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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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hörte Sansibar wieder diese Schritte. Wo waren die Sipos?
    „Mach schon, die Zeit drängt“, tickerte Luan auf Sansibars TwaddleBand. „Natürlich lese ich deinen Privatkram nicht. Interessiert mich doch gar nicht.“
    „Versprochen?“ fragte Sansibar im Laufen. Ein kleiner Kiesweg führte links zu einer Bambuswand. Mülltonnen standen dahinter. Sansibar hatte keine Zeit, ein besseres Versteck zu suchen. Ganz dicht kauerte sie sich an die Tonnen.
    „Versprochen!“
    Sansibar gab sich einen Ruck und tippte lbaot2045.
    „Okay, das haben wir gleich.“
    Sansibars Kommunikator flackerte auf. Wie von Geisterhand wurde der Servicemodus gestartet und lange Zahlenreihen der Bootkonfiguration blinkten auf, wurden geändert, überschrieben und gelöscht.
    Sansibar sah zitternd auf ihr Twaddleband. Allmählich verlor sich das Dröhnen der Schritte in der Ferne.
    Mit der Melodie ihrer alten Spieluhr startete das TwaddleBand neu. Auf dem Bildschirm blinkte der Warnhinweis: Achtung, Geotracker deaktiviert. Es geht um Ihre eigene Sicherheit. Bitte starten Sie den Geotracker jetzt.
    Irgendwie fühlte es sich gut an, als Sansibar Nein drückte. Sie war vom RUHL-Radar verschwunden. Für einen kurzen Augenblick fühlte sich Sansibar sicher. Doch dann wurde ihr klar, dass ihre Flucht gerade erst begonnen hatte. RUHL würde nach ihr suchen lassen und irgendwann würden die Sipos sie finden.
    Eine Blechdose klapperte über den Boden. Sansibar zuckte zusammen. Die Tonnen, an die sie sich presste, stanken. Eine rot-weiß getigerte Katze schob eine Konservendose zwischen den Pfoten hin und her und leckte den Rand ab.
    Sansibar erschrak. Das musste eine echte Katze sein. Robotpets stöberten nicht durch den Abfall. Aber Tiere waren in Mallinport seit vielen Jahren verboten. Tiere übertrugen Krankheiten. Nur im Zoo gab es noch welche, durch Sicherheitsglas getrennt.
    Sansibar wedelte mit den Armen, um die Katze zu verscheuchen. Doch die ließ nicht von ihrer Dose ab.
    „Na gut, dann bleibst du eben hier“, murmelte Sansibar. Sie kratzte den Kaugummi von ihrem TwaddleBand und ließ ihn fallen. Sie versuchte Luan zu erreichen. Aber statt in Luans tintenblaue Augen blickte sie nur in das Drachengesicht. „Hallo, NAUL, siehst du mich?“
    Buchstaben blinkten über den Bildschirm: „Schalte dein Video aus. Ich kann die Videoübertragung nicht ausreichend verschlüsseln. Nur Text ist sicher.“
    Sansibar fischte den Kaugummi vom Boden. Sie drehte ihn zwischen den Fingern, streifte den Sand ab, so gut es eben ging. Dann drückte sie ihn wieder auf die Kameralinse.
    „Gut. Ich erkläre dir jetzt, wie du in die Schattenstadt kommst. Hier bei den Schattensurfern bist du in Sicherheit. Das Zimmer neben meinem ist noch frei. Die anderen haben sicher nichts dagegen. Merk dir die Beschreibung genau. Du hast 3 Minuten Zeit, dann löscht sich die Nachricht.“
    „Halt, warte. Ich will überhaupt nicht in die Schattenstadt. Ich will ...“
    „Wo willst du sonst hingehen? Du hast doch gar keine Wahl“, antwortete Luan bestimmt. „Sie werden dich überall suchen. Ich musste etliche Computer knacken, um Kalawesis durchsichtige Seilbahn über die Mauer zu finden.“
    Die rot-weiße Katze hatte die letzten Reste aus der Konservendose gefischt. Das Etikett klebte nur noch zur Hälfte darauf: Bauerneintopf Mallorca. Genüsslich leckte sich die Katze ihre Pfoten ab.
    „Also was ist?“, drängelte Luan auf Sansibars TwaddleBand.
    „Weiß nicht. Ich bleibe lieber hier.“
    „Jetzt sei doch nicht dämlich, Schlitzohr. In Mallinport werden sie dich finden. Und dann stecken sie dich wegen Disinformie ins Korrekturhaus. Du hast es doch selbst in der Hand. Noch kannst du fliehen. Komm zu uns!“
    Die getigerte Katze verschwand im Bambuswald. Sansibar überlegte. Es stimmte schon, was Luan sagte. Sie hatte die Möglichkeit, ihre Zukunft zu verändern. Die Katze nicht. Natürlich würden die Sipos die Katze irgendwann aufgreifen. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Sansibar atmete ganz tief durch. Ihr Zeigefinger zitterte, als er die glatte Oberfläche des TwaddleBands berührte. OK, schrieb sie darauf.
    Luan schickte einen knallgelben kugelrunden Smiley zurück. Sansibar hätte viel lieber Luan gesehen, in seine tintenblauen Augen geblickt.
    Es dauerte keine Minute, dann zischte ein langer Text auf ihr TwaddleBand: „Du nimmst die Transportröhre U45 ab Station 37. Fahr in Richtung Glenkowitsch! Steig in den letzten Wagen! Setz dich auf Platz 83! Schau die

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