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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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sollte sie rechts abbiegen, gleich hinter Playplay, einem verlassenen Spielwarenladen.
    Die Schattenstadt fühlte sich düster an. Kein Mensch schien hier zu wohnen. Auf der Straße standen alte Möbel, Waschmaschinen, Autos und Müll herum.
    Wenn Sansibar nicht alle Querstraßen mitgezählt hätte, dann hätte sie den Spielwarenladen niemals gefunden. Das Leuchtschild mit dem Aufdruck Playplay lag zerbrochen vor dem Geschäft.
     
    Wie ferngesteuert stolperte Sansibar weiter, nur der Gedanke an Luan, dass er ihr helfen würde, trieb sie voran. Dort hinten musste sie abbiegen, in den Hof. Müll und Gerümpel türmten sich auf. Dann stand Sansibar vor dem Aufzug. Wie lautete der Code, den Luan ihr gegeben hatte? Sie versuchte sich zu erinnern: 368852. Mit zitterndem Zeigefinger tippte sie die Zahlen ein. Die Tür glitt auf. Geräuschlos brachte der gläserne Aufzug Sansibar nach oben. Ihr war immer noch übel vor Angst. Sie fühlte sich so allein, als wäre sie der einzige Mensch auf der ganzen Welt.
    Ein weicher Gong erklang und der Aufzug stoppte sanft. Sansibar stolperte heraus und stand in einem weiß glänzenden Raum. Ein geschwungenes Hologramm leuchtete über dem Tresen: Schattensurfer. Natürlich saß niemand dahinter, jetzt mitten in der Nacht. Es war schließlich kein Hotel.
    Der Gang am Tresen vorbei war mit einem Lichtvorhang verschlossen. Den konnte sie nicht so einfach zur Seite schieben, ohne den Code zu kennen.
    Sansibar blieb vor dem Tresen stehen. Vorsichtig drückte sie die Klingel. Luan war bestimmt noch wach und wartete auf sie.
    Aber Luan kam nicht. Niemand kam. Alle schliefen, oder war das Quartier der Schattensurfer längst verlassen?
    Noch einmal drückte Sansibar die Klingel. Ganz lange. Tränen rollten über ihre Wangen.

23 KEIN GÄSTEZIMMER
    Eine halbe Ewigkeit verging. Endlich bewegte sich der Lichtvorhang. Er wurde ein wenig zur Seite gezogen. Ein Mädchen mit streichholzkurzen blonden Haaren schob sich verschlafen hindurch. Doch als sie Sansibar sah, schien sie mit einem Mal hellwach zu sein. Sie zückte eine Brille mit blauem Gestell aus der Schlafanzugtasche und drückte sie ins Gesicht. Das Mädchen zog die Augen zu Schlitzen und stellte sich mit verschränkten Armen vor Sansibar. Freundlich sah es nicht aus. Dann feuerte es seine Fragen ab: „Wer bist du, Schlitzohr? Was willst du? Wie kommst du überhaupt hier herein?“
    Sansibar zupfte Haare über ihr Ohrläppchen. „Ich möchte zu Luan. Luan hat mich eingeladen“, sagte sie unsicher. „Ich heiße Sansibar.“ Sie hasste es, wenn wildfremde Menschen sie Schlitzohr nannten.
    Das Mädchen ging einmal um Sansibar herum und begutachtete sie von allen Seiten. „So, zu Luan möchtest du“, sagte sie gedehnt. Dann ließ sie sich ganz viel Zeit. „Ich wusste gar nicht, dass Luan schon eine Freundin in der Schattenstadt hat.“
    Sansibar lächelte verkrampft. Das Mädchen starrte sie feindselig an. Sansibar versuchte ihrem Blick auszukommen und haspelte: „Ich bin neu hier in der Schattenstadt. Ich komme aus Mallinport. Aber Luan …“
    „Aus Mallinport?“, fuhr das Mädchen dazwischen und kniff die Augenbrauen noch weiter zusammen.
    Sansibar nickte und wischte eine lila Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Das Mädchen drehte sich um und rief: „Aufwachen ihr Schlafmützen! Kommt alle her! Wir haben Besuch von deiner Freundin, Luan.“ Das Mädchen pfiff auf den Fingern.
    Schließlich quetschten sich zwei Jungs durch den Lichtvorhang. Sie sahen gleich aus, wie kopiert, nur ihre Frisuren unterschieden sich. Einer hatte glatte Haare, bei dem anderen ringelten sich die Haare in Locken. Zwillinge, ganz bestimmt. Ein schmächtiger Junge folgte verschlafen.
    „Nele, wer ist das?“, wandte sich der Lockenkopf an das Mädchen.
    Nele zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Sie sagt, sie kommt aus Mallinport und ist eine Freundin von Luan.“
    „Vielleicht schickt Kalawesi sie?“
    Sansibar ärgerte sich. Warum redeten sie nicht mit ihr. „Ich kenne keinen Kalawesi“, sagte Sansibar.
    „Emil, sieh nach, wo Luan bleibt. Das muss er uns erklären“, kommandierte Nele den schmächtigen Jungen. Wortlos verschwand er hinter dem Lichtvorhang.
    „Wie kommt sie überhaupt hier herauf. Wer hat sie hereingelassen?“, fragte der Zwilling mit den glatten Haaren.
    „Keine Ahnung, Nick“, sagte der Lockenkopf. Er ging auf Sansibar zu und betrachtete sie, dann streckte er ihr die Hand entgegen. „Ich bin übrigens Chris und das ist

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