Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
weißt du doch. Davon abgesehen, hast du es nicht gelernt, unbemerkt herumzuschleichen, und ...«
»Das weiß ich doch«, fiel Theana ihr ins Wort. »Ich will mich ja auch nicht beklagen. Doch wenn du mir nicht sagst, wie es dir wirklich geht, kann ich dir auch nicht helfen. Oder?«
Um eine ehrliche Miene bemüht, blickte sie Dubhe an. Mittlerweile lebten sie nun schon zwei Monate eng beisammen, und Theana hatte begonnen, ihre ungewöhnliche Gefährtin besser zu verstehen: ihre scheue Art, ihr Schweigen, ihren Kummer. Nun konnte sie zumindest erahnen, wovon Lonerin sich hatte anziehen lassen, denn es war etwas, dessen Faszination sie nun auch selbst spürte. Die Abgründe, denen Dubhe entstiegen war, fesselten, und ihr Hilferuf war für Leute, die wie sie oder Lonerin erzogen waren, nicht zu überhören.
»Sei ehrlich. Geht es dir schlechter?«
»Manchmal.«
»Hast du den Eindruck, dass das Siegel wieder erstarkt?«
Dubhe sprang auf. »Lass es!«, rief sie, während sie sich ein Stück entfernte. »Wieso denn? Dafür bin ich doch mitgekommen.«
»Ich mag es aber nicht, wenn du mich so ansiehst.«
Theana stand auf. »Dubhe, ich verstehe doch ...«
»Nein, du verstehst gar nichts. Du kennst das nicht, so mitleidig angesehen zu werden. Aber ich kann dir sagen: Es ist unerträglich. Lonerin hat mich auch so angesehen, als müsse er mich um jeden Preis retten, so als müsse ich sein persönlicher Triumph über das Schicksal werden. Aber ich brauche niemanden, der mich rettet.«
»Es ist doch nichts schlecht daran, Hilfe zu brauchen. Wir alle brauchen irgendjemanden.«
»Klar, damit kennst du dich ja aus. Jeden Abend flüchtest du dich zu deinem komischen Gott, nur um deiner Angst vor dem Tod beizukommen ...« Dubhe wusste, wie sehr ihre Worte Theana kränken mussten. Doch die ließ sich nichts anmerken und widersprach auch nicht. Sie dachte nur daran, dass ihr Glaube wieder einmal verhöhnt wurde, missverstanden, so wie auch schon zu Zeiten ihres Vaters.
»Genug davon. Antworte auf meine Frage: Ich muss wissen, wie es dir geht«, sagte sie schließlich in strengem Ton.
Müde und endlich mit ehrlicher Miene blickte Dubhe sie an. »Ja, in letzter Zeit setzt mir die Bestie öfter zu, ohne dass ich den Grund dafür wüsste. Es ist auch kein Zusammenhang mit der Schwächung durch deinen Zauber erkennbar. Plötzlich spüre ich nur, wie sie sich regt, und die Welt beginnt sich zu drehen und rot einzufärben. Aber nicht lange. Dann geht es vorüber, ganz von allein.«
In der Stille, die folgte, suchte Theana nach den passenden Worten, aber das war nicht nötig.
»Sennar hat mir ja gesagt, dass es kein echtes Heilmittel gegen diesen Fluch gibt. Ich weiß das. Die einzige Lösung ist der Tod meines Feindes, und eben dafür schlage ich mir die Nächte um die Ohren. Es gibt keinen anderen Weg.« »Nun, ich weiß auch nicht, wie ich dir anders helfen könnte.«
»Dabei tust du schon sehr viel für mich«, seufzte Dubhe mit einem gequälten Lächeln. »Ohne dich wäre die Bestie schon lange hervorgebrochen. Aber wichtiger ist, dass du Erfolg hast, wenn wir erst im Besitz dieser Papiere sind.« Theana versuchte, das Lächeln zu erwidern, aber es gelang ihr nicht. Es war seltsam, wie wenig sich verändert hatte. Im Palast beim Rat der Wasser in Laodamea war sie sich häufig nutzlos vorgekommen. Und nun, nach all den Strapazen, die sie auf dieser Mission bereits auf sich genommen hatte, war die Situation immer noch ähnlich: Sie konnte nichts anderes tun, als machtlos zuzusehen. So wie in all den Jahren zuvor.
Man hält sie /est Erklärungen sind sinnlos.
»Das stimmt alles nicht! Er hat nie etwas Böses getan!«
Die Düte brüllen, während man ihren Vater in Ketten fortschleift.
»Assassine!«
»Du steckst mit diesen verfluchten Mördern unter einer Decke.«
»Tod dem Assassinenpriester!«
Die Schlinge hängt bereits, nur einen Schritt entfernt.
Endlich schienen sie einen Platz gefunden zu haben, wo sie nach dem langen Umherirren in Frieden leben konnten. Sie waren sesshaft geworden, hier im Land des Meeres, und hatten sich nie etwas zuschulden kommen lassen, hatten versucht, ein zurückgezogenes, friedliches Leben zuführen. Aber unmöglich hätte sie von ihrem Vater verlangen können, nicht mehr zu seinem Gott zu beten. Und dann hatte es schon gereicht, dass irgendjemand nur einmal diesen Namen hörte, und alles war zusammengebrochen. Thenaar.
»Es ist nicht so, wie ihr glaubt!«, schreit sie mit der Kraft der
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