Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
Vom Netzwerk:
Schmuck, der übertrieben mystisch aussah. Cale nahm eines der Bücher und runzelte die Stirn. Latein. Das hatte er noch nie gekonnt und trotz seines langen Lebens auch nie den Wunsch verspürt, es zu erlernen.
    Er wühlte sich weiter durch die Bücher und Rollen, bis er auf eine stieß, die in Altenglisch verfasst war. In ihr war von Zaunreitern und Frauen mit dem zweiten Gesicht zu lesen, die ihre Kraft direkt aus der Erde zogen und sie im Gegenzug dazu wie eine Gottheit verehrten und schützten.
    Aufmerksam las Cale die letzte Passage, die davon sprach, dass diese Frauen auch der Gerichtsbarkeit dienlich waren. Sie tranken das Blut der Ermordeten und konnten daraufhin den Mörder benennen, weil sie das sahen, was die Erschlagenen zuletzt gesehen hatten. Einige dieser Bluttrinkerinnen, meist die ältesten und erfahrensten, konnten sogar die Vergangenheit einiger Menschen genau benennen.
    Ein kalter Schauer rieselte Cale über den Nacken. Simias hatte recht gehabt. Das war es, was Zoe gestern Nacht getan hatte. Sie hatte sein Blut gelesen und seine Vergangenheit darin gefunden – sein Ende als menschliches Wesen und seine Geburt als Kind der Hölle. Der Schauer verstärkte sich, als er an das Foto auf ihrem Nachttisch dachte. Sein Foto. Es war auf der Polizeiwache gemacht worden, und er konnte nur raten, woher sie es hatte. Aber der Zusammenhang wurde langsam klarer. Womöglich setzte Zoe diese Gabe des Blutlesens öfter ein und trank das Blut der Verstorbenen. Wenn sie Lexas Blut getrunken hatte, hatte sie sein Gesicht gesehen.
    Mit einem Mal fügten sich in Cales Kopf all die verschiedenen Puzzleteile zu einem Ganzen zusammen. Daher auch Zoes Albtraum, in dem er ihr das Herz herausriss. Daher auch ihre Bemerkung über ihn als Mörder bei ihrem ersten Zusammentreffen.
    Cale fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht. Zoe jagte einen Mörder, aber sie hatte den falschen Verdächtigen. Aber warum tat sie das? Hatte sie jemand auf diese Fährte gebracht oder war sie selbst auf Rache aus? Wenn dem so war, warum?
    Er stöhnte leise und hieb frustriert gegen die Tür des Spinds. Es schepperte laut, und eine kleine Kiste mit Schmuckstücken fiel heraus. Cale hob sie auf und sammelte die verstreuten Schmuckstücke auf. Das meiste davon waren Ketten oder Ringe.
    Eine Kette sah der verdächtig ähnlich, die Cale in seiner Jackentasche bei sich trug. Er hob sie an und zog das Amulett von Pest aus der Tasche. Die Ähnlichkeit war nur auf den ersten Blick da – bei genauerem Hinsehen bemerkte Cale, dass Simias’ Amulett nur aus Glas und billiger Bronze bestand. Gemein hatten beide Ketten nur den schwarzen Stein in der Mitte. Was hatte Caes noch gesagt? Das Amulett hatte etwas getan, als er in Zoes Traum gewesen war, aber er konnte sich nicht erinnern, was ...
    »Fallen lassen und die Hände hoch!«, bellte eine Stimme, und Cale schrak zusammen. Beide Halsketten fielen klirrend auf den Boden. Cale drehte sich um und sah sich mit einem auf ihn gerichteten Pistolenlauf und einem angespannten Polizisten dahinter konfrontiert. Im Halbdunkel konnte er sein Gesicht nur schlecht ausmachen, aber es wirkte vertraut.
    Der Polizist hielt die Waffe noch immer auf ihn gerichtet und kam näher. Cale kniff die Augen zusammen, um sein Gesicht erkennen zu können – und dann wusste er, wo er ihn schon einmal gesehen hatte. In Zoes Träumen. Dieser Mann war der Grund für ihre Trauer und Einsamkeit, die Cale immer wieder spürte, wenn er derart in Zoes Träume eintauchte.
    »Hände hoch, habe ich gesagt!«, bellte der Mann abermals, und Cale fiel auch sein Name wieder ein: Adrian.
    »Sieh an, heute mal im Dienst und nicht in fremden Betten unterwegs?«, fragte er möglichst ruhig, auch wenn er wusste, dass ihn das nur in Schwierigkeiten bringen würde. Nicht, dass die Tatsache, dass er hier im Spind eines frisch ermordeten Dämons herumwühlte, ihn nicht schon genug in Schwierigkeiten brachte. Aber er konnte seine Gefühle einfach nicht unterdrücken – dieser Kerl hatte Zoe verletzt. Er hatte ihr wehgetan.
    Tatsächlich brachten seine Worte Adrian für einen Moment aus dem Konzept. »Woher wissen Sie meinen Namen? Was soll das?«
    Cale trat näher, ohne auf die Waffe zu achten. Sie würde ihm ohnehin nicht viel anhaben können. »Leg die Waffe weg, sie nützt dir nichts, Adrian«, sagte er leise und beobachtete das Gesicht des Polizisten genau.
    »Bleiben Sie stehen!«, rief Adrian und hob die Waffe höher. Seine Verwirrung war ihm

Weitere Kostenlose Bücher