Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
ein dänisches Phänomen. Womöglich ein schonisches.« »Ein amerikanisches«, korrigierte Winter.
    »Die Dänen trifft es am härtesten«, beharrte Birgersson auf seiner Meinung. »Manche Städte müssen sich mit beiden Banden herumschlagen, den Hell's Angels und diesen Bandidos. Zum Beispiel Aalborg. Ich habe gehört, dort haben sie sich eine Schießerei vor dem Bahnhof geliefert. Direkt vor dem Bahnhof!«
    »Davon habe ich auch gehört.«
    »Mann, was ist heutzutage eigentlich los?«
    Möllerström war ganz aufgeregt. Die Brille ist doch neu, grübelte Winter. Oder hatte er damals nicht genau hingeschaut? Die Gläser sahen aus wie Computerbildschirme, oder war es Möllerströms ganzes Gesicht, das einem Bildschirm ähnelte?
    »Die im Krankenhaus haben nachgeforscht. Im Sahlgrenska«, sagte Möllerström gerade. »1972., Oktober. Das genaue Datum ist nicht ganz klar.«
    Vor Winters innerem Auge ging Angela in ihrem weißen Kittel durch einen Saal, in dem jemand lag, von Kopf bis Fuß in weiße Bandagen gehüllt.
    »Wonach haben die gesucht?«
    »Nach einem Mädchen, das eingeliefert wurde. Allein. Irgendwann.« »Eingeliefert?«
    »In die Notaufnahme oder bei einer der Sprechstunden der Fachärzte.«
    »Am Sahlgrenska?«
    »Ja, das Kind war ziemlich übel dran.«
    »Und das war Helene«, schloss Winter, und Möllerström machte ein enttäuschtes Gesicht, weil Winter seinen chronologischen Bericht einfach unterbrach.
    »Ja«, antwortete er kurz angebunden.
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß nur, dass sie... Nein, ich meine, sie haben nach Angehörigen geforscht, und schon bald hat jemand das Kind erkannt.«
    »Aber kein Angehöriger«, schlussfolgerte Winter, und Möllerström sah wieder enttäuscht aus. »Nein.«
    »Es ist das gleiche Muster«, sagte Winter. »Deshalb komme ich darauf.«
    »Nachbarn aus Frölunda haben sie wieder erkannt.« »Und da bekam sie einen Namen?« »Ja. Helene. Helene Dellmar.« »Dellmar?«
    »Sie hat mit ihrer Mutter in einer Wohnung in Frölunda gewohnt. Sie hieß Dellmar.«
    »Aber es war nicht die Mutter, die sich gemeldet hat?« »Nein.«
    »Und wo war die?«
    »Ich weiß nicht«, musste Möllerström zugeben. »Anscheinend weiß es niemand.«
    Winter hielt die Kopie des Papiers zwischen den Fingern. Die kleine und die ältere Helene hatten beide das Original in den Händen gehalten. Das waren gesicherte Abdrücke. Hatte sich der Abdruck des Kindes viel deutlicher abgezeichnet, weil es schweißnasse Finger gehabt hatte?
    »Das hat also in dem Kleid in der Kiste im Keller gesteckt?«, vergewisserte sich Ringmar. »Was hatte sie an, als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde?«
    »Weiß ich nicht. Das steht nicht da.«
    »Gibt es jemanden, der es wissen könnte?«
    »Keine Ahnung, Bertil. Das ist die nächste Frage, auf die wir eine Antwort finden müssen.«
    »Ich denke nur über dieses Kleid nach. Ob sie es anhatte. Was dann damit passiert ist.«
    »Ja.«
    »Sie hat wohl kaum selbst verlangt, es mitzubekommen. Danach. Vom Krankenhaus.«
    »Ja...«, grübelte Winter, »das ist die Frage.«
    »Ich fasse zusammen: Woher kommt das Papier? Wann landete es in der Tasche des Kleides? Wie lange hat es da dringesteckt? Wer hat es hineingetan?«
    »Und noch eine Frage«, ergänzte Winter. »Was bedeutet es?«
    In der Wohnung duftete es nach Kräutern und Knoblauch. »Ich habe gekocht«, verkündete Angela mit einem Glas Wein in der Hand. »Wie eine richtige Hausfrau.« »Abgesehen vom Weinglas«, wiederholte Winter sich. »Möchtest du auch eins?«
    »Nein, lieber einen Gin Tonic, wenn du wieder mit Trinken angefangen hast. Oder nein. Heute mal nichts.«
    Sie folgte ihm in die Küche.
    »Das wird zur Gewohnheit«, sagte er.
    »Ich bin gerade erst gekommen«, entgegnete sie.
    »Heute also nicht den ganzen Tag im Haus verbracht?«
    »Hast du bemerkt, dass ich deine Rockplatte aufgelegt habe?«
    Jetzt hörte er es. London Calling mit Clash. Bombombombombombombombombombombombombombom.
    »Es ist deine Erste«, staunte sie.
    »Vielleicht auch die Letzte.« Winter setzte sich auf einen Küchenstuhl. »Du hattest Recht.«
    »Ich? Womit?«
    »Ein kleines Mädchen, das Helene Soundso hieß, wurde aus irgendeinem Grund vor Jahren ins Krankenhaus eingeliefert. Die Krankenblätter waren noch vorhanden.«

43
    Sie hatten miteinander geschlafen, und Winter spürte, wie sich wohlige Müdigkeit in seinem Körper breit machte, aber eine kreative Müdigkeit, die die destruktive ablöste. Sein Körper fühlte

Weitere Kostenlose Bücher