Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Hauses und ducke mich jedes Mal, wenn wir an einem Fenster vorbeikommen. Naito steht an der Hintertür, zusammen mit Aren. Der zerrt mich zu Boden, sobald ich den kleinen Feuchtraum betrete.
»Runter«, ordnet er an.
»Ich bin doch unten«, fauche ich zurück.
In seinen Augen flackert kurz irgendetwas auf, was ich nicht einordnen kann, als ich mich ein Stück von ihm entferne.
Er sagt etwas auf Fae zu Naito. Eine Sekunde später öffnen Aren und Kelia Risse und verschwinden.
»Sie wollen die da draußen ablenken«, erklärt mir Naito. »Wenn sie auf der Lichtung auftauchen, werden wir zum Pfad rennen. Aren und einige der anderen versuchen, uns den Weg frei zu halten, aber bleib ja nicht stehen.«
Er richtet sich auf und sieht durch das kleine Sichtfenster in der Hintertür. Die Hand an Toms Pistole. Sein entschlossener Gesichtsausdruck sagt mir, dass er die Waffe im Notfall auch benutzen wird.
»Würde dein Vater dich wirklich töten?«
Er wirft mir einen Blick zu und nickt. »Ja, das würde er.«
»Warst du ein Vigilant, als du Kelia begegnet bist?«
Seine Züge werden ein wenig weicher, als ich ihren Namen ausspreche. »Ja.«
Der Hintereingang des Gasthauses steht unter Beschuss, und die Kugeln machen peng, als sie auf Rohre in der Mauer treffen. Ich lege mich flach auf den Boden, schließe die Augen und bete, dass es aufhört. Nach einigen langen Sekunden ist wieder Ruhe.
Naito schüttelt Glassplitter aus seinen Haaren. Das Sichtfenster ist endgültig zerschmettert.
Die darauf folgende Stille macht mich ganz unruhig, vor allem, da sie sich über mehrere Minuten erstreckt. Ich möchte am liebsten die Tür aufreißen und losrennen, aber der rationale Teil meines Gehirns rät mir zu warten. Um mich abzulenken, frage ich: »Und ihr seid glücklich miteinander?«
»Ja.« Er wirft erneut einen Blick nach draußen.
»Obwohl die meisten Fae keine Menschen mögen?«
»Die meisten königstreuen Fae mögen keine Menschen«, korrigiert er mich. »Das ist die Schuld des Königs. Er glaubt, wir zerstören ihre Magie.«
»Aber das tun wir doch.« Zumindest beschädigen wir sie.
»Nein. Das ist ein zyklischer Verlauf. Die Magie des Königreiches ist in einigen Jahrhunderten stärker und in anderen schwächer.« Naito duckt sich wieder und sieht mich fragend an. »Was sollen diese ganzen Fragen? Hast du etwa vor, dich mit einem Fae einzulassen?«
»Natürlich nicht«, erwidere ich rasch. Ich habe Naitos Theorie schon früher gehört. Viele Fae nutzen sie als Ausrede für die kleinen Souvenirs, die sie in ihre Welt mitnehmen.
»Ich kann es dir nur empfehlen«, fährt er fort. »Sex mit Edarratae … « Er schüttelt den Kopf und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Glaub mir, es wird dir gefallen. Du wirst nie wieder etwas mit einem Menschen anfangen wollen.«
Ich wende rasch den Blick ab. Naito scheint nicht zu bemerken, dass ich rot werde. In diesem Moment sehe ich zwei große, starre blaue Augen, die mich ansehen. Sosch. Er hat sich in der Lücke zwischen dem Heißwasserboiler und der Wand versteckt.
Ich strecke die Hand aus. Das reicht ihm als Einladung aus. Mit einem leisen Quieken saust er in meine Arme. Das arme Ding ist voller Silberstaub und zittert.
»Er wird dich nur aufhalten«, meint Naito.
Natürlich hat er recht. Ich sollte ihn zurücklassen, aber der Groll, den ich gehegt habe, seit ich ihn in meinem Rucksack gefunden habe, ist weg. Ich werde ihn nicht aufgeben, nur weil er Aren gehört.
Und wo wir gerade bei meinem Rucksack sind, der lag doch auf den Sachen der Fae in der Frühstücksecke in der Küche. Darin könnte ich den Kimki viel leichter transportieren als in meinen Armen. Ich setze Sosch auf den Boden und befehle ihm, dort sitzen zu bleiben.
Das tut er nicht. Sobald ich loskrieche, zirpt er und folgt mir. Zum Glück grenzt der Feuchtraum direkt an die Küche, daher bin ich innerhalb von Sekunden bei meinem Rucksack. Sosch saust hinein, und ich kehre zur Hintertür zurück.
Naito beobachtet, wie ich den Reißverschluss des Rucksacks schließe. »Die Vigilanten hätten Sosch vermutlich ohnehin nicht gefunden.«
Ich zucke mit den Achseln und ziehe den Reißverschluss ein kleines Stück auf, damit Sosch nicht erstickt und im Notfall auch rauskommt.
»Wie lange noch?«, frage ich und hänge den Rucksack um.
Er muss mir nicht antworten. Meine Haut prickelt einen Sekundenbruchteil, bevor sich ein Riss direkt vor der Hintertür auftut.
»Jetzt«, sagt der Fae.
Naito zerrt mich
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