Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
es, lohnten alles!
Schiller hat Erfolg – den ersten großen Erfolg in seinem Leben. Seine „Räuber“ werden begeistert aufgenommen, und umjubelt ist auch der Autor des Stücks. Schiller genießt den schnellen Ruhm sichtlich – nach all der Mühsal seiner Ausbildung, dem ungeliebten Beruf. Und doch ist der Genuss des Erfolgs im Grunde ein verbotener. Denn Schiller, der als Regimentsarzt einer strengen militärischen Disziplin unterworfen ist, hat illegal und heimlich die Grenzen seines Landes verlassen. Wenn auch nur für kurze Zeit, so hat er sich doch eines strengen Vergehens schuldig gemacht. Ein Vergehen, das er zudem noch kurz darauf wiederholt. Das dem Herzog natürlich zu Ohren kommt. Und das er letztlich bestraft – wenn auch mit zwei Wochen Arrest vergleichsweise milde.
Es ist eine Art Verweis, noch nicht einmal vergleichbar mit einer Abmahnung im heutigen Unternehmensalltag. Viel schwerer wiegt daher für Schiller auch das kurz darauf ausgesprochene Schreibverbot. Auf seinen Beruf soll er sich konzentrieren, allenfalls noch Medizinisches soll er verfassen, auf jeden Fall aber keine „Komödien“ mehr – womit der Herzog die geradezu aufrührerischen „Räuber“ meint. Aber gerade damit trifft er Schiller ins Mark – denn nichts als das literarische Schreiben ist es, was er als seine Berufung ansieht. Was ihm seinen als bedrückend empfundenen Beruf erträglich macht. Was seinen Geist beflügelt. Das Feld, auf dem er noch weit Größeres zu vollbringen beabsichtigt.
Das Verhältnis zwischen dem Herzog und Schiller ist die klassische Konstellation von (ignorantem, intolerantem) Chef und (allzu unangepasstem, aber genialem) Untergebenem in einem streng hierarchischen System. Es ist die Geschichte von zwei Charakteren, wie sie gegensätzlicher nicht sein können. Von zwei Personen, die völlig andere Wert- und Lebensvorstellungen haben. Auf der einen Seite stehen Disziplin, Gehorsam und Pflichterfüllung, wie sie der Herzog erwartet. Auf der anderen Seite Kreativität, Spontaneität und die Freiheit des Geistes, wie sie Schiller für sich in Anspruch nimmt. Beides geht auf Dauer nicht zusammen, zumindest nicht ohne einen klugen Moderator. Und an einem solchen fehlt es letztlich, trotz mancher Interventionen von Franziska von Hohenstein, der Mätresse der Herzogs und Schillers früher Gönnerin.
„Tyrannenmacht kann nur die Hände fesseln“ , schreibt Schiller in „Maria Stuart“. Und dass es auch in seinem eigenen (Berufs-)Leben früher oder später zum Eklat kommt, ist eigentlich unausweichlich. Zu gegensätzlich sind die Positionen, zu wenig wollen beide von ihrer Position abrücken. Schiller wird schmerzhaft bewusst, dass er die angestrebte Karriere als Schriftsteller in des Herzogs Diensten niemals machen wird.
Dabei will Schiller das Verhältnis zum Herzog bis zuletzt nicht aufkündigen. Bis zuletzt fleht er ihn an, ihn doch weiter schreiben zu lassen – es solle auch nicht zu seinem Schaden sein. Er versucht gewissermaßen, seinen Arbeitgeber mit guten Leistungen auf literarischem (also fremdem) Gebiet zu ködern und so einen echten Mehrwert für das Unternehmen, pardon Herzogtum, zu erzielen.
Denn Schiller sieht sich trotz aller Hindernisse in einem Loyalitäts-, Treue- und Abhängigkeitsverhältnis. Ganz so, wie auch heute viele Angestellte trotz eines als schikanös empfundenen Chefs ohne Führungsqualitäten ihrem Unternehmen, ihrer Abteilung loyal verbunden sind und trotz Demotivation weiterhin ihr Bestes geben und nicht dem Wunsch nachgeben, den Karren gegen die Wand fahren zu lassen. Auch Schiller lässt sich bis zur Schmerzgrenze drangsalieren, und er trägt es trotz allem mit Fassung, Gelassenheit und Würde. Erst das Schreibverbot bringt das Fass letztlich zum Überlaufen.
Bis zuletzt versucht Schiller, seine Vorstellungen doch noch durchzusetzen, einen Kompromiss zu erreichen. Mit Argumenten, mit Bitten und Appellen, mit gewichtigen Fürsprechern. Er will keinen Konflikt, er will Anerkennung und ein wenig mehr persönliche Freiheit. Er fordert dies ein mit der Gewissheit des einsetzenden Erfolgs. Denn Schiller zieht sein Selbstbewusstsein längst nicht mehr aus seinem erlernten Beruf. Mit der Schriftstellerei hat er etwas Neues, etwas Besseres gefunden. Modern gesprochen, zieht er seine Kraft aus dem Nebenjob und nicht aus dem Hauptberuf. Lange Zeit versucht er, beides in Einklang zu bringen: den Brotberuf und die Berufung als Schriftsteller. Aber den modernen Begriff
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