Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
Die E rkenntnis war ganz plötzli c h gekommen, geboren aus Verzweiflung u n d Schmerz.
Fast zehn Jahre lang hatte sie sich treib e n lassen, ohne i r gendetwas für sich zu erwarten, ohne auch nur zu versuchen, den scheinbar unauf h altsamen Fluss der Ereignisse zu stoppen. Aber wie hätte s i e si ch a u ch wehren sol l en? Es wäre a u s sichtslos gewesen, und so hatte wohl alles seine Richtigkeit gehabt.
Aber war es a u ch richti g , s ich jetzt von der B estie ve r schli ng en zu lassen? War es richti g , dass i h r Leben m it d ies em wahnsinnigen Opferritual für Thenaar zu
Ende gin g ? Und was war mit der Aufgeta u chten Welt? W a s war mit den Hoffnungen ihrer vielen Tausend Bewohner?
Nein! Sie hatte die Gi lde f ü r imm er v e rlassen und würde nie mehr dorthin zurückkehren.
Sie würde fliehen, ganz egal wie schwierig das würde, und die für die A u f g eta u chte Welt so ent s c h eidende M i ss io n a l lein fortf ü hren. War u m si c h damit abfin d en, d a ss al l es a u s war? N u r weil die Chancen so sch l echt stan d en? I n dem Augenblick, als sie L o nerin zum l e tzten Mal sah, hatte er ihr nicht nu r seinen H a ss h i nterlassen. N ei n, er hatte sog a r gelächel t . In der G ewi s shei t , d a ss sie n i cht auf ge ben, son d ern a uch für ihn we i terkämpfen würde. Und das würde sie tun. S i e musste es tun! E n d l ich hatte sie e i n echtes Ziel.
Ein sich rosa färbender Himmel kündigte den neuen Tag an, und ein Tritt rief Dubhe in die Gegenwart zurück. Rekla thronte über ihr und starrte sie wütend an. G rob wec h selte s i e ihr d e n Verband mit der klaren A bs icht, ihr wehz u t u n, rührte dann einige Zutaten in dem Sc h ü sse lc hen z u sa mm en u nd g ab ihr d a s Gebräu zu trinken. Es sch m eckte anders a ls a m Vorabend, vielleicht ein Zeichen, dass sie ihr di es mal ke i nen üblen Stre ic h s p i e lte. Dann zog sie noch einmal die Stric k e an Du b hes Knöcheln und Handgele nk en fester an u nd lud sie F illa auf die Schultern.
»Mach mir nur keinen Unsinn!«, zischte sie, während sie Dubhes Haar packte und ihren Kopf hochzog. »Od e r du weißt, w as dir blüht.«
Fü r einen F l uc htvers uc h f ü hlte s i ch D u bhe n och v i el zu sc h wach. Das mu sste sie wohl einige Tage auf sc hieben. I n d em Trank, d en Rekla angerührt hatte, war m i t Sicherheit ein Beruhigu ng s m ittel, das die Wächterin einset z te, um ihre G e fangene im Zaum zu halten. Dubhe ü b erlegte, dass sie es, wenn sie fliehen wollte, u nbedin g t sch a ffen mu sste, einen klaren Kopf zu behalten. Außerdem durfte sie nicht ver g e s s e n, a u ch einige Amp u llen G egengift f ü r die B estie mit g ehen zu lasse n . Re k la h atte Lonerins Q u ersack a u sgeleert und ei nige Dinge in de r eigenen Wandertasche verstaut. D ie t r ug sie immer u m den Ha l s u n d hie l t sie im S chlaf fest umklam m ert.
Den ganzen Tag waren sie unterwegs, und d abei gab sich Dubhe benommener, als sie es tats äc hlich war. Sie wollte das Verhalten ihrer P ei ni g er g enau st ud ieren, ihre Schwach p unkte aufdecken. A l s sie eine Pause machte n , um s i e zu v ersorgen, bemer k te sie, d ass Fi lla sie ni c ht unf r eundlich behandelte. Er war anders als Rekla, wec h se l te ihren Verband mit b e hutsamen Händen. Vielleicht war ihm Mitle i d kein fremdes Gefühl. Die be i den wa r en schon ein sehr ungleiches Paar, mer k würdi g , d ass Y e shol sie zu sammen a u sgeschickt hatte. Vielle ic ht m u s s te s ie versuchen, diese Unte r schiedlichkeit bei der Flucht für sich ausnutzen.
Wieder verbrachte s ie e ine s c hlaflose Nac ht . Sie f ü hlte sich erschöpft, aber es war notwendig, sich ein genaues Bild der Situation zu ma c hen. I mmer wenn d er Schlaf sie überkommen wollte, drehte s i e sich ein wenig a u f die verwund e te Seite. K e in gu tes H e ilmitt e l, d och der Schm e rz verhinderte, da s s sie ein s chlief. Den Schlaf ihr e r beiden F ein d e beobachten d , fiel ihr a u f, d a ss Fi llas Atem nach ein paar Stun d en tiefer wurd e , wäh r end Rekla in regelmäßigen Abständen a u fwachte u nd s i ch pr ü fend um scha u te. Da b ei sc hien sie n i cht vo l l k o mm en wach zu s e in, wora u f D u bhe allerdin g s nic h t hätte schwör e n wollen. Doch nicht das le is este Ge rä u sch ent g ing ihr, u nd klang ein Rauschen nu r ein wenig a nders als z u vor, f u hr ihre Hand u n v erz ü glich z u m Dolch, u nd ihre A u gen weite t en sich.
Von ihrer Tasche trennte
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