Die Schatten von La Rochelle
öchte. Ihr seid ein hoffnungsvoller Mann, und solche Leute kann die Kirche immer gebrauchen. Aber Ihr s o lltet Euch k l ar darüber sein, daß Euer König, ob nun aufrichtig konvertiert oder in seinem Herzen noch im m er ein Ketzer, ein Unglück für Euer Land darstellt.«
A r m and unterdrückte die Entgegn u ng, die ihm auf der Zunge lag, entsc h ied sich, hö f lich zu sein, und f ragte in se inem reinst e n Kastilisch: » W arum glaubt Ihr das, Euer E m inenz ? «
» W eil er Euren Prote s tanten Rechte zugebilligt hat, die Euch in genau die gleiche Lage bringen wer d en wie die Deutschen in ihrem Kaiserreich. Viele kleine Länder in einem großen Land. Hat er nicht einigen protesta n tisc h en Städten sogar das Recht gegeben, Katholiken den Aufenthalt innerhalb ihrer Mauern zu verbieten?«
Es war nicht der Einwand, den A r m a nd erwartet hatte, und er dachte darüber nach, während er, um diese Tat s ache zu übers p i elen, ei n e der geistreichen Be m erkungen von sich gab, die er für solche Fälle bereithielt.
»Die Besorgnis Eurer E m inenz um die Franzosen zeugt von erstaunlicher uneigennütziger Nächstenliebe.«
Conchillos lachte leise. »Oh, Uneigennützig k eit hat da m it nichts zu tun. Kein Spanier wird sich je m als Sorgen wegen der Franzosen m achen m üssen. Euer d erzeitiger König m ag ein großer Mann sein, und ich leugne nicht, daß er uns m anche Schlappe b eigebracht h at, aber er i s t st e rblich wie alle Könige. Und insgesa m t ist Euer L a n d nicht in der Lage zur Größe. W i r sind durch Blut und Feuer gegangen, um das zu erreichen, was wir erreicht haben, und es hat uns gereinigt und gesch m iedet wie eine Klinge a u s Toledo. Keine Ketzer, keine Mauren, keine Juden; wir sind rein, Gottes m akelloses Schwert auf dieser Erde. Und was seid I h r? Ein Salon, in dem debattiert wird. Gewiß, ab und zu werden Duelle ausgefochten, aber danach ist nichts entschieden, sondern es wird weiter debattiert.«
»Ich neh m e an, Euer E m inenz rechnen die Bürgerkriege unter die Duelle. W ie dem auch s ein m ag, ich glaube, es müßte m ög l ich sein, Einigkeit und Größe m it eben diesen Debatten zu err e iche n . Selb s t die Protestanten m it ihrem Stolz sind Argu m enten zugänglich.«
Der Kardinal m usterte ihn ungläubig. »Und da m it soll Größe zu gewinnen sein? Mit Argumenten?«
»In Verbindung m it Stärke, d a m it sie gehört werden. Mit«, Ar m and fiel ins Fra n zösische zurück, denn im Spanischen fand er das ric h ti g e Wort für das, was ihm selbst n o ch eine neue Idee war, nicht, »raison, raison d’etat.«
»Staats v er n un f t?« f ragte Conchill o s spöttisch. So, wie er es sagte, wörtlich ins Spanische übersetzt, klang es abstrus. A r m and konnte nicht verhindern, daß er errötete. Er versuchte, auf latei n is c h auszudrücken, was er m einte.
»Necessitas rerum. Der Dinge zwingende Notwendigkeit.«
» W ortklauberei.«
» W orte sind wichtig. Sie bilden den Schlüssel zum Denken der Menschen.«
»In der Tat. Und Ihr, m e in Bischof, habt noch viel zu lernen.«
Die erste ernüchternde Lektion kam, als Ar m a nd in seinem Bistum eintraf. Er hatte es bereits vorher ein paar m al be s ucht, a b er die W i rklichk e it, do r t zu leben, war schlim m er, als er es sich vorgestellt hatte. Schon der Einzug war eine de m ü t igende Angelegenheit. Er m ußte sich von Monsieur und Mada m e de Bourges, alten Freunden seiner Mutter, eine Kutsche ausleihen. Das Geld für d e n Kauf von Purpurroben hatte er ebenfalls nicht, also mußte er auf die viel zu weiten seines Vorgängers zurückgreifen. Traditionellerweise wurde ein neuer Bischof, der in sein Bistum k a m , von einem Geleitzug bewaffneter Adliger aus der U m gebung in ihren Festtagsgewändern begleitet. Doch der hiesige Adel war zum g r ößten Teil protestantisch, und die wenigen Katholiken m a chten deu t lich, daß sie ganz und gar m it den Kanonikern von Luçon sy m pathisierten und nicht daran dachten, eine m , wie sich einer von ihnen unverblü m t ausdrückte, »Knaben auf dem Bischofsstuhl« ihre Aufwartung zu m achen. Die einzigen, die ihn in seiner geliehenen alten K utsche e m pfingen, waren die schlec h tgelaunten Kleriker des Ortes. Als er a usstieg und beinahe über seine viel zu große Robe sto l perte, lachte einer von ihnen lauthals.
Es war durch und durch niedersch m e tternd, vor allem nach der aufregenden und glanzvollen Episode in Ro m . » W ir werden sehen«, sagte Ar m a nd
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