Die Schattensurfer (German Edition)
waren Pablo und Nacho neben ihm.
Die Garmal-Sammler führten sie durch ein Geflecht von Kellergängen, immer tiefer ins Innere ihrer Festung. Luan wusste längst nicht mehr, wo sie waren. Sie hätten nicht die geringste Chance, wieder nach draußen zu finden. Nach einer Viertelstunde endete der Gang vor einer halbrund gebogenen Tür. Der Garmal-Sammler trat vor den Scanner. Lautlos glitt die Tür zur Seite. Dahinter öffnete sich ein kugelrunder Raum. Die Wand schien aus reinem Silber zu bestehen. Sie war glatter als Glas – keine Vertiefung, keine Erhöhung, keine Unregelmäßigkeit.
Die Garmal-Sammler stießen Luan und Pablo in die Kugel. Nacho folgte ihnen bellend. Die Tür fiel lautlos hinter ihnen zu und verschloss den Raum fugenlos. Augenblicklich schien die Tür verschwunden zu sein. Luan versuchte ihre Umrisse zu ertasten. Doch als er die Wand berührte, zuckte er zurück. Das Silber fühlte sich nicht glatt und kalt an. Nein, es war weich wie Moosgummi.
„Was ist das?“, fragte Luan. Doch die Worte blieben einfach in seinem Mund stecken. Sie wollten sich nicht von seiner Zunge lösen. Lautlos klappte Luans Mund auf und zu. Dann bewegte auch Pablo seinen Mund wie ein Nussknacker, aber keine Silbe kam heraus. Nicht einmal einen Luftzug spürte Luan.
„Hörst du mich?“, fragte Luan. Er wollte schreien, die Stille übertönen, doch jeder Laut wurde einfach verschluckt.
Pablo zuckte mit den Schultern.
Auch Nacho riss sein Maul auf und schloss es wieder. Es sah aus, als würde er bellen, aber er kam nicht gegen die Stille an.
Luan wischte über sein ceeBand. Er hatte es fast erwartet: Kein Empfang. Er tippte: „Ich kann nichts mehr hören.“ Er hielt Pablo sein ceeBand entgegen. Pablo löschte den Text und antwortete: „Das muss Nullschaum sein. Vor vielen Jahren wurde das Material für Gefängnisse entwickelt. In Nullschaum wird nicht der geringste Schall übertragen und Zeit verschwimmt zu einem Nichts. Das soll Gefangene mürbe machen. Ich weiß nicht, was sie mit uns vorhaben.“
Luan zog seinen Arm zurück und tippte auf den Bildschirm: „Es muss mit unserem Skateboard zu tun haben. Nur weil wir damit die Mauer überwinden können, hat er uns nicht sofort auf Eis legen lassen.“
Pablo nickte.
Luan war wütend auf sich. Er hämmerte seine Fäuste gegen die Stirn. Dass sie hier saßen, war ganz alleine seine Schuld. Nur wegen des blöden Skateboards. Warum hatten sie den Schattensurfern keine Nachricht hinterlassen? Nele und die anderen würden sie niemals finden.
„Tut mir leid“, tippte er in sein ceeBand und hielt es Pablo unter die Nase. Pablo winkte ab. „Ist schon in Ordnung. Irgendwie bekommen wir das hin.“
Luan lächelte dankbar.
Pablo versuchte es sich auf dem Boden bequem zu machen. Luan kauerte sich daneben. Er lehnte sich an die gebogene Wand und schloss die Augen. Er war hundemüde. Aber schlafen konnte Luan nicht. Warum hatte er Pablos und sein Leben für ein bescheuertes Skateboard riskiert? Warum nur? Wie ein Strudel kreiste dieser Gedanke durch seinen Kopf und zog alle anderen mit in die Tiefe. Luan wusste nicht, wie lange sich dieser Strudel in seinem Kopf drehte. Waren es Minuten oder Stunden? Erst der Gedanke an Sansibar widerstand dem Sog. Er sah sie vor sich, wie sie ihm bei der Sauerkrautfabrik zugezwinkert hatte, nur ein einziges Mal. Hoffentlich war sie sicher bei den Schattensurfern angekommen. Natürlich hätte er Nele und den anderen von Sansibar erzählen müssen. Aber dazu war es jetzt zu spät. Ganz bestimmt würden die Schattensurfer Sansibar freundlich aufnehmen. Das war ja kein großes Ding.
Da spürte Luan einen Ruck. Die Kugel begann sich zu drehen. Sie hob Luan und drehte ihn nach oben. Als er die Mitte erreicht hatte, rutschte Luan an der weichen Wand ab. Er schrie unhörbar. Und wieder drehte ihn die Kugel hinauf. Luan versuchte aufzustehen. Mit Trippelschritten bemühte er sich um Ausgleich. Auch Pablo war aufgesprungen. Lautlos stießen ihre Köpfe zusammen. Weh tat es trotzdem. Nur Nacho strahlte.
Die Kugel rotierte pausenlos weiter. Luan konnte nicht mehr. Er wollte sich einfach fallen lassen. Ihm war alles egal. Sollte ihn die Kugel doch wie ein Handtuch in der Waschmaschine schleudern. Da endlich bewegte sich die Kugel langsamer. Schließlich hörte sie ganz auf sich zu drehen.
Luans Knie zitterten. Er sackte zusammen. Sein Herz pochte. Luans Kraft war ausgewrungen wie ein Waschlappen. Pablo ließ sich neben ihn fallen. Luan wollte nur
Weitere Kostenlose Bücher