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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Schwäche ist die Feigheit, Zacharias.«
    »Und Anmaßung die deine. Mit welchem Recht stilisierst du die Gewalt der Schwächeren kurzerhand zu einem heiligen Werk?«
    »Sadoq ist heilig. Er ist der Messias , der Erlöser.«
    Zacharias riss entsetzt die Augen auf. »Du … du bist wahnsinnig. Du bist noch verwirrter als die Zeloten. Irgendjemand muss dich aufhalten, sonst geschieht eines Tages ein gewaltiges Unglück.«
    »Und wer soll das sein?«, höhnte Kephallion. »Etwa du, alter Mann? Du würdest mich nie anklagen, denn damit wäre dein guter Ruf ruiniert. Meine Schande würde zu deiner werden.«
    Ein verächtliches Grinsen huschte über Zacharias’ Gesicht. »Du bist ein chamor und verstehst mal wieder überhaupt nichts. Wie würde es dir gefallen, wenn ich deinen neuen Freunden etwas über deine Herkunft erzählte? Wenn ich ihnen sagte, dass sie Römerblut in ihren Kreisen haben? Ob sie dich dann noch für wichtig hielten?«
    Kephallion erbleichte. Er spürte, wie sich die Kehle zuschnürte. Dieser Mann, der ihn seine ganze Kindheit über gequält und gedemütigt hatte, war dabei, es ein weiteres Mal zu tun. Wann würde er endlich von ihm loskommen? »Das würden sie dir nicht glauben«, erwiderte er ohne Nachdruck.
    »Nicht glauben? Auf Knien danken würden sie mir für diese Information. Ja, vielleicht benutzen sie dich weiterhin für ihre perfiden Pläne, aber sobald sie dich nicht mehr brauchen, werfen sie dich wie einen alten Lumpen fort. Sie werden dich stets verachten, und wenn du mich fragst, ist es das Beste, was sie tun können.«
    Kephallion ballte die Hände zu Fäusten. Immer und immer wieder pulsierte ein Satz Sadoqs durch seinen Kopf: Löse dich von deinen Wurzeln, löse dich von deinen Wurzeln, löse dich … Maßlose Wut vermischte sich mit der Angst, verabscheut und verstoßen zu werden.
    »Du kannst deine Herkunft nicht verleugnen«, bohrte Zacharias weiter in der Wunde. »So sehr du dich auch bemühst, ein vollkommener Jude zu sein – es wird dir nie gelingen. Dein Blut holt dich immer wieder ein. Am Tage kannst du dich vielleicht jüdischer als jeder andere Jude verhalten, inniglicher zum Herrn beten und die Vorschriften penibler als die Rabbiner einhalten. Doch in der Nacht, wenn du wach liegst, wirst du immer wissen, dass du nichts weiter bist als ein halber Römer, eine giftige, verbotene, faule Frucht. Und ein chamor .«
    Zacharias lachte mit einem Genuss, wie Kephallion es noch nie bei ihm erlebt hatte. Sein Gelächter schien kein Ende nehmen zu wollen, schließlich drehte er sich herum, um die Tür zu öffnen, doch in diesem Moment schlug ihm Kephallion mit aller Kraft in den Nacken, gleich darauf ein zweites und drittes Mal, bis Zacharias zusammensackte.
    Kephallion dachte nicht mehr lange nach. Er eilte zu der Lade, in der sein Dolch lag, und stieß ihn Zacharias in den Rücken. Ein Gefühl endloser Erleichterung durchströmte ihn, er holte tief Luft wie nach einer endlich bewältigten Aufgabe.
    Doch schon im nächsten Atemzug wurden ihm die Folgen seiner Tat bewusst. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und lief wie ein gefangenes Tier hin und her.
    Wie sollte er den Mord verschleiern? Wohin könnte er die Leiche schaffen?
    Er lief noch immer auf und ab, als eine grelle Stimme durch die Gänge hallte. »Hilfe! Ein Mord! Er ist tot. Hilfe!«
    Nun konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen, verstand nicht, wie jemand so schnell die Tat bemerkt haben konnte, wo doch die Tür geschlossen war und auch niemand durch das Fenster im oberen Geschoss des Palastes blicken konnte. Er öffnete die Tür und stürmte hinaus. Flucht, das war alles, was ihm noch einfiel. Er musste zu den Stallungen. Oder besser zum See, mit einem Boot an das ferne Ufer übersetzen, das nicht mehr zum Herrschaftsbereich des Antipas gehörte.
    Weitere Familienmitglieder strömten aus den Türen. Doch seltsam, sie liefen alle in eine andere Richtung und kümmerten sich überhaupt nicht um ihn. Er blieb verdutzt stehen und blickte ihnen nach. Da erkannte er Herodias. Sie war es, die verzweifelt geschrien hatte.
    »Theudion ist tot. Ich kam eben herein und fand ihn über seinem Essen zusammengebrochen. Er muss vergiftet worden sein.«
    Die rettende Idee kam Kephallion wie ein Blitz. »Mein Vater!«, schrie er. »Mein Vater wurde erdolcht.« Die Leute liefen nun alle zu ihm und umringten ihn. »Er kam in mein Gemach gestolpert, den Dolch im Rücken, und brach vor meinen Augen zusammen, ohne dass ich noch

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