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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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neugierig an. „Das hört sich ja aufregend an.“
    Ich sah sie nur an, hatte für diese Art von Humor jetzt kein Verständnis.
    Dane hatte seine Lage wieder verändert. Er atmete jetzt schneller, aber immer noch gleichmäßig. Dennoch wurde sein Schlaf etwas unruhiger. Ich aß einen von Rhyans Schokoriegeln und schaltete leise das Radio ein.
    Dane stöhnte. Er begann sich herumzuwinden, riss plötzlich die Augen auf und schrie: „Jeff!!“ Ihm stiegen Tränen in die Augen. Er schoss aus dem Liegen hoch und starrte mich an. „Er hieß Jeff!“, schrie er mich an.
    „Wer hieß Jeff, Dane?“ Ich fühlte mich direkt von einer heißen Neugier gepackt.
    „Der große Junge“, sagte Dane etwas gefasster.
    „Hieß er Jeff Gelton?“
    „Ja!“
    „War er dein Bruder?"
    Dane ließ sich zurück auf das Bett fallen und verlor den Faden. Er rieb sich die Augen. Der Traum verblasste, und die Realität hatte ihn wieder. Sein Gesicht entkrampfte sich. Er fühlte sich schlapp. „Hallo, Jim“, sagte er plötzlich ganz ruhig und durchwühlte sein Haar.
    „Willst du einen Kaffee?“ Ich zeigte auf eine kleine Thermoskanne auf dem Tablett. Dane schüttelte den Kopf und kam wieder hoch. „Ich geh' duschen“, sagte er benommen.
    Ich sah ihm hinterher. War das alles?
     
    Wie soll ich weitermachen?, fragte Dane das Loch.
    Lass es erst mal so stehen.
    Wird es ausreichen, um ihn anzulocken?
    Das glaube ich nicht.
    Ich will Sarah sehen.
    Das Loch schwieg.
     
    Nun war ich doch erstaunt über seine plötzliche Gelassenheit.
    Es verging eine halbe Stunde. Dann eine ganze. Zum ersten Mal bemerkte ich seinen Duschzwang. Ich wurde unruhig und ging nachschauen. Dane lenkte sofort ein und verließ die Dusche. Er wirkte plötzlich hektisch. Sein fast magerer Körper hatte alle sportliche Haltung verloren. Seine Figur war in Müdigkeit und Resignation übergegangen. Ich erschrak. Dane glänzte in seiner Rolle.
    „Alles in Ordnung?“, fragte ich.
    Er nickte.
     
    *
     
    Unser erster gemeinsamer Nachmittag schlich wie der Gang einer müden, alten Katze dahin und verlief ergebnislos.
    Ich versuchte ein Buch zu lesen, aber mir fehlte die Konzentration. Es lag auch nicht in meiner Absicht zu drängen. Doch ohne es eigentlich zu wollen, fragte ich: „Warum hieß er Jeff? Warum heißt er nicht Jeff?“
    Dane reagierte nicht. Er stand vor dem Fenster und sah wieder hinaus. Ich hatte ihm verboten, das Zimmer zu verlassen, ging zu ihm und stieß ihn an. „Hey.“
    „Weil er tot ist“, sagte er tonlos.
    Die Zimmertüre öffnete sich. Rhyan lugte herein. „Alles in Ordnung oder will jemand Kaffee und Kuchen?“
    Ein beschissener Moment für Kuchen. Mir entfuhr ein schroffes „Nein!“
    Rhyan verschwand. Wir hatten den Faden verloren.
    Ich stellte mich neben ihn und sah auch aus dem Fenster. Sarah ging im Park umher.
    „Sie ist nett“, bemerkte ich und dachte an Joan, die ich nie kennengelernt habe.
    „Ja“, antwortete Dane sanft.
    „Kannst du dich an den Traum heute Nacht erinnern?“
    Mich quälte eine große Erwartung. Unsere Freundschaft war immer durch kompromissloses Vertrauen gezeichnet, dachte ich. Dann passierte etwas völlig Unerwartetes. Dane ergriff plötzlich einen Stuhl und schmiss ihn wütend durch das Zimmer. Der zerbrach krachend an der Wand. Ich war wie gelähmt und sah ihn an. Ich sah, wie er losrannte. Zuerst dachte ich, er wolle zur Tür, das Zimmer verlassen, stellte aber entsetzt fest, dass es die Wand war, die er sich zum Ziel setzte. Ich war einfach nicht schnell genug, um ihn aufzuhalten. Er rannte frontal gegen die Wand. Ich sprang zu ihm hin, riss ihn brutal herum und schrie: „Hör auf!!“ Ich packte seine Schultern, um ihn auf das Bett zu werfen, das um vieles weicher war als die Wand.
    Wie ein geschwächtes Kind sackte Dane in den Kissen zusammen.
    Stille.
    Mein Herz raste. Ich war fassungslos, dass so etwas in meiner Gegenwart passierte.
    Und dann kam diese merkwürdige Frage von ihm: „Ist man in der Lage, Dinge zu tun, die man eigentlich nicht möchte, es dann aber doch tut, nur weil ganz tief von innen ein Befehl kommt, es tun zu müssen? Dann existiert nur noch dieser eine Befehl. Wie ist das möglich? Ein zweites Bewusstsein?“
     
    Tu's nicht!, schrie das Loch. Verrate mich nicht!
     
    Er schaute mich an. Das war eine gewaltige Überlegung.
    „Ja“, antwortete ich ihm beeindruckt. „Das hat mit einer sogenannten Verdrängungsmethode zu tun. Wir haben ganz tief in uns eine Vorstellung von

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