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Die Schattenstaffel Kommissar Morry

Die Schattenstaffel Kommissar Morry

Titel: Die Schattenstaffel Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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war schon gewonnen, sagte er sich. Und je mehr Zeit bis zur unausbleiblichen Vermißtenanzeige verstreicht, desto schwieriger und unmöglicher muß es werden, das Verschwinden der alten Dame zu erklären. Wahrscheinlich — so frohlockte der Verbrecher weiter — würde Mister Hurlinghamer bei keinem Menschen Glauben finden, falls er behaupten wollte, er hätte sich ausgerechnet zur mutmaßlichen Tatzeit auf der Fahrt von Southend nach London befunden. Das war nach menschlichem Ermessen wahrhaftig kein überzeugendes Alibi!
    „Napoleon von London" suchte sein Hotelzimmer auf, summte zur Tarnung eine Schlagermelodie vor sich hin, entnahm dem Wandschrank einen fast übereleganten Abendanzug, zog sich bis zum letzten I-Punkt festlich an und gab sich — im Sessel hingestreckt — dem Genuß einer Zigarette hin. Dabei ließ er sich die ganze neugeschaffene Situation noch einmal präzise durch den Kopf gehen. Er kombinierte: Die Schnüffler von der Kriminalpolizei müssen annehmen, der Boy ist in — normalerweise — unüberbrückbare finanzielle Schwierigkeiten geraten. Das stimmt ja in der Tat haargenau! Dann habe er den erfolglosen Versuch unternommen, seine Tante um den notwendigen Kies zu erleichtern. Drum also nicht lange gefackelt, den günstigsten Moment abgepaßt und freie Bahn geschaffen. Danach: zurück nach London, und in aller Ruhe den immensen Schatz kassiert. — Als verwandtschaftlicher Gast war er ja mit allen Einzelheiten der Örtlichkeit bestens vertraut. Die Tatzeit liegt genauso, daß sie dem jungen Schnösel das Genick brechen wird, so oder so!
    „Napoleon" paffte einen neuen langen Zug von sich. Ja, die Tatzeit — das haut bestens hin, wiederholte er sich zufrieden. Da können die prominentesten Kriminalen der Welt in London zusammenlaufen und knobeln — in meinem Verfahren ist keine Lücke. Routine bleibt Routine!
    „Napoleon" erhob sich, prüfte im Spiegel seine Erscheinung, zupfte an der Krawatte,
    knipste mit Daumen und Zeigefinger ein Fusselchen vom Stoff hinunter und ging hinaus. Als er die Bar des feudalen Hotels betrat, war seinem beschwingten Wesen nicht die Spur eines schwerbeladenen Gewissens anzumerken. Die Gäste auf den nächsten Hockern blickten ihn eher ehrerbietig als gleichgültig an. Die rassige Bardame servierte ihm den gewünschten Slip. Sie tat es mit geübter ruhiger Hand. Diese Hand hätte nicht wenig gezittert, wenn ihrer Trägerin nicht der kaum merkliche dämonische Zug im Mundwinkel des späten Gastes entgangen wäre. Diese hauchdünne Linie um den Mund schien der Teufel persönlich eingezeichnet zu haben. Wer von den Anwesenden sollte auch ahnen können, welch reißender Wolf sich unter ihnen befand! Die nächtliche Stunde an der Bar verlief wie gewohnt. Dezente Musik im Hintergrund webte zauberische Harmonie . . .
     
    6
     
    Mitternacht lag über dem Häusermeer von London. Nicht alle Menschen hatten es an diesem „weekend" so gut, sich dem Nichtstun an der Küste hinzugeben. Einer von ihnen, der trotz der Hundstage tagtäglich seiner Beschäftigung nachzugehen hatte, war Skip Ellebry. Obwohl noch sehr jung an Jahren, schien er bereits bessere Tage gesehen zu haben. Leergefahrene Tanks anderer Leute bei Tag und Nacht zu füllen und Fahrzeugmotore zu reparieren. Diese Tätigkeiten genügten ihm bei seinem Ehrgeiz nicht. Ueber drei Monate schon tat er pflichtbewußt seinen Dienst bei einer großen Treibstoffgesellschaft, die unter anderem auch eine Tankstelle an der The Highway, Ecke Granet Street, im Stadtteil Shadwell unterhielt.
    Auch in dieser Nacht, die das unerwartete Ende Lady Hurlinghamers gebracht hatte — und die für den „Napoleon von London" eine besonders erfolgreiche werden sollte, saß Skip Ellebry neben dem Glasbau der Tankstelle auf einer im Schatten der Beleuchtung stehenden Bank. Er war allein, und da es im Augenblick nichts für ihn zu tun gab, glitten seine Blicke schon zum wiederholten Male zu der kleinen Imbißstube hin, die unweit von ihm auf der The Highway lag. Er hoffte sehr, die ihm vertraute Gestalt Brita Clemenths endlich aus dem Hause dort drüben kommen zu sehen, aber seine Geduld wurde an diesem Abend auf eine harte Probe gestellt.
    Eine weitere Viertelstunde verging, und Skip Ellebry wartete immer noch.
    Schon überlegte er, ob er einmal zu der Imbißstube hinüberspringen und nachschauen sollte, wo das Girl nur blieb, da brachte ihn Motorengeräusch auf der Granet Street in Bewegung. Eine dunkle Preston-Limousine kam in Sicht

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