaner, d i e s i ch in de n l e tzten Jahrzehnten von diesem neuen O r den auf hö c hst ärgerliche W eise überrundet gesehen hatten, nützten diese Gelegenheit, um zu erklären, das beweise nur wieder ein m a l , wie die Jesuiten innerhalb und außerhalb der Kirche nur Unfrieden sti f teten. Sie began ne n m it einem Generalang r i f f und reichten Antrag über Antrag beim Heiligen Stuhl ein, um die Societas Jesu v e rbieten und aus der Reihe der legiti m en Orden wieder streichen zu lassen.
»Es hat sc h on siebzehn Versam m l ungen
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