Die Schatten von La Rochelle
m it zusammengebiss e nen Zähnen und m a chte sich daran, seine neuen Untergebenen zu begrüßen.
Luçon war eine kleine S t adt, d e ren B edeutung einzig darin lag, daß sie die einzige katholische Ortsc h aft weit und breit in diesem Zentrum des P r otestantis m u s darstellte. Die Hochburg der Protestanten, La Rochelle, lag nur ein paar Meil e n entfernt, doch während La Rochelle eine reiche, blühende Haf e nstadt war, fanden höchst selten Reisende freiwillig den Weg in das von Sü m pf e n u m gebene Luçon.
Erst jetzt w urde ihm w i rklich bewußt, worauf er sich eingelassen hatte. Doch es gab kein Zurück m e hr, und er hatte nicht die Absicht, bei ir g endeiner Aufgabe, die er sich ein m al gestellt hatte, zu versagen. Also f i ng er m it dem örtlichen Klerus an. Der Sekr e tär, den m an ihm zugeteilt hatte, sc h ien sel b st in f ranzösisc h er Sprache schlec h t schreiben zu können, von der lateinischen ganz zu schweigen. Ar m and benachrichtigte seinen früheren Mitstudenten an der Sorbonne, Michel Le Masle, und erledigte bis zu dessen Ankunft den Schriftverkehr selbst. Er verschaffte s i ch Einblick in die Buchführung des Bistu m s und die Dienststunden der einzelnen Pfarrer und nahm eine grundlegende Neuordnung vor.
»Aber Monseigneur«, protestierte einer von ihnen, als ihm m itgeteilt wurde, es gehöre n un m ehr auch zu seinen Pflichten, di e Messen im Dorf Ledoux zu lesen, »dort g i bt es doch nur zehn Katholiken!«
»Eben aus diesem Grund werdet Ihr dort regel m äßige Gottesdienste abhalten. Wenn Ihr sie länger oh n e Seelsorge laßt, besteht die Gefahr, daß es de m nächst überhaupt keine Katholiken m ehr dort geben wird. W as ist ? «
Er blic k te si ch in dem Kreis der P f arr e r u m , die er zu s ich best e llt hatte, und sah nur entgeisterte Mienen. »Ich dachte, Ihr wolltet einen Bischof, der sein Bistum a u ch verwaltet, M essie u r s ?«
» Verwaltet nennt er das«, m urrte einer der Chorherren, als sie perplex den alten Bischofspalast verließen. »Ich nenne es T yrannei! Habt Ihr gehört, daß er uns alle zu einem wö c hentlichen S e m inar beordert hat? Ich m öchte wissen, w i e ich bei all den Sklavendiensten, die er m i r aufgebürdet hat, noch die Z eit dafür finden soll!«
Sein Begleiter seufzte. » I ch fra g e m i ch, ob der alte du Plessis, der sich nie hier blicken ließ, nicht die geringere Bürde war.«
Die Su m p fluft m achte A r m and krank, und zum ersten m al traten die bohrenden Kopfsch m e r zen auf, die ihn m anchmal fast unfähig m achten, sich zu bewegen. Er wußte nic h t, ob das ein Anzeichen für die F a m ilienkrankheit war, und wollte es auch n i cht wi s sen. W eder Krankheit noch Kopfsch m erzen konn t e er sich im Mo m ent leisten, also ignorierte er beides und nahm sich als nächstes die katholischen Adligen der U m gebung vor.
»Monsieur le Marquis«, sagte er zu einem von ihnen, » m ir ist zu Ohren gekommen, daß einer Eurer P ächter seit Jahren das Ackerland südlich von Saint Anne bewirtschaftet, das eigentlich zum Kirchspiel gehört. Ich habe m i r das betreffende Land angesehen, und er scheint sein Ge s chäft zu verste h en. Aber ich erwarte, da ß er sei n e P acht von nun an an das Bistum abführt.«
Der Marquis, der nicht wußte, w i e er seiner Em pörung als erstes Ausdruck verleihen sollte, schnappte nach Luft.
»Und was die Pachten vergangener Jahre betrifft, so wollen wir das im Interesse guter Nachbarschaft v e rgessen. Es genügt m i r, wenn Ihr Euch an den Kosten für die Renovierung unseres Do m es beteili g t.«
Das Se m inar, das er gegründet hatte, sollte die T heologiekenntnisse des örtlich e n Klerus au ff rischen. » W ie wollt I hr gegen die protestantischen Irrlehren ankä m pfen, wenn Ihr sie noch nicht ein m al kennt, Messie u rs ? «
Die Kleriker, die inzwischen zu eingeschüchtert w aren, um noch zu widersprechen, nickten ergeben. Der neue Bischof schien überall zu sein; es gab nie m anden, dessen Lei s tungen er nicht ständig überprüfte, und nach ein paar Entlassungen und Streichungen von Geldern beging nie m and m ehr den Fehler, an seiner Entschlußkraft zu zweifeln. A r m and verfaßte in kurzer Zeit ein »Handbuch für Kleriker über christliches Betragen und Diszi p lin«. Er hatte kein Geld, um es drucken zu lassen, nahm sich das für später vor und wies Michel Le Masle fürs erste an, h an d schri f tliche Kopien zu erstellen.
»Monseigneur«, sagte Le Masle eines Nachts, als
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