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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Maßnahmen.
    An der Spitze der fünfzehn Freiwilligen durcheilte der Kawdjer die Ebene im Laufschritt. In wenigen Minuten hatte er Liberia erreicht. Man kämpfte noch auf dem Platze, aber ohne alle Begeisterung, nur mehr dem physikalischen Beharrungsvermögen gehorchend; an die Ursache des Streites erinnerte sich niemand mehr genau. – Dieses unerwartete Eintreffen der kleinen Truppe hatte für die kriegführenden Teile die Wirkung eines plötzlichen Donnerschlages.
    Diese Eventualität hatten die Meuterer nicht vorhergesehen! Sie hatten nicht einen Augenblick die Möglichkeit in Erwägung gezogen, daß eine stärkere, ihnen überlegene Schar erscheinen und ihren Mordgelüsten Einhalt gebieten könne. Die Einzelkämpfe wurden augenblicklich abgebrochen. Diejenigen, die geschlagen wurden, ergriffen die Flucht; die anderen, welche die Schläge austeilten, blieben unbeweglich auf dem Platze stehen, auf dem sie sich befanden, einige von ihnen waren ganz bestürzt ob dieses ganz unerklärlichen Abenteuers, andere sahen wie geistesabwesend vor sich hin, ihr Atem ging schwer wie bei Menschen, welche in einem Anfall von Geistesverwirrung irgendeine schwere Arbeit unternommen haben und sich nicht entsinnen können, wieso alles gekommen. Ohne jeden Übergang wich die Überreizung der Nerven vollständiger Erschlaffung.
    Des Kawdjer erste Sorge war, das Feuer zu löschen, damit nicht das ganze Lager ein Raub der Flammen werde, denn ein leichter Südwind hatte sich erhoben und die Gefahr war groß. Mehr als drei Vierteile von Beauvals ehemaligem »Regierungspalaste« waren schon von den Flammen verzehrt worden und es genügten einige kräftige Kolbenschläge, den leichten Bau vollends zum Stürzen zu bringen; – von der ganzen Herrlichkeit war bald nichts mehr zu sehen als ein kleiner Haufen verkohlter Trümmer, aus denen ein beißender Rauch aufstieg.
    Fünf Mann ließ der Kawdjer zur Bewachung des Platzes zurück, dann suchte er mit den zehn anderen die Ebene ab, um die Flüchtlinge zu sammeln. Es gelang ihm ohne große Mühe. Sie kehrten von allen Seiten nach Liberia zurück; die Angreifer, bei denen sich eine bleierne Müdigkeit an Stelle der wahnsinnigen Wut eingestellt hatte, bildeten den Vortrab. Ihnen folgten die armen, geprügelten Tröpfe, welche sich noch nicht von ihrem Schrecken erholt hatten, zitternd und furchtsam näherten und in vorsichtiger Entfernung von den Siegern hielten. Als sie aber den Kawdjer erblickten, faßten sie schnell neuen Mut und näherten sich rasch, so daß sie sich unter die anderen mengten und beide Teile gleichzeitig in Liberia anlangten.
    In weniger als einer Stunde war die ganze Bevölkerung auf dem Platze versammelt. Wer diesen zusammengedrängten Menschenknäuel jetzt sah, eine homogene Masse, hätte nie erraten können, daß noch vor kurzem zwei feindliche Strömungen die Leute entzweit hatten.
    Wäre nicht der Boden von so vielen Opfern bedeckt gewesen, hätte keine Spur die stattgehabten Szenen verraten.
    Die Volksmenge gab kein Zeichen von Ungeduld von sich, sie war nur neugierig. Noch ganz erstaunt ob des ihnen unverständlichen Wirbelsturmes, der sie gerüttelt und zerschlagen hatte, starrten die Emigranten verständnislos die dichte Gruppe der fünfzehn bewaffneten Männer an, welche ihnen gegenüberstand, und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
    Der Kawdjer trat in die Mitte des Platzes und sagte, zu den Kolonisten gewendet, deren Blicke auf ihn gerichtet waren:
    »Von heute an bin ich euer Oberhaupt!«
    Welch langen Weg hatte er durchwandern müssen, ehe er sich zu diesen Worten entschließen konnte! Er erklärte sich nicht nur mit dem Prinzip der Autorität einverstanden, er willigte nicht nur ein – ungeachtet seines Widerwillens – sich selbst zum ausübenden Organ herzugeben, er ging noch weiter; von einem Extrem ins andere ist nur ein kleiner Schritt: – er überflügelte selbst die größten Autokraten.
    Er begnügte sich nicht damit, auf sein Freiheitsideal zu verzichten – er trat es mit Füßen. Es fiel ihm nicht ein, sich der Zustimmung derjenigen zu versichern, als deren Oberhaupt er sich in wenigen klaren, präzisen Worten erklärt hatte. Das war keine Revolution – das war ein Staatsstreich!
    Ein Staatsstreich, mit einer erstaunlichen Leichtigkeit durchgeführt. Nach der bündigen Erklärung des Kawdjer herrschte einige Sekunden Totenstille, dann ging es wie ein Aufschrei durch die Menge. Lebhafte Beifallsäußerungen, Hochrufe, lautes »Hurra!« –

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