Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
einen von ihnen am Leben lassen.
Der Regen durchweicht meine Haare und meine Kleidung, und ich werde langsamer, als ich am Waldrand entlanglaufe. Bei jedem Schritt bete ich, dass die Menschen den Schlüssel stecken gelassen haben. Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll, ich kann den Wagen ja schließlich nicht kurzschließen, aber als ich näher komme, höre ich das Brummen des Motors. Sie haben ihn sogar laufen gelassen.
Ich nehme den Rucksack ab, renne zur Fahrertür, reiße sie auf und springe hinein. Sosch quiekt, als ich ihn auf den Beifahrersitz werfe, aber ich habe keine Zeit, um nachzusehen, ob es ihm gut geht. Es läuft alles viel zu problemlos, doch darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Ich lege den Rückwärtsgang ein und trete auf das Gaspedal. Zu fest. Der BMW schlingert auf dem nassen Gras, doch dann habe ich ihn unter Kontrolle. Ich lege einen Gang ein.
In der nächsten Sekunde explodiert die Heckscheibe. Glas fliegt durch die Luft. Ich ducke mich hinter dem Lenkrad und steuere blind, als Kugeln in die Seite des Autos einschlagen. Während ich auf dem unebenen Gelände beschleunige, um von den Angreifern wegzukommen und in Richtung der Straße zu fahren, riskiere ich einen schnellen Blick über das Armaturenbrett.
Da steht Aren. Ich trete auf die Bremse, als er einen Vigilanten niederstreckt, der eine Pistole auf mich gerichtet hat. Aren öffnet einen Riss, taucht hinter einem anderen bewaffneten Mann wieder auf und versetzt ihm einen Hieb. Sofort nehmen drei weitere Vigilanten den Platz des Toten ein.
Dieses Mal geht Aren bei seinem Angriff langsamer vor. Zwei der Neuankömmlinge können noch schießen. Aren taumelt. Er verliert den Halt, rutscht aus und fällt auf den Rücken.
Vielleicht hätte ich wegfahren können, wenn er mir nicht in diesem Moment in die Augen gesehen hätte. Ich erstarre, obwohl mein Fuß schon über dem Gaspedal schwebt. Die Vigilanten werden ihn töten. Eigentlich sollte mir das egal sein. Ich sollte ihn sterben lassen, schließlich hat er Hunderte von Fae getötet, aber wenn ich ihn hier zurücklasse, wäre das auch fast schon Mord. Das kann ich nicht tun, nicht, wenn ich in der Lage bin, ihm zu helfen.
Ich verfluche mein Gewissen und trete aufs Gas. Dann fahre ich in die beiden Menschen hinein. Bevor sie sich wieder aufrappeln können, stehe ich schon neben Aren und drücke die Beifahrertür auf. »Steig ein.«
10
A lles okay?«, frage ich, auch wenn es mir eigentlich egal ist. Wirklich. Ich erfülle nur meine humanitäre Pflicht, indem ich Aren mitnehme. Wenn wir einige Meilen zwischen uns und die Vigilanten gebracht haben, werde ich ihn am Straßenrand absetzen, dann ist er auf sich allein gestellt.
Ich werfe ihm einen Blick zu. Er umklammert den Griff seines Schwertes mit der rechten Hand und hat sich an die Autotür gelehnt, um so weit wie möglich vom Radio und der Klimaanlage entfernt zu sein. Seine Edarratae blitzen unregelmäßig auf, und er fühlt sich ganz offensichtlich nicht wohl. Wenn Technik die Magie der Fae durcheinanderbringt, desorientiert sie das. Anfangs ist es nicht schlimm, und sie können die Benommenheit einige Zeit lang ignorieren, aber Aren ist geschwächt, und er ist verletzt. Sein Brustharnisch ist voller Dellen, und neben Kratzern und blauen Flecken hat er seit dem ersten Angriff der Vigilanten auf das Gasthaus ein Loch in der linken Schulter. Im Moment ist es von seiner Rüstung bedeckt, aber ihm rinnt Blut am Arm herunter, das von seinem Ellbogen auf das Sitzpolster tropft.
Vorsichtig beginnt er, die Schnüre an seinem Brustharnisch zu lösen. Ich packe das Lenkrad etwas fester, um den Drang zu unterdrücken, ihm dabei zu helfen. Es dauert eine Weile, aber schließlich hat er die Rüstung ausgezogen und auf den Rücksitz geworfen. Man kann ihm die Anstrengung ansehen. Seine Brust hebt und senkt sich schnell, als er sich zurücklehnt und die Augen schließt.
Na, super. Ich kann ihn doch nicht rauswerfen, wenn er so schwer verletzt ist.
Tja, er kann ja meinetwegen im Auto bleiben. Sobald wir irgendeine Zivilisation erreicht haben, haue ich ab.
»Kannst du die Heizung ausschalten?«, fragt er mich.
Mir ist jetzt schon kalt, die Heckscheibe ist kaputt, und wir sind beide völlig durchnässt, aber Arens Stirnrunzeln ist nicht zu übersehen.
Ich seufze und schalte die Heizung aus.
»Deine Edarratae sehen nicht so schlimm aus«, sage ich, als der letzte warme Lufthauch verschwunden ist. Das ist nicht mal wirklich gelogen. Die
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