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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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Beisammensein hatte sie wohl nicht gut verkraftet. Sie würde sicherlich gleich wieder aufwachen.
    Zoe wusste es, noch bevor Cale sich endlich dazu durchrang, einen Spiegel vor Eloises Mund zu halten, um zu prüfen, ob sie noch atmete. Sie war tot.
    Die Vision brach ab, und Zoe erwachte in ihrem Bett.

Zwölftes Kapitel
    Gedanken und Wahrheit
    Cale schlug die Augen auf und wünschte, er hätte es nicht getan. Er sah direkt in das Gesicht von Neil, der sich über ihn beugte. »Wach endlich auf.«
    Cale kämpfte damit, wachzubleiben, aber als er die Augen wieder schloss, waren mit einem Schlag alle Erinnerungen der letzten Nacht zurück. Er riss die Lider wieder auf und setzte sich auf.
    Neil sah das mit zufriedener Miene und klopfte Cale auf die Schulter. Der Nephilim war überraschenderweise in Desmonds Apartment aufgetaucht, das Cale als seinen momentanen Unterschlupf gewählt hatte. Neil war ebenso überrascht gewesen, ihm dort zu begegnen, wie Cale, doch er hatte sich ehrlich gefreut, ihn zu sehen. Anders als Desmond wusste er auch bereits von Lexas und Simias’ Tod. Anscheinend war Cale schon zu weit von den Buschtrommeln der Dämonen entfernt. Neil hatte sein Ohr aber nach wie vor noch nah an den Gerüchten und dem Klatsch der Unterwelt Edinburghs.
    »Warum willst du mich unbedingt in der Senkrechten haben?«, nuschelte Cale und setzte sich auf den Bettrand.
    »Weil ich sichergehen will, dass du den Tag nicht verschläfst.« Neil klang fast amüsiert. Cale entspannte sich etwas. Neil war unter allen Dämonen in Lexas Agentur immer derjenige gewesen, der am vertrauenswürdigsten war und den Cale tatsächlich als Freund ansah. Allein seine Anwesenheit sorgte dafür, dass Cale ein wenig positiver in die Zukunft sehen konnte. Auch wenn diese Zukunft im Augenblick nur aus dem Wunsch nach Kaffee bestand.
    Er fuhr sich über das Gesicht. »Und was tust du solange, während ich versuche, nicht zu verschlafen?«
    Neil zuckte mit den Schultern. »Ich werde versuchen, so viele der Leute aus der Agentur zu finden wie möglich. Das Geschäft muss weitergehen, auch ohne Lexa.«
    Bei jedem anderen hätten diese Worte hart und herzlos geklungen, aber nicht bei Neil. Es war seine Art, pragmatisch zu denken. Neil tat, was getan werden musste.
    »Mach das. Ich sehe zu, dass ich noch einmal ins Sin gehe.«
    Neil horchte auf. »Was willst du denn dort? Da laufen doch im Moment bestimmt noch Polizisten herum, wegen Simias’ Tod.«
    »Das mag sein. Aber ich glaube, Simias hatte noch etwas, was mir bei der Suche nach seinem Mörder helfen kann.« Das war nicht die ganze Wahrheit, aber Cale fürchtete, Neil in Gefahr zu bringen, wenn er ihm zu viel verriet. Seit Simias’ Tod war er vorsichtig geworden. Dass Desmond seit seinem Verschwinden nicht wieder aufgetaucht war, hatte ihn nur umso behutsamer werden lassen. Diese zwei Dämonen waren die letzten verbliebenen Anker in dieser Welt, die ihn noch hielten. Wenn einem von beiden etwas zustoßen würde ... Cale führte den Gedanken nicht zu Ende.
    Neil sah ihn ernst an. »Ich hoffe, deine Vermutung ist das Risiko wert. Ich habe gehört, dass die Polizei langsam auf dich aufmerksam wird. Eine Zeugin hat dich beschrieben und ausgesagt, dass du gestern Abend ziemlich aufgebracht warst und mit Simias sprechen wolltest.«
    Das Mädchen aus dem Club, Simias’ Mahlzeit für den Tag. Cale hatte ihr durch sein Auftreten wahrscheinlich noch einen Gefallen getan, und sie verpfiff ihn an die Polizei. Er stöhnte innerlich auf. Neil hatte recht. Durch die Schlägerei hatte er ohnehin schon zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und die Verbindung zu Simias war auch nicht die einfachste. Wenn man ihn jetzt am Arbeitsplatz des letzten Opfers sehen würde, würde man ihm bestimmt Fragen stellen. Und darauf konnte er beim besten Willen verzichten.
    Besonders, weil er nach der letzten Nacht verwirrter war,als zuvor. Zoe hatte sein Blut gelesen, und er hatte genau gesehen, was sie darin gefunden hatte. Sie hatte seine Vergangenheit gefunden und sie durchlebt, so wie er es damals erlebt hatte. Die Erinnerung an Eloise war schmerzhaft gewesen, doch durch die Jahrhunderte war das Gefühl abgegriffen und fühlte sich lange nicht mehr so stark an wie noch zu Anfang. Die Tatsache, dass Zoe gesehen hatte, was er getan hatte, und erkannt hatte, was für ein Monstrum er in Wirklichkeit war, hatte ihn tiefer getroffen. Er hatte sie nicht abhalten können, und das machte ihn noch immer schier wahnsinnig. Er

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