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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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gegen die Effekte wäre, nachdem ich weiß, dass ich am Stockholmsyndrom leide, aber dem ist nicht so. Es ist schlimmer als vorher.
    »Deine Sorge um mein Wohlergehen ist herzerwärmend«, sagt er. Dann stöhnt er auf, als ich ein frisches feuchtes Tuch auf seine Wunde klatsche.
    Sosch legt sich auf die Lehne des Rücksitzes. Seine blauen Augen funkeln, und er sieht mir bei der Arbeit zu. Ich säubere Aren, so gut ich kann, habe aber irgendwie das Gefühl, dabei keine Fortschritte zu machen. Jedes Mal, wenn ich Druck auf seine Schulter ausübe, strömt wieder Blut heraus. Als ich nur noch zwei Tücher habe, beschließe ich, mich erst mal um die Austrittswunde auf seinem Rücken zu kümmern. Da ich mich nicht auf seinen Schoß setzen will, komme ich da so aber nicht ran.
    »Steig aus.« Ich gehe ein Stück nach hinten, damit er aussteigen kann.
    Er ergreift das Dach des BMW, zieht sich hoch, dreht sich um und stützt seine Unterarme auf die Kofferraumhaube. Verdammt, sein Rücken sieht auch höchst appetitlich aus, wenn man mal von der Schusswunde und dem Blut absieht. Seine Schultern sind breit, und die Muskeln zu beiden Seiten der Wirbelsäule bewegen sich, als er seine Körperhaltung anpasst. Ein Chaosschimmer schießt im Zickzack über seine Brust und verschwindet im Bund seiner Hose. Der Drang, seinen Weg mit den Fingern nachzuziehen, ist unvorstellbar groß, aber ich konzentriere mich darauf, das Loch in seiner linken Schulter zu verarzten.
    Nachdem ich das letzte blutgetränkte Tuch in den Wagen geworfen habe, lässt sich Aren wieder auf den Sitz fallen. Er wühlt im Verbandskasten herum und holt eine Nadel sowie etwas, was eher nach Zahnseide als nach einem Faden aussieht, heraus. Dann hält er mir beides hin.
    »Das stand nicht auf meinem Programm«, sage ich und sehe ihm direkt in die Augen.
    Er mustert mich kurz und erwidert dann mit sanfter Stimme: »All das stand nicht auf deinem Programm, nicht wahr?« Er fädelt den Faden selbst ein und sticht ihn ohne Zögern in den Rand seiner Schusswunde. Ich verziehe das Gesicht und wende mich ab.
    »Du bist nicht so, wie ich erwartet hatte«, erklärt er.
    Ich richte den Blick stur auf den Boden unter meinen Füßen. Er ist auch nicht so, wie ich erwartet hatte, aber das werde ich bestimmt nicht zugeben.
    »Ich dachte, du wärst herzlos«, fährt er fort. »Und kalt, genau wie Schwertmeister Taltrayn. Aber das bist du nicht.«
    »Der Schwertmeister ist nicht kalt«, erwidere ich, bevor mir überhaupt bewusst ist, was ich da sage.
    Er hört auf, seine Wunde zu nähen, und sieht mich an. »Bist du es nie leid, den Hof zu verteidigen?«
    Ich tue die Frage mit einem Achselzucken ab. Er hat die Wunde schon fast geschlossen, aber seine blutigen Finger können die Nadel kaum noch festhalten, und er sieht nicht, was er tut, obwohl er den Kopf schon so weit dreht, wie er nur kann. Am Rücken wird er sich erst recht nicht nähen können.
    »Gib her«, knurre ich und nehme die Nadel. Bevor ich einen Rückzieher machen kann, steche ich sie in seine Haut. Ich ziehe den Faden fest an, schiebe ihn unter einige der anderen Stiche und schneide ihn dann ab. »Dreh dich um.« Ich nehme seinen Arm und drehe ihn so, dass Arens Gesicht erneut zum Auto zeigt. Wenige Minuten später ist die Wunde vernäht. Ich wische so viel Blut ab, wie ich nur kann, bevor ich beide Wunden verbinde.
    Aren grinst. »Das war doch gar nicht so schlimm, oder?«
    »Es war schrecklich«, entgegne ich und mustere ihn von oben bis unten. Er hat sehr viel Blut verloren. Das muss ihn doch irgendwie schwächen oder langsamer machen. »Bist du sicher, dass du es bis zum Tor schaffst?«
    »Ja, bin ich.« Er beugt sich in das Auto, nimmt meinen Rucksack und ruft Sosch. Der Kimki huscht sofort hinein.
    Ich mache einen Schritt zur Seite und bedeute Aren, dass er vorausgehen soll. Er hängt sich einen Riemen des Rucksacks über die unverletzte Schulter und streckt die Hand aus.
    »Wir müssen nicht Händchen halten.«
    »McKenzie«, sagt er in nicht sehr geduldigem Ton.
    Ich beiße die Zähne zusammen, als mir klar wird, was er von mir will, verdrehe die Augen, nehme die Autoschlüssel aus der Hosentasche und werfe sie ihm gegen die Brust.

11
    N ach nicht einmal einer Stunde trage ich den Rucksack mit Sosch und muss auch Aren halb durch den Wald schleppen. Anfangs hat er meine Hilfe abgelehnt, und ich habe mit angesehen, wie er über den von Unkraut überwucherten »Trail« gestolpert ist. Als das Unterholz zu dicht

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