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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte.
    Margot hatte ein Talent dafür, jede ihrer Ankünfte wie den Auftritt einer Bühnenheldin zu inszenieren. Dies m al kam sie in Begleitung zweier Kavaliere, die s i e Marie k u rz vorstellte und bald darauf fortschickte, m it dem Auftrag, ihr Sommerblu m en zu besorgen.
    » W ie du siehst, haben sie beide A s trée gelesen«, sagte sie, als die beiden verschwunden waren, und s p ielte da m it auf d’Urfés ungeheuer populären Schäferro m an an, der den Kodex der absoluten Ergebenheit des Liebenden dem kleinst e n Befehl seiner Geliebten gegenüber etablierte. »Ein Ehrenmann zu sein, h e ißt, verliebt zu sein«, zitierte sie und lachte. »Also w e lcher von beiden ist m ein Liebhaber, was m e inst du? Oder besser, welcher sollte es deiner Meinung nach sei n ?«
    Marie zog eine Gri m asse. »Monsieur de Vieuville«, entgegnete sie schließlich. »Monsieur de la Fere l i ebt dich nä m lich nicht, was dich zweifellos dazu bringen würde, ihn zu vergöttern, und wenn es vorbei ist, hast du einen weiteren M e nschen, an dem du dich rächen willst.«
    Margot rückte ihr Fichu zurecht. »Weißt du, Marie Madeleine, du überraschst m i ch i mm e r wieder. So praktische und unmoralische Ratschläge aus dem Mund einer Heiligen.«
    » W enn ich Dir sagte, du solltest dich an dein Ehegelübde halten, würdest du ohnehin nicht auf m i ch hören.«
    » W ie wahr. Sie sind es übrigens beide.«
    »Sind was ? «
    »Meine Liebhaber.«
    Marie stöhnte. »O Margot!«
    Ihre Cousine zog sich die Schuhe aus und lehnte sich auf der Chaiselongue zurück. »O Marie«, i m itierte sie. » W arum können wir n i cht alle so vollkom m en sein wie du ? «
    Marie konnte nicht widerstehen. »Es hindert dich keiner daran, es zu versuchen«, erwiderte sie m it unbewegtem Gesicht und fragte sich, warum W ortgefechte m it Margot im m er etwas Entspannendes hatten. Gl ei chzeitig r e i c hte sie i h r eine Schale mit kandierten Früchten.
    »Oh, nichts leichter als das. Der täglichen Bußübung, m it einem gräßlichen Mann zusammenzuleben, unterziehe ich m i ch schon.«
    »Ist der Sieur de Gr a mmont so gräßlic h ? « fra g te Marie, während Margot nach einer Frucht griff. »Ich dachte, er sei dein Ideal von einem Eh e m ann, weil er dich völlig in Ruhe läßt.«
    »Er war m e in Ideal, bis er die Ges c h m acklosigkeit besaß, sich bei seinem besten Freund über m i ch zu beschweren, bei Monsieur de la Fère, der, wie du richtig be m erkt hast, m i ch nicht liebt und m i r die Beschwerde daher wortwörtlich m itgeteilt h a t. W as soll aus uns werden, wenn die Männer sich verbünden? Du siehst also, warum ich dich zur Zeit um dein Leben ohne Männer und Schwierigkeiten beneide.«
    Es lag vielleicht an der Erschöpfung, welche die Hitze auslöste, doch Marie entschloß sich plötzlich, sich Margot anzuvertrauen. W as auch im m er zwischen ihnen liegen m ochte, sie hatten einander n i e verraten, und das, was jetzt m it ihr geschah, war so unvertraut für sie, daß sie es vielleicht ein m al laut aussprechen mußte, um sich darüber klarzuwerden.
    »Nicht ganz ohne Sch w ierigkeit e n«, gab sie zurück und erzählte Margot alles, was sie über die Lippen brachte. Margot holte ihren Fächer hervor, während Marie sprach, und verbarg dahinter ihr Gesicht; nur S tirn und Augen blieben frei. Als Marie geendet hatte, klappte Margot ihn energisch zusa mm en.
    »Man kann sagen, was m an will«, b e m erkte sie, »du tust nichts halbes, Marie. Zwanzig Jahre im Zölibat dank des glücklicherweise früh ver s torbenen Sie u rs de Co m bale t , und dann verliebst du dich in den unpassendsten Mann, den du auf t reiben kannst. Ehe m aliger Protestant, derzeitiger Atheist, und ganz offensichtlich halb wahnsinnig, ganz zu sc hw eigen dav o n, daß er u n ser aller Fa m ilienober h aupt noch weniger zu schätzen scheint als ich.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß i c h in ihn verliebt bin. Ich…«
    War sie in ihn verliebt? Wenn er s i e anschaute, spürte sie ein Echo in sich klingen, den Wunsch, ihn zu berühren, den W un s ch, die dunkle Aura zu vertreiben, die sie um ihn sah, und doch gleichzeitig den W unsch, sich darin hineinfallen zu lassen. Sie träu m t e von ih m , sie fühlte sich angezogen und a bgestoßen zugleich von jedem Wort, das er sa g te, aber war das Liebe?
    Margot klang fast ärgerlich, als sie Marie unterb r ach. »Beantworte m i r eine Frage. Hast du vor, dem teuren Onkel Ar m and von dieser Nichtliebe zu erzä h le n ? «
    Das

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