Die Schattensurfer (German Edition)
standen in einem blau beleuchteten Raum. Die Wände sahen wie ein Mosaik aus. In der Mitte reichten Regale vom Boden bis zur Decke. Auch sie waren mit dem Mosaik gefüllt. Erst auf den zweiten Blick erkannte Luan, dass dort Medikamentenschachteln aufgestapelt waren. Es mussten Millionen sein. Kaum eine glich der anderen.
Kalawesi nahm eine dieser kleinen Pappschachteln. Hilft gegen Kopfschmerzen, stand darauf. Und auf einer anderen las er: „Gegen Bauchweh. Wie sollen wir hier das Lamrag finden?“
Sansibar fuhr mit dem Zeigefinger an den Medikamentenschachteln entlang. Murmelnd las sie die Aufdrucke.
„Kommt, lasst uns abhauen, so lange wir noch können“, drängelte Kalawesi, „Wir finden das Lamrag nie.“
„Wir vielleicht nicht“, erklärte Luan, „Aber Nacho. Such, Nacho!“
Das ließ sich der zottelige Hund nicht zweimal sagen. Aufgeregt sprang er zwischen den Regalen hin und her. Er schnüffelte und bellte. Mit seinem Schwanz schlug er Medikamentenschachteln aus den Regalen.
Nacho sprang zu dem Regal an der hinteren Wand und bellte das Regal an. Immer wieder.
„Hier ist kein Lamrag“, nörgelte Kalawesi.
Sansibar las die Aufdrucke der Schachteln. Eine nach der anderen. Reihe für Reihe. Schließlich schüttelte sie enttäuscht den Kopf. „Ich finde auch kein Lamrag.“
Nacho hörte nicht auf zu bellen.
„Es muss aber hier sein“, sagte Luan. Doch eigentlich glaubte er selbst nicht daran.
Nacho scharrte mit den Pfoten am untersten Regalbrett. Hier rutschte keine Schachtel heraus. Sie standen felsenfest, als wären sie angeklebt. Plötzlich bewegte sich das unterste Regalbrett. Es schlug Wellen. Wie aus Gummi sah es aus.
Luan bückte sich. Mit den Fingerspitzen berührte er das Regalbrett. Es gab nach, fühlte sich weich an.
„Ich hab’s“, rief er. „Das hier ist überhaupt kein Regal. Es ist ein Holo-Vorhang.“
„Gut gemacht, Nacho“, klatschte Sansibar. Kalawesi brummelte ungeduldig.
Luan strich über sein ceeBand. Es wäre doch gelacht, wenn er den Holo-Vorhang nicht knacken könnte. Er hackte sich in die Steuerung. Schnell fand er die Zugangssperre. Luan lächelte und diesmal war ihm sogar danach zu Mute.
„Wie kommen wir hinein?“, wollte Sansibar wissen.
„Ganz einfach. Wir müssen im Regal rechts neben dem Holo-Vorhang die gelbgraue Schachtel Resolvol finden. Das ist der Schalter für den Holo-Vorhang.“
Sansibar begann von oben zu suchen. Luan von unten. Unscheinbar steckte die kleine graue Schachtel mit den gelben Streifen ziemlich genau in der Mitte des Regals.
„Resolvol“, las Sansibar den Aufdruck vor. Luan drückte drauf. Die Schachtel gab mit einem Klicken nach und im gleichen Augenblick fuhr der Holo-Vorhang zur Seite.
Nacho stürmte voraus – Luan, Kalawesi und Sansibar hinterher. In der Mitte des Raums hingen weiße Schutzanzüge von der Decke, solche, die den ganzen Körper staubdicht umhüllen. Ansonsten war der Raum leer. Auf der gegenüberliegenden Seite strahlte eine Lichtschleuse mit gleißend hellen Strahlen. Darüber warnte ein Hologramm: Achtung Lamrag. Zutritt nur mit Sicherheitsanzug.
Beißendes Reinigungsmittel stach in Luans Nase. Er versuchte durch den Mund zu atmen. Er hasste den Geruch. Luan nahm den ersten Anzug vom Haken und stieg hinein.
„Sitz!“, befahl Luan Nacho. „Du wartest hier.“ Nacho gehorchte widerwillig.
Auch Sansibar hatte einen der Anzüge übergezogen. Nur Kalawesi mühte sich noch ab, den Fuß durchs Hosenbein eines Schutzanzugs zu fädeln. Er steckte fest.
„Der ist viel zu klein für dich“, sagte Sansibar.
Kalawesi schwitzte. Sein Kopf glühte tomatenrot. „Wieso? Der ist M. Ich trage immer M. All meine Anzüge sind M.“
„Aber nur weil deine Mutter sie näht. Du brauchst mindestens XXL. Hier nimm den“, sagte Sansibar und reichte Kalawesi den größten Anzug, der von der Decke hing.
„Nein“, gab sich Kalawesi störrisch. Jetzt stand er mit beiden Füßen im Schutzanzug und versuchte ihn über den Bauch hochzuziehen. Die Nähte spannten sich.
„Mach schon“, drängelte Luan. Hektisch sah er auf sein ceeBand.
Murrend gab Kalawesi nach. Luan und Sansibar befreiten ihn aus dem Anzug. Viel zu viele Minuten vergingen, bis er endlich den XXL-Anzug übergezogen hatte. Selbst dieser spannte noch über seinem Bauch und sie hatten Mühe, den Reißverschluss zu schließen.
Sie traten durch die Lichtschleuse. Und dann standen sie in einem Raum, der Luan an das Badezimmer bei den Häppy Kidz
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