Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
der eigenen Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht, zur Seite weg. Einige Augenblicke blieb er so am Boden liegen. Dann hob er mühsam den Kopf und streckte einen Arm aus.
In einer Ecke kauernd, beobachtete Sennar, wie der Höchste Wächter über den Fußboden kroch und eine Blutspur hinter sich zurückließ. Seine Augen waren hasserfüllt, und alle Entschlossenheit der Welt lag darin.
»Ich bin noch nicht tot«, zischte er leise.
Feuer und Stahl
Ais die Erde über ihm zu beben begann, wusste Dohor sofort, dass nun der
Zeitpunkt gekommen war. Er hörte, wie alle im Haus in Panik gerieten, hörte die Schreie, die hastigen Schritte, vor allem aber das Brüllen der Drachen, das nicht die leisesten Zweifel daran zuließ, was da geschah.
Langsam erhob er sich aus seinem Bett, griff zur Rüstung und zog sie an. Dann nahm er das Schwert zur Hand, das einmal seinem Vater gehört hatte - und war bereit.
Angefangen hatte alles in der Akademie. Zu jener Zeit war Ido dort als Ausbilder eingesetzt, um junge angehende Drachenritter für eine neue Truppe auszuwählen. Als der Gnom ihn dann für nicht tauglich befand, hatte er sich öffentlich darüber beschwert, was wiederum Ido zum Anlass nahm, ihn zum Zweikampf herauszufordern und ihn vor aller Augen zu demütigen. Dies war die lebendigste und schmerzlichste Erinnerung seines Lebens, in dem er bis zu diesem Zeitpunkt keine Rückschläge erlebt hatte: Als Sohn eines hochrangigen Generals sonnte er sich in der Bewunderung und im Neid seiner Kameraden. Egal mit welcher Waffe, er war besser als sie alle, wurde umschmeichelt und selbst von seinen Lehrern mit Ehrfurcht behandelt. Nur Erfolge kannte er, und es gab keinen Grund zu der Annahme, dass dies in Zukunft nicht mehr so sein sollte. Ido war der Erste, der ihm die Schmach einer Niederlage beibrachte. Vor allen Lehrern und Kameraden zog er seine Fähigkeiten in Zweifel, und das ausgerechnet er, der sein Land verraten hatte und dazu noch einer Rasse angehörte, die Dohor als ausgesprochen minderwertig empfand: den Gnomen.
In den Jahren danach hegte Dohor seinen Hass auf Ido und versuchte mit Terror und Gewalt gegen alle, die sich ihm widersetzten, die erlittene Schmach zu tilgen. Zunächst hatte er das Ziel, Oberster General der Akademie zu werden, ein notwendiger Schritt beim Aufstieg zur Macht, und dazu musste er Ido entmachten. Bei allem, was er unternahm, um die Aufgetauchte Welt zu erobern, stand ihm immer wieder der Gnom im Weg, und so hatte er es mit besonderem Entzücken erlebt, wie Ido, wehrlos wie ein Wurm, vor dem versammelten Rat der Magier stand, nachdem er, Dohor, ihn des Verrats bezichtigt hatte. Im Grunde sah er in all den Jahren weiterhin nur den aufgeblasenen Ausbilder in ihm, der ihn in der Akademie im Kampf auf drei Runden dreimal in den Staub gezwungen hatte.
Heute nun war der Tag gekommen, ihn endgültig zu vernichten. Es war schon eigenartig, dass sich das Schicksal so spät entschlossen hatte, sie
gegeneinanderzuführen. Denn nie zuvor hatten sie sich auf dem Schlachtfeld Auge in Auge gegenübergestanden. Nun wollte er endlich das Blut des Gnomen. Zuvor war er praktisch jeden Tag seines Lebens damit beschäftigt gewesen, Ido immer mehr zu nehmen: seine Titel, sein Zuhause, die Freunde, ja sogar seine Frau, aber wirklich in die Knie gezwungen hatte er ihn nie. In seinem Kopf war Ido immer noch der Stärkere, und das konnte Dohor nicht mehr länger ertragen. Gelassenen Schritts durchquerte er die Gänge, während die Assassinen wie von Sinnen aufgescheucht hin und her hasteten. Er beachtete sie nicht. Sein persönlicher Zweikampf war wichtiger als alles andere.
Immer wieder legte sich ohrenbetäubendes Brüllen über das allgemeine Geschrei und ließ die Mauern erbeben. Dohor kannte den Ruf der Drachen und lächelte böse. Da er wusste, dass Ido seinen Vesa im Kampf verloren hatte, konnte
dies nur eines bedeuten: Der Gnom hatte die ungeschriebene Verpflichtung eines jeden Drachenritters gegenüber seinem Tier gebrochen.
Hasst du mich so sehr, dass du auf das Andenken deines Drachen spuckst? Zittere, denn ich stehe dir darin nicht nach.
Er bewegte sich zu dem Flur, den Yeshol ihm einige Tage zuvor gezeigt hatte und der zu einem anderen Ausgang direkt in den dichten Wald hinausführte. Dort hatte der Höchste Wächter eine Hütte errichten lassen.
»Nur für Euch«, hatte er mit einem schmierigen Lächeln erklärt, »und für Euren Drachen.«
Je weiter er nach draußen gelangte, desto
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